Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
gewisser Grad der Verwandtschaft mit dem Könige bezeichnet wurde. Jedenfalls genoß er bei dem gewöhnlichen Volke ein besonderes Ansehen. Einige gelegentliche Geschenke verpflichteten ihn den Engländern, denen er unter den obwaltenden Verhältnissen manchen dankenswerthen Dienst leistete.
Hatte Cook während seines ersten Aufenthaltes in Hawaï auch die Bemerkung gemacht, daß die Bewohner nicht so freche Diebe waren, so lag die Sache diesmal doch sehr anders. Ihre große Anzahl erleichterte es ihnen natürlich, kleinere Gegenstände zu entwenden, und verleitete sie zu der Annahme, man werde sich fürchten, diese Diebstähle zu bestrafen. Endlich gewann man gar die Ueberzeugung, daß sie von ihren Häuptlingen geradezu verleitet wurden, denn man sah mehrere von Anderen gestohlene Gegenstände in deren Händen.
Er begann bei Ueberreichung eines kleinen Schweines eine lange Rede. (S. 247.)
Pareea und ein anderer Häuptling, mit Namen Kaneena, brachten an Bord der »Resolution« einen gewissen Koah, einen abgezehrten Greis, dessen ganzer Körper durch unmäßigen Genuß der »Ava« mit weißlichem Ausschlage bedeckt war. Dieser vertrat die Stelle eines Priesters. Als er Cook gegenüberstand, legte er diesem eine Art rothen Mantel um die Schultern und begann bei Ueberreichung eines kleinen Schweines höchst ernsthaft eine lange Rede. Da man später alle Götzenbilder mit einem ähnlichen Mäntelchen bekleidet sah, nahm man daraus ab, daß er eine Formel der Anbetung hergesagt habe. Die Engländer erstaunten ungemein über die wunderlichen Ceremonien des Cultus, mit dem die Eingebornen Cook’s Person verehrten. Erst später begriffen sie, Dank den Untersuchungen des gelehrten Missionärs Ellis, die Bedeutung derselben. Wir wollen seine interessante Erklärung hier kurz einschalten; dadurch wird auch die Schilderung der späteren Ereignisse von vorneherein verständlicher. Eine alte Sage erzählt, daß ein gewisser Rono, der unter einem der ersten Könige Hawaïs lebte, seine zärtlich geliebte Frau aus Eifersucht ermordet habe. Vor Schmerz und Kummer über diese That fast wahnsinnig, streifte er durch die ganze Insel, suchte Streit mit Jedermann und schlug nieder, wer ihm in den Weg kam. Endlich soll er sich, ermüdet, aber nicht gesättigt von diesen Blutthaten, mit dem Versprechen eingeschifft haben, er werde dereinst auf einer schwimmenden Insel, mit Cocosbäumen, Schweinen und Hunden darauf, wiederkommen. Diese Legende war durch einen Nationalgesang gewissermaßen geheiligt und zum Glaubensartikel für die Priester geworden, welche Rono unter die Götter versetzt hatten.
Cook wird durch die Eingebornen bewillkommt. (S. 250.)
Seiner Prophezeiung vertrauend, hoffen sie nun Jahr für Jahr, mit nie ermüdender Geduld auf deren Erfüllung. Fällt hier nicht die wunderbare Uebereinstimmung in die Augen zwischen dieser Legende und einer früher erwähnten, der zufolge der mexikanische Gott Quetzacoatl, vor dem Zorne einer mächtigen Gottheit entfliehend, sich in einem Nachen aus Schlangenhaut einschiffte, und Denen, die ihm das Geleit gaben, versprach, daß er mit seinen Nachkommen das Land einst wieder besuchen werde? Beim Erscheinen der englischen Schiffe erklärten der Oberpriester Koah und dessen Sohn One-La, daß hier Rono komme, sein Versprechen einzulösen. Für die gesammte Bevölkerung erhielt Cook ebendamit den Heiligeunhein eines Gottes. Auf dem Wege warfen sich die Eingebornen in den Staub, die Priester richteten ihre Ansprachen und Gebete an ihn, man hätte ihn mit Weihrauchduft umgeben, wenn das auf Hawaï Sitte gewesen wäre. Der Befehlshaber ahnte, daß diese Erscheinung eine außergewöhnliche Ursache haben möge, da er sie aber nicht zu erklären vermochte, begnügte er sich damit, diese geheimnißvollen Umstände für die Bequemlichkeit seiner Mannschaft und die Fortschritte der Wissenschaften bestmöglich auszunützen.
Er kam dadurch freilich in die Lage, sich vielerlei Ceremonien zu unterwerfen, die ihm mindestens lächerlich erschienen. So wurde er z. B. nach einem, aus Steinen solid aufgeführten, vierzig Ruthen langen und vierzehn breiten Moraï geführt, dessen Oberfläche eingeebnet und mit einer hölzernen Balustrade abgeschlossen war, auf der viele, der Gottheit geweihte Schädel von Gefangenen bleichten.
Nahe dem Eingange der Plattform standen zwei große Holzfiguren mit grinsenden Gesichtern, der Körper von rothen Stoffen umhüllt und der Kopf von einem langen
Weitere Kostenlose Bücher