Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
ganzes Volk gegen die wenigen Franzosen hätte aufhetzen können. Dank dieser schnellen und strengen Maßregel, beruhigten sich die Einwohner und die Nacht verlief ohne Zwischenfall.
Uebrigens machten derlei Vorkommnisse Bougainville noch nicht die meiste Sorge. Er kehrte also so schnell als möglich nach seinem Schiffe zurück. Während eines starken Hagelschauers mit heftigen Windstößen, grobem Seegang und mächtigem Donner wären die beiden Fahrzeuge beinahe an die Küste geworfen worden, wenn sich nicht zur rechten Zeit ein frischer Wind vom Lande erhoben hätte. Die Anker-Grelinge rissen und es fehlte wenig, so wären die Schiffe auf die Klippen getrieben worden, wo sie natürlich bald in Stücke gehen mußten. Die »Etoile« konnte glücklicher Weise die hohe See gewinnen und bald gelang das auch der »Boudeuse«, wobei sie auf dieser Rhede nicht weniger als sechs Anker zurückließen, die ihnen auf der ferneren Reise gewiß von großem Nutzen gewesen wären.
Kaum wurden die Eingebornen die nahe bevorstehende Abfahrt der Franzosen gewahr, als sie mit Stärkungsmitteln aller Art in großer Menge herzuströmten. Gleichzeitig sprach ein Eingeborner, Namens Aoturu, den Wunsch aus, der ihm auch gewährt wurde, Bougainville auf seiner Reise zu begleiten. In Europa angelangt, wohnte Aoturu elf Monate über in Paris, wo er bei der besten Gesellschaft die wohlwollendste Aufnahme fand. Als er im Jahre 1770 nach seiner Heimat zurückkehren wollte, benutzte die Regierung eine sich bietende Gelegenheit, ihn zunächst nach Isle de France zu bringen. Von hier aus sollte er sich, sobald es die Jahreszeit erlaubte, nach Tahiti begeben; er starb aber auf dieser Insel, ohne nach seiner Heimat die reichliche Ladung an nützlichen Werkzeugen, Sämereien und Thieren überführen zu können, die ihm von Seite der französischen Regierung geschenkt worden war.
Tahiti, das wegen der Schönheit seiner Frauen von Bougainville den Namen »Neu-Kithere« erhielt, ist die größte Insel der Gruppe der Gesellschafts-Inseln. Obgleich von Wallis, wie wir früher erwähnten, schon besucht, fügen wir noch einige Nachrichten hinzu, die man Bougainville zu verdanken hat.
Die hauptsächlichsten Erzeugnisse waren damals Cocosnüsse, Bananen, Brotbäume, Yamswurzeln, Curasol, Zuckerrohr u.s.w. Der auf der »Etoile« eingeschiffte Naturforscher de Commerson fand hier die Flora Indiens wieder. An Vierfüßlern gab es nur Schweine, Hunde und Ratten, die letzteren in großer Menge.
»Das Klima ist so gesund, sagt Bougainville, daß trotz der hier vorgenommenen anstrengenden Arbeiten und trotzdem, daß unsere Leute hier beständig halb im Wasser und der brennenden Sonne ausgesetzt waren, auch auf der blanken Erde unter freiem Himmel schliefen, doch kein Mensch erkrankte. Die Scorbutkranken, die wir an’s Land brachten und welche daselbst kaum eine völlig ruhige Nacht gehabt haben, erlangten ihre Kräfte wieder und erholten sich in ganz kurzer Zeit so weit, daß sie als geheilt an Bord zurückkehren konnten. Welche schlagendere Beweise könnte man wohl verlangen für die Heilsamkeit der Luft und der Lebensweise der Urbewohner, als die Gesundheit und Kraftfülle derselben, obwohl sie in Häusern wohnen, welche allen Winden offen stehen und die Erde, die ihnen als Lagerstatt dient, kaum mit einigen Blättern bedecken; als das glückliche Alter, das sie ohne Beschwerde erreichen, die Feinheit ihrer Sinne und die auffallende Schönheit der Zähne, die man auch noch bei den Bejahrtesten beobachtet!«
Der Charakter dieser Völker erschien sanft und gutmüthig. Wenn eigentliche Bürgerkriege unter ihnen auch deshalb nicht vorkommen, weil das Land in kleine, unter je einem unabhängigen Häuptling stehende Districte zerfällt, so giebt es doch nicht selten Streitigkeiten mit den Bewohnern der benachbarten Inseln. Nicht zufrieden damit, die mit bewaffneter Hand gefangenen Männer und Knaben zu tödten, ziehen sie den ersteren auch noch die Kinnhaut mit dem Barte ab und heben diese gräßliche Trophäe sorgfältig auf. Ueber ihre Religion und sonstigen Gebräuche konnte Bougainville nur unbestimmte Nachrichten sammeln. Nur den Cultus, den sie den Verstorbenen widmen, vermochte er besser kennen zu lernen. Sie bewahren die Leichen nämlich sehr lange Zeit an der freien Luft auf einer Art Schaffot, das mit einer Art Hängematte überdeckt wird. Trotz des üblen Geruches, den die in Fäulniß übergehenden Cadaver ausströmen, wehklagen die Frauen doch jeden
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