Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
beobachtete man, daß die Fluth hier um sieben Fuß stieg und fiel. Die Fluthwelle verlief dabei nach Westen, während der Ebbe aber strömte das Wasser nach Osten, d. h. gerade entgegen der Bewegung an der Bustard-Bai. In der Nähe lagen auch viele Inseln, zwischen denen das Fahrwasser eng und ziemlich seicht war.
In der Hoffnung, eine bequeme Stelle zu finden, wo er Kiel und Rumpf seines Schiffes säubern lassen könnte, landete Cook mit Solander und Banks in einer geräumigen Bucht. Kaum an’s Ufer getreten, sahen sie sich aber durch ein dichtes, bärtiges und mit scharfen Spitzen besetztes Gras – wahrscheinlich eine Art
Spinifex –
sehr am Gehen gehindert, da dessen Stacheln an der Kleidung hängen blieben, diese durchdrangen und die Haut empfindlich verletzten. Gleichzeitig fielen ganze Wolken von Marangouins (eine Art Mücken) und Mosquitos über sie her und belästigten sie durch schmerzhafte Stiche. Eine geeignete Stelle zur Vornahme der beabsichtigten Arbeiten fand sich zwar bald, nirgends aber ein Wasserplatz. Auf den nur einzeln vorhandenen Gummibäumen hingen ungeheure Nester von weißen Ameisen, welche mit Vorliebe an den Sprößlingen derselben sitzen und sie bald ihres Milchsaftes berauben. Prächtig schillernde Schmetterlinge schaukeln sich in der Luft.
Das waren zwar lauter merkwürdige und interessante Beobachtungen, nur befriedigten sie auf keine Weise den Kapitän, der sich außer Stand sah, seinen Bedarf an Wasser zu decken. So gab sich hier gleich zu Anfange der hervorstechendste Zug der Neuen Welt kund, der es an Quellen, Flüssen und Strömen bekanntlich auffallend fehlt.
Auch ein zweiter, am Abend desselben Tages unternommener Versuch hatte kein besseres Resultat. Cook überzeugte sich jedoch, daß die Bai sehr tief war, und beschloß, sie am folgenden Tage in ihrem ganzen Umfange zu besichtigen. Er fand dabei, daß die Breite derselben hinter dem Eingange wesentlich zunahm und sie zuletzt einen ausgedehnten Binnensee bildete, der nach Nordwesten zu wieder mit dem Meere in Verbindung stand. Ein anderer Arm verlief nach Osten, und man durfte wohl annehmen, daß auch dieser See im Grunde der Bai eine andere Verbindung mit dem Meere haben werde. Dieser Theil Australiens erhielt den Namen Neu-Süd-Galles. Unfruchtbar, sandig und trocken, fehlte ihm Alles, was zur Begründung einer Kolonie unumgänglich nothwendig ist. Diese oberflächliche Besichtigung, welche sich meist nur auf die hydrographischen Verhältnisse der Umgebung bezog, konnte die Engländer natürlich nicht auf die Vermuthung bringen, daß hier die reichsten mineralischen Schätze der Erde verborgen lagen.
Vom 31. Mai bis 10. Juni ging die Fahrt in gleich eintöniger Weise von statten. An letzterem Tage sah sich die »Endeavour«, welche an dieser Küste, mitten durch Klippen und Untiefen, eine Strecke von zweiundzwanzig Graden, d. h. gegen 1300 Meilen ohne jeden Unfall zurückgelegt hatte, plötzlich der schlimmsten Gefahr, die man sich nur denken kann, ausgesetzt.
Man segelte eben unter dem 16. Grade der Breite und unter 214°39’ westlicher Länge, als Cook, der zwei niedrige waldbedeckte Inseln gerade vor sich sah, den Befehl gab, sich während der Nacht auf offener See zu halten, um die in dieser Gegend von Quiros entdeckten Inseln aufzusuchen, einen Archipel, den einige Geographen fälschlich als zu einem großen Lande gehörig bezeichnet haben. Von neun Uhr Abends ab zeigte die Sonde von Viertelstunde zu Viertelstunde eine stetig abnehmende Tiefe. Alle Welt verweilte auf dem Deck und der Anker war schon in Bereitschaft, als die Wassertiefe plötzlich wieder bedeutend zunahm. Man schloß daraus, daß das Schiff nun die letzten bei Sonnenaufgang beobachteten Sandbänke passirt habe, und freute sich, daß diese Gefahr überstanden sei. Da die Tiefe immer noch weiter zunahm, begaben sich Cook und seine Officiere, welche keine Wache hatten, ruhig in ihre Cabinen.
Um elf Uhr Nachts aber zeigte die Sonde, welche eben erst fünfundzwanzig Faden Wasser gemeldet hatte, plötzlich nur siebenzehn, und noch ehe man dazu kam, sie nochmals auszuwerfen, streifte die »Endeavour« schon den Meeresgrund und stieß, von den Wogen gepeitscht, mit dem Hintertheil auf die Spitze eines Felsens.
Die Lage war eine ziemlich ernste. Von einem Wellenberge über den Rand einer Klippe gehoben, war die »Endeavour« nun in eine Aushöhlung derselben gesunken. Schon bei Mondschein sah man um das Schiff einen Theil des falschen Kiels und einige
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