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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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gehört, wie das läuft?
    Thomas erinnerte sich an den Rummel, als Berger sich bei Forvil eingekauft hatte. Offenbar waren die Eigentümer von Forvil überglücklich gewesen, die verlustbringende Anlage loszuwerden, denn Berger hatte sie für einen symbolischen Ecu, lumpige vierzig belgische Francs, übernehmen können. Er hatte den Betrag in Form einer alten französischen Ecu-Münze dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Stahlunternehmens, Arnaud Morel, bei einer Zeremonie auf der Grande Place in Villette übergeben, mit Blasorchester und Freibier für alle. Viele von denen, die auf den Platz gekommen waren, hatten Plakate mit Texten wie »Willkommen, Inspektor Bruno« und »Inspektor Bruno rettet unsere Jobs« bei sich.
    Und merkwürdigerweise schien es gleich bessergegangen zu sein, nachdem Berger den Betrieb übernommen hatte. Thomas erinnerte sich an Zeitungsartikel über zunehmende Verkaufserfolge und neue Großbestellungen. Er erzählte es Birgitta.
    – Aber warum interessierst du dich eigentlich so für Stéphane Berger? fragte er neugierig.
    Sie schüttelte den Kopf.
    – Kann ich nicht sagen, leider, aber du kannst es dir wohl fast ausrechnen. Hat Greta nichts gesagt?
    – Nein, warum hätte sie das tun sollen? sagte Thomas erstaunt.
    – Ach, sagte Birgitta, sie hat zufällig einen Teil eines Gesprächs gehört, das ich mit Daniel, deinem Neffen, meine ich, hatte, er arbeitet ja mit der Umweltaufsicht für die Stahlunternehmen zusammen. Hör mal, stimmt es, daß deine Frau Polizistin ist? Irgend jemand hat das gesagt.
    – Nicht ganz, sagte Thomas, aber beinah. Martine ist Untersuchungsrichterin.
    Birgitta sah verständnislos aus, so verständnislos, wie Thomas wahrscheinlich aussah, als sie erzählt hatte, sie sei Kommunalrat.
    – Das bedeutet, daß sie Ermittlungen nach schweren Verbrechen leitet, erklärte Thomas, obwohl sie nicht Polizistin, sondern Richterin ist und das Recht hat, über Inhaftierungen und Hausdurchsuchungen und so etwas zu entscheiden.
    – Aha, sagte Birgitta, ungefähr wie dieser Italiener, den sie dieses Jahr auf Sizilien in die Luft gesprengt haben? Verzeihung, das war vielleicht nicht so taktvoll. Aber jetzt muß ich mich wohl auf den Weg machen. Wollen wir erst bei Greta reingucken und sehen, ob sie wach ist? Sonst kann ich später in der Woche wieder vorbeikommen, bevor ich nach Brüssel fahre.
    – Brüssel? sagte Thomas.
    – Ja, sagte sie, ein Kurs für Kommunalräte vor der EU-Mitgliedschaft. Wenn wir nun reinkommen, was ich stark hoffe.
    Greta Lidelius saß aufrecht im Bett, den Kopf dem offenen Kamin zugewandt. Es sah aus, als betrachte sie das Porträt, das dort hing. Aber obwohl ihre braunen Augen weit offen waren, gab es etwas in ihrem Blick, das sagte, daß sie ganz woanders war.
    – Guten Tag, Greta, sagte Birgitta, ich wollte mal reingucken und hören, wie es geht.
    Greta Lidelius wandte ihr das Gesicht zu.
    – Wie nett von dir, Birgitta, Liebes, sagte sie warm, sag Eva Bescheid, daß sie dir etwas anbietet. Eva ist meine Tochter, sie wird Malerin, verstehst du.
    Sie wandte den Blick wieder dem Gemälde zu.
    – Er hat es genommen, sagte sie. Ich wußte, daß er es genommen hatte, aber ich wollte Aron nichts sagen.
    Sie sah die beiden ängstlich an.
    – Hätte ich sagen sollen, daß er es genommen hat? Aron hätte sich so aufgeregt, versteht ihr, und deshalb habe ich ihn angelogen. Meint ihr, das war ein Fehler?
    Sie legte sich hin, schloß die Augen und schlief wieder ein.

KAPITEL 3
    Mittwoch, 21. September 1994
    Villette
    Martine ließ sich dabei helfen, den Eisenbahnwaggon hinaufzuklettern. Es hatte angefangen zu regnen, und sie wurde naß im Nacken, als Tropfen vom Schutzhelm unter den Kragen liefen. Sie sah düster auf den feuchtglänzenden Haufen aus fein zerkleinertem Eisenerz hinunter, der den Körper bedeckte. Das hier mußte der mit Abstand am schwersten handhabbare Fundort einer Leiche sein, auf den sie je getroffen war. Wie sollte man den toten Körper herausbekommen, ohne die Spuren zu zerstören, die es eventuell geben konnte?
    Sie wandte sich dem weißgekleideten Tatortspezialisten zu, der gerade vom Waggon hinuntergeklettert war und jetzt dastand und zu ihr aufsah.
    – Was meinst du, sagte sie, man muß eine Art Bürste benutzen und die Leiche damit gewissermaßen freilegen, oder?
    Er nickte zustimmend.
    – Ja, das ist die einzige Möglichkeit, und das wird Zeit brauchen, mindestens eine Stunde, wenn es ordentlich gemacht werden soll, also mach

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