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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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umdrehen.
    Der Hinterkopf wurde sichtbar, als die beiden Polizistenden Körper, soweit es mit dem hochgereckten Arm, der im Wege war, ging, umgedreht hatten. Der Schädel war deformiert, und die braunen Locken klebten durch getrocknetes Blut an der Kopfhaut, als hätte jemand den Hinterkopf des jungen Mannes wütend mit mehreren harten Schlägen zertrümmert.
    Martine kletterte wieder hinunter und trat noch einmal in eine Pfütze. Michel Pirot, der jetzt seine Zuflucht in dem lederduftenden Komfort des Autos gesucht hatte, steckte den Kopf durch das offene Autofenster auf der Fahrerseite und winkte sie zu sich. Offenbar hatte er seinen Chauffeur nach Hause geschickt. Sie ging zu ihm, und er hielt ihr durch das Fenster den Hörer des Autotelefons hin.
    – Ich habe den Aufsichtsratsvorsitzenden in der Leitung, sagte er leise, ich glaube, er kann ebensogut mit Ihnen direkt sprechen.
    Martine nahm den Hörer und sagte ihren Namen. Die Stimme, die sie hörte, war kühl und präzise, eine Stimme, gewöhnt, Befehle auszusprechen, denen man gehorchte.
    – Arnaud Morel hier, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende, wir müssen wissen, wie Sie diesen Todesfall sehen. Nach dem, was Pirot sagt, gehe ich davon aus, daß er mit Forvil absolut nichts zu tun hat, daß es ein reiner Zufall war, daß die Leiche auf dem Werksgelände von Forvil gelandet ist. Es hätte einen gewissen Nutzen, wenn Sie das offiziell bestätigen könnten, Madame Poirot, vielleicht in einer Erklärung.
    Die Worte fielen wie Tropfen unterkühlten Regens. Martine konnte förmlich hören, wie sie klirrten, wenn sie als Eis auf dem Boden landeten.
    – Das kann ich absolut nicht, sagte sie, wir wissen nichts darüber, wie der Tote umgekommen ist oder wie er dort, wo er gefunden wurde, gelandet ist. Und im übrigen gebe ichkeine Erklärungen ab. Meine Voruntersuchung wird unter Geheimhaltung betrieben, wie Sie sicher wissen.
    Die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden wurde noch frostiger.
    – Ihnen ist vielleicht bekannt, daß der Betrieb von Forvil für Villette eine gewisse Bedeutung hat? Finden Sie, daß wir Sensationsschreibereien in Kauf nehmen müssen, die unserem Renommee schaden können, weil irgendein Trunkenbold in einen Prahm plumpst und sich den Hals bricht, oder was da passiert ist?
    – Wie ich schon sagte, die Voruntersuchung wird unter Geheimhaltung betrieben, und außerdem wissen wir noch nichts, sagte Martine. Wir haben also nichts mehr zu besprechen, Monsieur Morel.
    Die Verbindung wurde unterbrochen. Der Aufsichtsratsvorsitzende hatte aufgelegt, ohne sich zu verabschieden. Martine reichte den Hörer Michel Pirot, der sie anlächelte.
    – Besser, er hört es von Ihnen als von mir. Wollen Sie reinkommen und sich setzen? Die Luft wird langsam etwas kühl.
    Er reckte den Arm über die Rückenlehne und öffnete die Fondtür. Martine stieg ein.
    – Wie konnten Sie so schnell herkommen? fragte sie neugierig.
    Er drehte den Kopf, so daß sie im Dunkeln sein Gesicht im Profil sah. Sie empfand es als merkwürdig intim, mit ihm zusammen hier in der komfortablen Wärme des Autos zu sitzen. Sie roch den Duft seines Eau de Cologne, etwas Exklusives in Zitrusrichtung, Acqua di Parma vielleicht.
    – Oh, wir haben in der Unternehmensleitung einen Krisenbereitschaftsdienst, sagte er, wir sind ja in einem Betrieb tätig, in dem es zu schweren Unfällen kommen kann, wennetwas schiefgeht, und der Wachmann weiß, daß der Krisenbereitschaftsdienst informiert werden muß, wenn etwas Ernstes und Unerwartetes passiert. Und ich habe dann den Aufsichtsratsvorsitzenden angerufen, es würde ihm nicht gefallen, morgens aufzuwachen und ohne Vorwarnung von einem Mord in Verbindung mit Forvil zu lesen.
    – Aber warum den Aufsichtsratsvorsitzenden und nicht Ihren geschäftsführenden Direktor? fragte Martine.
    Pirot lächelte sie wieder an. Er war ein attraktiver Mann, das hatte sie schon vorher registriert.
    – Raymond Claessens? Sie waren beide auf einem Essen von Industriellen, da habe ich sie erreicht, aber irgendwie hat Arnaud die Sache übernommen.
    Sein Lächeln war vielsagend. Martine las selten Nachrichten aus der Wirtschaft, aber sogar sie wußte, daß der geschäftsführende Direktor von Forvil Raymond Claessens nicht als Aß galt. Arnaud Morel war in den erfolgreichen achtziger Jahren ein dynamischer geschäftsführender Direktor gewesen, und böse Zungen sagten, er habe nach einem Nachfolger gesucht, der ihm nicht den Rang ablaufen würde. Sie fragte sich, ob

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