Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Trödelladen gefunden habe, wo man nicht wußte, was das Bild wert war. Wie selbstsicher er war, dachte sie mit plötzlicher Wut, wie unangreifbar muß er sich fühlen!
Aber jetzt würde sie ihn stellen.
Sie beendete das Gespräch mit Sophie und suchte im Telefonbuch Christian de Jonges Privatnummer heraus. Sie hatte Christian noch nie zu Hause angerufen, aber das hier mußte er sofort erfahren. Oder sollte sie auch Jean-Paul Debacker anrufen? Ach was, dachte sie, es ist Christian, der Inspektor Bruno auf der Spur ist, und kriegen wir Berger für einen Mord dran, haben wir beide Mordfälle gelöst.
Christian war zu Hause und gebührend erregt über Martines Entdeckung.
– Schade, daß wir das Video dieser Folge nicht sofort bekommen konnten, sagte er, dann hätten wir Berger vielleicht schon gestern überführt.
– Aber da war Birgitta Matsson schon tot, und Berger war schon nach Frankreich zurückgekehrt, sagte Martine. Hat Annick gestern in Hasselt eigentlich etwas entdeckt?
– Nein, sagte Christian, es war wie alles andere im Lenormand-Fall bis jetzt, nichts Entscheidendes. Bergers Geschäftskontakt, dem es übrigens überhaupt nicht gefiel, daß wir wußten, daß sie sich getroffen hatten, hat erzählt, daß Berger gegen halb neun bei ihm aufgetaucht ist, erheblich später, als er erwartet hatte. Berger hat selbst erzählt, daß er von Paris aus ein Flugzeug gechartert hat, aber nichts davon gesagt, wie er nach Hasselt gekommen ist, der Mann nahm an, daß er mit dem Taxi kam.
– Im Prinzip kann Berger Fabien Lenormand also auf dem Weg vom Flugplatz hierher getroffen haben, sagte Martine nachdenklich, die Zeiten stimmen einigermaßen, Alice Verhoeven glaubt ja, daß er vor acht Uhr am Abend gestorben ist. Aber wie hätte Fabien Berger dort finden können?
– Gar nicht unmöglich, sagte Christian, denn er hat in Brüssel gehört, daß Berger nach Paris gefahren ist. Und esist schwer, in Paris zu Mittag und in Hasselt zu Abend zu essen, wenn man nicht den Flieger nimmt. Lenormand hat es vielleicht ganz einfach darauf ankommen lassen, am Flugplatz in Hasselt zu warten, und schließlich sieht er Berger aus dem Terminal kommen.
– Und dann, sagte Martine, daß Berger doch sicher noch immer nicht mit ihm sprechen will.
– Ja, sagte Christian, aber wenn er so etwas wie »Guten Abend, Istvan Juhász« sagt, kann er schon damit rechnen, daß Berger stehenbleibt. Vielleicht bietet er Lenormand an, zu einer kleinen Plauderstunde mit ihm ins Taxi zu steigen.
– Nein, sagte Martine eifrig, noch besser, Fabien bietet ihm an, ihn zu fahren! Er hatte ja sein Auto mit, das wissen wir. Berger will sicher seine Istvan-Vergangenheit nicht vor einem neugierigen Taxifahrer diskutieren, also, wenn Fabien sagt »Guten Abend, Istvan Juhász, darf ich Sie nach Hasselt reinfahren«, gibt es eine gute Chance, daß er anbeißt. Und dann fahren sie runter zum Kanal, um ungestört zu reden, und Berger erschlägt ihn mit etwas, das gerade zur Hand ist, einem Schraubenschlüssel vielleicht, und kippt den Körper in den nächsten vorbeifahrenden Prahm.
– Das klingt gut, sagte Christian, und es ist auch psychologisch stimmig. Der, der Fabien Lenormand ermordet, ist ein kalter Mensch, der sofort einen Plan entwickelt, wenn er mit einer Leiche dasitzt. Der, der Birgitta Matsson ermordet, ist ein kalter Mensch, der schnell einen Plan parat hat, als sie ihn anruft und sagt, daß sie Istvan Juhász entlarvt hat. Und unser Istvan ist ein besonders kalter Typ – er kommt zu spät zur Schicht in der Grube, verpaßt die Katastrophe um Haaresbreite und hat sofort einen Plan, er verschwindet. Und da ist er erst siebzehn.
Die Frage war, wie Berger von Hasselt nach Villette gekommenwar. Zu Martine hatte er gesagt, daß ihn sein Chauffeur gegen elf in Hasselt abgeholt habe, aber wenn er Fabien Lenormand ermordet hatte, mußte er auch Fabiens Renault nach Brüssel gefahren haben.
Christian glaubte nicht, daß Bergers Gastgeber den Chauffeur des Gastes gesehen hatte.
– Dann gibt es zwei Möglichkeiten, stellte Martine fest, entweder schaffte er es, nach Brüssel zu fahren und den Zug zurück nach Hasselt zu nehmen, wo er vom Chauffeur abgeholt wird, oder der Chauffeur hat ihn in Brüssel abgeholt.
Jetzt hatten sie im Laufe des Montags eine ganze Reihe von Informationen zu überprüfen – um welche Zeit Bergers Flugzeug in Hasselt angekommen war, ob er von dort aus ein Taxi genommen hatte, ob ihn der Chauffeur wirklich in Hasselt
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