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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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gefragt hat? Kann das was sein?
    – Genau, was ich gedacht habe, sagte Martine, das ist etwas, womit wir weitermachen müssen. Aber ich glaube, es ist besser, ein paar Hintergrundinformationen zu besorgen, bevor ich Monsieur Victor dazu befrage.
    Louis Victor saß noch hinter seinem Schreibtisch, als sie hinaufkamen, um ihre Eskorte abzuholen. Er streckte nicht einmal die Hand aus, um sich zu verabschieden, sondern nickte nur kurz.
    – Ich möchte mit Stéphane Berger sprechen, sagte sie, wo finde ich ihn?
    Er sah sie an, als habe sie ihn darum gebeten, die persönliche Telefonnummer des Papstes herauszusuchen.
    – Weiß ich nicht, sagte er, Stéphane bereist die ganze Welt, ich habe keine Ahnung, wo er im Moment ist. Sie müssen wohl Kontakt mit seiner Sekretärin in Paris aufnehmen.
    Seine Abschiedsreplik kam, als sie halb aus der Tür waren:
    – Seien Sie vorsichtig, wenn Sie hier rausfahren, Madame Poirot. Hier auf dem Gelände können sehr leicht Unfälle passieren.
    Etwas in seiner Art, dies zu sagen, bewirkte, daß sich die Muskeln in Martines Nacken zusammenzogen.
    Birgitta Matssons Flugzeug war auf dem Weg zu Brüssels Flugplatz Zaventem, als die Puzzleteile anfingen, sich zusammenzufügen. Sie hatte nach dem bizarren Zusammentreffen, das sie veranlaßt hatte, nach einem Gemälde zu fragen, an das sie seit Jahren nicht mehr gedacht hatte, die ganze Zeit ein unangenehmes Gefühl im Magen gehabt, und von ihrem letzten Besuch im Pfarrhof in Granåker war sie aufgebrochen, während das Adrenalin durch ihre Adernströmte, als machte sie sich bereit, vor einer Gefahr zu fliehen.
    Das konnte nicht daran liegen, daß Sophie »Macbeth« zitiert hatte, dachte Birgitta. Sie wußte, daß das Stück von Aberglauben belastet war, aber um so etwas kümmerte sie sich nicht. Dennoch waren es Sophies Worte, die ihr das Gefühl drohender Gefahr eingeflößt hatten. Sie hatte versucht, auf dem Weg nach Arlanda eine Erklärung dafür zu finden, und dachte weiter darüber nach, als sie auf ihrem Platz im Flugzeug nach Brüssel saß.
    Irgendwo über Dänemark kam sie darauf. Das »Macbeth«-Zitat hatte sie zurück zum Gemeindehaus in Granåker geführt, wo sie die Proben von Sophies Theatergruppe verfolgt hatte, und die Erinnerung an die Probenabende zusammen mit ihren Grübeleien über das verschwundene Gemälde hatten eine andere und viel ältere Erinnerung an eine Walpurgisnacht im Gemeindehaus aufsteigen lassen wie ein unerwarteter Wrackrest von einem seit langem vergessenen Schiffbruch.
    Wann war das Gemälde eigentlich verschwunden? Sie erinnerte sich, daß sie Aron Lidelius danach gefragt hatte, und sie erinnerte sich an seine Antwort, aber wann war es?
    Birgitta hatte den Bischof gern gehabt. Lange bevor sie anfing, im Pfarrhof zu arbeiten, hatte sie es geliebt, in der Pfarrhofsbibliothek zu sitzen, still wie ein Mäuslein, mit einem Buch, das sie aus den hohen eingebauten Regalen genommen hatte. Da hatte sie Dumas und Selma Lagerlöf und die Schwestern Brontë, Karlfeldt und Strindberg und Guy de Maupassant verschlungen. Aron Lidelius arbeitete oft in der Bibliothek, aber er hatte nie Einwände dagegen gehabt, daß das Mädchen vom Nachbarhof dort saß und las. Manchmal hatte sie ihn nach einem Wort gefragt, das sienicht verstand, und er hatte immer freundlich und interessiert geantwortet, manchmal mit einer kleinen, gelehrten, akademischen Erläuterung als Zugabe.
    Sie erinnerte sich, daß sie einen Strauß Schlüsselblumen für den Pfarrhof bei sich gehabt hatte. Als sie die kleine Vase auf den Kaminsims stellen wollte, hatte sie bemerkt, daß das Gemälde weg war, und den Bischof gefragt, wo es abgeblieben war. Aber in welchem Jahr war das? Sie hatte einen Petticoat angehabt, erinnerte sie sich, der so weit abstand, daß sie ihn zwischen die Knie klemmen mußte, um bis zum Sims hochzufassen, wo sie die Blumen hinstellen wollte. Oder war das ein andermal?
    Der Bischof hatte erklärt, was mit dem Gemälde passiert war, aber vielleicht war seine Erklärung nicht die richtige. Was hatte Greta Lidelius am Mittwoch, als sie so verwirrt wirkte, noch gesagt? Sie habe ihren Mann angelogen, damit er sich nicht aufregte, genau, das hatte sie gesagt. Konnte es das Gemälde sein, von dem sie gesprochen hatte?
    Birgitta sah durch das kleine Fenster hinaus und versuchte, an etwas anderes zu denken. Vielleicht würden sich die Teile zusammenfügen, wenn sie nicht soviel grübelte. Und sie mußte sich wirklich auf den Kurs

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