Die grünen Teufel vom Mars
er den Tisch, auf welchem ein großer Kessel stand, aus dem ein großer Mann in einer fettigen Schürze Suppe in die Teller schöpfte; er bemerkte, daß eine ziemliche Anzahl von Leuten die Suppe, die man ihnen reichte, in den Behälter zurückkippten, sich angeekelt abwandten und den Saal verließen.
Luke ergriff einen vorübergehenden Mann, der seine Suppe ebenfalls abgelehnt hatte, am Arm. „Was ist denn los?“ erkundigte er sich. „Sieht die Suppe so schlecht aus? Sie riecht gut.“
„Am besten, du gehst und überzeugst dich selber, Junge“, erwiderte der Mann, machte seinen Arm frei und eilte hinaus.
Luke trat näher und sah plötzlich, daß in der Mitte des Kessels ein Manier saß oder hockte. Alle paar Augenblicke beugte er sich nach vorn und streckte eine ungeheuer lange grüne Zunge in die Suppe. Dann zog er sie wieder ein und tat, als spucke er die Suppe aus, wobei er angewiderte und widerwärtige Laute von sich gab.
Der Mann mit der Kelle beachtete ihn überhaupt nicht und schöpfte die Suppe mitten durch den Martier hindurch. Einige Leute in der Schlange – diejenigen, die schon einmal hier waren, wie Luke vermutete – achteten auch nicht auf ihn oder gingen mit abgewandtem Blick rasch vorüber.
Luke beobachtete das Schauspiel noch ein Weilchen und ging dann hinaus. Er stellte sich nicht mit an. Er wußte genau, daß der darauf hockende Martier die Suppe nicht im geringsten beeinträchtigte. Aber trotzdem war ihm der Appetit vergangen, und solange er noch einen Pfennig in der Tasche hatte, würde er diese Suppenküche nicht mehr betreten.
Er fand einen kleinen Fünf-Hocker-Imbißstand, der im Augenblick leer war; nicht einmal ein Martier war zu sehen. Er verzehrte eine Boulette mit Brötchen und ließ sich noch einmal dasselbe und eine Tasse Kaffee geben.
Er hatte gerade aufgegessen und schlürfte seinen Kaffee, als der Mann hinter der Theke, ein langaufgeschossener blonder Neunzehnjähriger, zu ihm sagte: „Geben Sie her, ich wärm’ den Kaffee noch mal auf“, mit der Tasse an die Kaffeemaschine ging und sie gefüllt zurückbrachte.
„Vielen Dank“, sagte Luke.
„Möchten Sie ein Stück Fruchttorte?“
„Nein, lieber nicht, danke schön.“
„Blaubeertorte. Kostet nichts.“
„Wenn’s so ist, dann natürlich“, sagte Luke. „Aber wie komm’ ich dazu?“
„Der Chef macht dicht heute Abend. Und wir haben noch soviel von dem Zeug da, daß wir es bis dahin doch nicht verkaufen. Warum also nicht?“
Er setzte Luke eine ordentliche Portion vor und legte eine Gabel dazu.
„Vielen Dank“, sagte Luke. „Geht das Geschäft wirklich so schlecht?“
„Miserabel“, erwiderte der junge Mann hinter der Theke.
3
Es stand schlimm. Mit am schlimmsten für Verbrecher und für die staatlichen Organe zur Aufrechterhaltung der Ordnung. Oberflächlich betrachtet hätte man meinen können, daß es, wenn es schlimme Zeiten für die Polizei waren, gute Zeiten für Verbrecher und umgekehrt hätten sein müssen, aber so war es keineswegs.
Für die staatlichen Organe zur Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung war es schwer, weil Affekthandlungen und Gewalttätigkeiten plötzlich überhandnahmen. Viele Menschen waren nur noch Nervenbündel.
Da es zwecklos war, Martier anzugreifen oder sich mit ihnen zu streiten, stritten und zankten sich die Leute untereinander. Straßenkämpfe und häusliche Zwistig-keiten waren an der Tagesordnung. Fast stündlich wurde jemand ermordet, nicht vorsätzlich, sondern in der Aufwallung von plötzlichem Zorn oder zeitweiligem Wahnsinn. Ja, die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, und die Gefängnisse waren überfüllt.
War die Polizei überbelastet, so waren Berufsverbrecher so gut wie arbeitslos und mußten hungern. Verbrechen zur Bereicherung, ob Einbruch oder Überfall, geplante Verbrechen, waren so gut wie ausgeschlossen. Dazu waren die Martier viel zu schwatzhaft.
Einen einzigen Fall als typisches Beispiel dafür. Betrachten wir kurz, was Alf Billings, einem Cockney-Taschendieb, zustieß, während Luke Devereaux seinen Lunch in dem Imbißstand in Long Beach verzehrte.
Alf, gerade aus dem Gefängnis entlassen, kam aus einer Kneipe, wo er seine letzten Groschen für ein Glas Bier ausgegeben hatte. Auf der Straße entdeckte er plötzlich einen Fremden, der einen wohlhabenden Eindruck machte, und beschloß, ihn auszurauben. Niemand in der Nähe sah wie ein Polizist oder ein Detektiv aus. Auf einem parkenden Wagen in der Nähe hockte zwar ein
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