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Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Titel: Die Günstlinge der Unterwelt - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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hatte. Dicht hinter ihnen kam der Wirt mit Schüsseln voller Eintopf und braunem Brot, gefolgt von dem Stallburschen mit ihrem Gepäck. Nachdem die beiden gegangen waren und die Tür geschlossen hatten, setzte Ann sich hin und rückte ihren Stuhl an den Tisch heran.
    »Und«, meinte Nathan, »willst du mir keine Vorhaltungen machen?«
    »Nein, Nathan. Ich bin müde.«
    Er wedelte mit der Hand. »Ich hielt das nur für fair, in Anbetracht dieser Taubstummengeschichte.« Seine Miene verfinsterte sich. »Mein ganzes Leben, von den ersten vier Jahren abgesehen, trage ich diesen Halsring. Wie würdest du dich fühlen, wenn du dein ganzes Leben lang eine Gefangene gewesen wärst?«
    Ann überlegte bei sich, daß sie, als seine Bewacherin, fast ebenso gefangen war wie er. Sie sah ihm in die wütend funkelnden Augen. »Auch wenn du es mir nicht abnimmst, wenn ich das sage, Nathan, so erkläre ich dir dennoch, ich wünschte, es wäre nicht so. Es bereitet mit keine Freude, ein Kind des Schöpfers in Gefangenschaft zu halten, und das aus keinem anderen Grund als dem, daß es geboren wurde.«
    Er sagte eine ganze Weile nichts, dann wandte er seinen funkelnden Blick ab. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, wanderte Nathan durch das Zimmer und unterzog es einer gründlichen Begutachtung. Seine Stiefel stapften über den Dielenboden. »Das bin ich nicht gewöhnt«, meinte er, an niemanden besonderes gerichtet.
    Ann schob die Schale mit Eintopf zur Seite und legte das Reisebuch auf den Tisch und starrte eine Weile auf den schwarzen Ledereinband, bevor sie es schließlich aufschlug und sich der Schrift zuwandte.
    Zuerst müßt Ihr mir den Grund nennen, weshalb Ihr mich beim letzten Mal auserwählt habt. Ich weiß noch jedes Wort. Ein Fehler, und dieses Reisebuch wird zum Opfer der Flammen.
    »Oh, oh, oh«, murmelte sie. »Sie ist sehr vorsichtig. Gut.« Nathan sah Ann über die Schulter, als sie auf das Buch zeigte. »Sieh dir die Linienführung an, wie fest sie aufgedrückt hat. Verna scheint sehr verärgert zu sein.«
    Ann starrte auf die Worte. Sie wußte, was Verna meinte.
    »Sie muß mich wirklich hassen«, sagte Ann leise, als die Worte unter ihrem verschwimmenden Blick zu schwanken begann.
    Nathan richtete sich auf. »Na und? Ich hasse dich auch, trotzdem macht es dir offenbar niemals etwas aus.«
    »Wirklich, Nathan? Haßt du mich wirklich?«
    Ein abfälliges Brummen war seine einzige Antwort. »Habe ich dir schon gesagt, daß dein Plan völliger Irrsinn ist?«
    »Schon seit dem Frühstück nicht mehr.«
    »Nun, das ist er aber.«
    Ann starrte auf die Worte im Reisebuch. »Du hast schon einmal dafür gekämpft, darauf Einfluß zu nehmen, welche Gabelung in einer Prophezeiung genommen wird, Nathan. Denn du weißt, was entlang des falschen Pfades geschehen kann, und du weißt auch, wie anfällig Prophezeiungen für verderbliche Einflüsse sind.«
    »Welchen Nutzen hätte jemand davon, wenn du mit diesem tollkühnen Plan dein Leben aufs Spiel setztest und getötet würdest. Und meines obendrein! Ich würde gerne die tausend Jahre noch vollmachen, weißt du. Du wirst uns beide umbringen.«
    Ann erhob sich von ihrem Stuhl. Sie legte ihm sanft die Hand auf seinen muskulösen Arm. »Dann verrate mir, Nathan, was du tun würdest. Du kennst die Prophezeiungen, du kennst die Gefahr. Du selbst hast mich gewarnt. Sag mir, was du tun würdest, wenn die Entscheidung bei dir läge.«
    Die beiden sahen sich eine ganze Weile an. Als er seine große Hand auf ihre legte, wich das Feuer aus seinen Augen. »Dasselbe wie du, Ann. Es ist unsere einzige Chance. Aber ich fühle mich nicht besser, nur weil ich die Gefahr für dich kenne.«
    »Ich weiß, Nathan. Sind sie dort? Sind sie in Aydindril?«
    »Einer von ihnen«, sagte er leise und drückte ihre Hand, »und die andere wird etwa um dieselbe Zeit dort sein, wenn wir eintreffen. Das habe ich in einer Prophezeiung gesehen.
    Ann, das Zeitalter, das uns bevorsteht, ist verstrickt in ein Labyrinth aus Prophezeiungen. Krieg zieht die Prophezeiungen an wie Mist die Fliegen. Die Äste verzweigen sich in alle Richtungen. Jeder einzelne von ihnen muß sorgfältig in Betracht gezogen werden. Wenn wir bei einer von ihnen den falschen Pfad wählen, geraten wir in Vergessenheit. Schlimmer noch, es gibt Lücken, an denen ich nicht weiß, was getan werden muß. Noch schlimmer, es sind andere daran beteiligt, die ebenfalls die richtige Gabelung nehmen müssen. Und über die haben wir keinerlei

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