Die Günstlinge der Unterwelt - 5
hoch.
Gütiger Schöpfer, geschah all dies gemäß der Prophezeiung, oder lief alles fürchterlich verkehrt? Ann ging ums Feuer herum zu Nathan.
»Nathan, kannst du ihm nicht ein wenig Vernunft beibringen?«
Nathan sah sie an. »Ich sagte es bereits, dieser Teil des Planes ist der reine Wahnsinn. Einem jungen Mann einen Halsring umzulegen ist eine Sache, aber dies bei einem Zauberer der Ersten Ordnung zu tun ist etwas völlig anderes. Es war deine Idee, nicht meine.«
Sie biß die Zähne zusammen und packte ihn am Hemd. »Verna könnte in diesem Halsring getötet werden. Wenn sie stirbt, schweben auch unsere Schwestern in tödlicher Gefahr.«
Er nahm einen Löffel Bohnen. »Ich habe dich von Anfang an vor diesem Plan gewarnt. In der Burg bist du fast umgekommen. Dieser zweite Teil der Prophezeiung jedoch ist noch gefährlicher. Ich habe mit ihm gesprochen, er sagt dir die Wahrheit. Soweit es ihn betrifft, bringst du seine Freunde in Lebensgefahr. Wenn er kann, wird er dich töten, um zu fliehen und ihnen zu helfen. Daran habe ich keinen Zweifel.«
»Nathan, wie kannst du nach all den Jahren, die wir zusammen waren, so gefühllos sein?«
»Du meinst, wie kann ich mich nach all den Jahren der Gefangenschaft immer noch dagegen wehren?«
Ann wandte ihr Gesicht ab, als ihr eine Träne über die Wange lief. Sie würgte den Kloß in ihrem Hals hinunter.
»Nathan«, meinte sie leise, »hast du ein einziges Mal in all der Zeit, die du mich kennst, gesehen, daß ich jemandem etwas Grausames angetan hätte – aus einem anderen Grund, als Leben zu beschützen? Habe ich deines Wissens ein einziges Mal aus einem anderen Grund für etwas gekämpft, als Leben und Freiheit zu bewahren?«
»Ich nehme an, du meinst eine andere Freiheit als die meine.«
Sie räusperte sich. »Ich weiß, ich werde mich dem Schöpfer gegenüber dafür verantworten müssen. Aber ich tue es, weil ich nicht anders kann und weil ich dich mag, Nathan. Ich weiß, was draußen in der Welt aus dir werden würde. Du würdest von Menschen, die dich nicht verstehen, gejagt und umgebracht.«
Nathan warf seine Schale zu den anderen. »Willst du die erste oder die zweite Wache?«
Sie drehte sich wieder zu ihm um. »Wenn du so versessen auf deine Freiheit bist, was hindert dich dann, während deiner Wache einzuschlafen, damit ich getötet werde?«
Seine durchdringenden blauen Augen nahmen einen bitteren Ausdruck an. »Ich will diesen Halsring loswerden. Das einzige, was ich dafür nicht tun werde, ist, dich zu töten. Wäre ich bereit, diesen Preis zu bezahlen, wärst du schon tausendmal tot, und das weißt du.«
»Tut mir leid, Nathan. Ich weiß, du bist ein guter Mann, und ich bin mir durchaus der entscheidenden Rolle bewußt, die du dabei gespielt hast, mir beim Bewahren des Lebens zu helfen. Dich dazu zwingen zu müssen tut mir im Herzen weh.«
»Mich zwingen?« Er lachte. »Ann, du bist die komischste Frau, die mir je begegnet ist. Das meiste davon hätte ich um nichts missen wollen. Welche andere Frau hätte mir ein Schwert gekauft? Oder mir einen Grund gegeben, es zu benutzen?
Diese tollkühne Prophezeiung besagt, daß du ihn zornig herbeibringen mußt, und du machst deine Sache ganz hervorragend. Ich fürchte, es könnte sogar funktionieren. Ich werde die erste Wache übernehmen. Vergiß nicht, nach deinem Bettzeug zu sehen. Diesen Schneeflöhen bin ich immer noch nicht auf die Schliche gekommen.«
»Ich auch nicht. Mich juckt es noch immer.« Sie kratzte sich gedankenverloren am Hals. »Wir sind fast zu Hause. Bei diesem Tempo wird es nicht mehr lange dauern.«
»Zuhause«, meinte er spöttisch. »Und dann bringst du uns um.«
»Gütiger Schöpfer«, sagte sie leise bei sich, »was bleibt mir für eine Wahl?«
Richard lehnte sich in seinem Sessel zurück und gähnte. Er war so müde, daß er kaum die Augen offenhalten konnte. Sein Räkeln und Gähnen veranlaßte Berdine, die unmittelbar neben ihm saß, das gleiche zu tun. Raina, auf der anderen Seite des Zimmers an der Tür, wurde ebenfalls von dem Gähnen angesteckt. Es klopfte, und Richard sprang auf. »Herein!« Egan steckte seinen Kopf herein. »Ein Bote ist hier.« Richard machte eine Handbewegung, und Egans Kopf verschwand. Ein d’Haranischer Soldat in einem schweren Umhang und nach Pferd riechend kam hereingeeilt und salutierte mit der Faust auf seinem Herzen.
»Setz dich. Du siehst aus, als hättest du einen anstrengenden Ritt hinter dir«, sagte Richard.
Der Soldat richtete die
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