Die Günstlinge der Unterwelt - 5
schiefgeht, noch etwas sagen. Ich weiß, was geschehen ist, als du hier gefangen warst, und ich mache dir keinen Vorwurf daraus, Richard. Du dachtest, ich liebe dich nicht, und du warst allein. Das verstehe ich.«
Richard beugte sich stirnrunzelnd vor. »Was redest du da? Was habe ich getan?«
Sie räusperte sich. »Merissa. Sie hat mir alles erzählt.«
»Merissa!«
»Ja. Ich verstehe das und gebe dir keine Schuld. Du dachtest, du würdest mich nie wiedersehen.«
Richard zog ein erstauntes Gesicht. »Merissa ist eine Schwester der Finsternis. Sie will mich umbringen.«
»Aber sie hat mir erzählt, sie sei deine Ausbilderin gewesen, als du hier warst. Sie sagte, daß … Na ja, ich bin ihr begegnet, und sie ist wunderschön. Du warst einsam, und ich mache dir keinen Vorwurf daraus.«
Richard packte sie an den Schultern und zwang sie, ihren starren Blick von der Sliph abzuwenden. »Ich weiß nicht, was Merissa dir erzählt hat, Kahlan, aber was ich dir jetzt erzähle, ist die reine Wahrheit: Seit dem Tag, als ich dir begegnet bin, habe ich nie eine andere geliebt als dich. Niemanden. Sicher, als du mich gezwungen hast, den Halsring anzulegen, und ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen, da war ich einsam, aber ich habe deine Liebe nie verraten, selbst dann nicht, als ich dachte, ich hätte sie verloren. Obwohl ich glaubte, daß du mich nicht mehr willst, habe ich niemals … weder mit Merissa noch mit einer anderen.«
»Wirklich?«
»Wirklich.«
Sie lächelte ihr ganz besonderes Lächeln, daß sie nur ihm und niemand sonst schenkte. »Adie hat versucht, mir dasselbe einzureden. Ich wollte nur, daß du es weißt. Ich fürchte mich ein wenig vor diesem Ding und habe Angst, ich könnte darin ertrinken.«
»Die Sliph hat dich erfühlt und sagt, du kannst reisen. Du besitzt ein Element Subtraktiver Magie. Nur wer beide Seiten der Magie besitzt, kann reisen. Es wird funktionieren. Du wirst sehen.« Er lächelte aufmunternd. »Man braucht keine Angst davor zu haben, das verspreche ich dir. Es ist ein vollkommen neues Gefühl. Es ist wundervoll. Bist du bereit?«
Sie nickte. »Ich bin soweit.« Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihn so fest, daß sie ihm die Luft aus den Lungen preßte. »Aber wenn ich ertrinke, sollst du wissen, wie sehr ich dich liebe.«
Richard half ihr auf die Steinmauer hinauf, die die Sliph umgab, dann ließ er den Blick durch den dunklen Wald jenseits der Ruinen wandern. Er wußte nicht, ob dort tatsächlich Augen waren, die sie beobachteten, oder ob er dies bloß befürchtete. Jedenfalls spürte er keine Mriswiths, und das würde er, wenn einer von ihnen sie beobachtete. Offensichtlich machten ihn wohl nur seine früheren Erlebnisse im Hagenwald so unruhig.
»Wir sind bereit, Sliph. Weißt du, wie lange es dauern wird?«
»Ich bin lang genug«, kam hallend die Antwort.
Seufzend packte Richard Kahlans Hand noch fester. »Tu, was man uns sagt.« Sie nickte und holte noch ein paarmal keuchend Luft. »Ich bin bei dir. Hab keine Angst.«
Der flüssige Silberarm hob sie hoch, und die dunkle Nacht wurde pechschwarz. Richard drückte fest Kahlans Hand, als sie in die Tiefe stürzten, denn er wußte, wie schwer ihm das Atmen in der Sliph beim ersten Mal gefallen war. Als sie den Händedruck erwiderte, befanden sie sich bereits im schwerelosen Nichts.
Das vertraute Gefühl des Dahinschießens und gleichzeitigen Treibens stellte sich wieder ein, und Richard wußte, daß sie auf dem Weg nach Aydindril waren. Wie zuvor gab es weder warm noch kalt, hatte man nicht das Gefühl, von der quecksilbrigen Feuchtigkeit der Sliph durchweicht zu werden. Seine Augen nahmen hell und dunkel in einem einzigen, geisterhaften Bild wahr, während seine Lunge sich mit der süßen Gegenwart der Sliph füllte, sobald er ihr seidiges Wesen einatmete.
Richard freute sich, weil er wußte, daß Kahlan die gleiche Verzückung empfand wie er. Er spürte es am sanften Druck ihrer Hand. Sie ließen sich los, um sich mit Schwimmbewegungen durch den stillen Strom zu bewegen.
Richard schwamm weiter durch Dunkelheit und Licht. Er merkte, daß Kahlan seinen Knöchel packte, um sich von ihm ziehen zu lassen.
Zeit war ohne Bedeutung. Während er mit Kahlan an seinem Knöchel dahinschwebte, hätte dies das Flackern eines Augenblicks sein können oder das langsame Dahinziehen eines Jahres. Wie schon zuvor, kam das Ende unvermittelt.
Bilder des Raumes in der Burg der Zauberer explodierten rings um sie herum, da er aber
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