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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weggewischt. Verdammt noch mal, wenn du diese Kiste kriegst … Aber hatte er nicht schon daran gedacht? Der Tatort? Für das, was im Spessart geschah, konnte das LG Frankfurt ohne weiteres die Zuständigkeit beanspruchen – wenn der ›General‹ dahinter stand. Und Ladowsky – Verfahren mit Täternamen, die mit ›L‹ beginnen, fallen in deinen Bereich. Mensch, wenn das hinhaut …
    »Schauerlich, nicht wahr? Tut mir wirklich leid, Saynfeldt, aber Sie sind nun mal dran. Der General will das, und er legt Wert darauf, mit Ihnen gleich morgen vormittag darüber zu sprechen. Er bittet Sie, sich sofort mit ihm in Verbindung zu setzen, wenn Sie ins Büro kommen. Was liegt denn bei Ihnen morgen an?«
    »Nicht viel. Um zehn Uhr dreißig eine Verhandlung. Und dann die Ermittlungen im Fall Lapp, Sie wissen doch, dieser angebliche Giftmord … Aber ich gehe vorher zu ihm.«
    »Bleibt Ihnen wohl nicht viel anderes übrig, mein Lieber.«
    Nein, dachte Richard Saynfeldt – Dann: Bingo!
    Und erst jetzt schoß die Frage in ihm hoch: »Aber entschuldigen Sie mal, Mahlzahn, haben sie ihn …?«
    »Ja, sie haben ihn. Er wurde irgendwo im Spessart geschnappt. Weiß der Teufel, wie er sich da versteckt halten konnte. Na ja, der Spessart … Jedenfalls wurde er in der Nähe eines Sanatoriums festgenommen. Er ist ziemlich verletzt.«
    »Angeschossen?«
    »Nein. Schnittwunden. Fiel in ein Gewächshaus.«
    »Und wo steckt er jetzt?«
    »Wo schon? In Preungesheim. Im Gefängnisspital. Gericke kam gerade zurück. Er ist noch nicht vernehmungsfähig, sagen sie dort, aber lange könne das nicht dauern. Jedenfalls – Sie wissen doch, wo beim Alten der Haken hängt.«
    »Die Presse.«
    »Was sonst?«
    Richtig – was sonst …
    Nachdem Richard Saynfeldt aufgelegt hatte, wirkte sein Gesicht nicht nur entspannt, sondern auch nachdenklich: »Sie wissen doch, wo bei dem der Haken hängt?« Gut, aber es ist kein schlechter Haken. Auch nicht für dich, Junge, nein, gar nicht …
    Er ging zurück zum Entree und verließ das Haus. Die Türe ließ er nur zufallen und machte sich nicht die Mühe, sie abzuschließen. Doch dann, bereits unten an der Gartentür, blieb er doch stehen, drehte sich um und warf einen langen Blick zurück.
    Da lag er nun, der Hort eines zerborstenen Glücks …
    War's tatsächlich soweit? Würde er bald von irgendeinem Hamburger Windei von Anwalt einen Brief bekommen, in dem Karla ihre Wut in irgendwelche juristische Floskeln hatte gießen lassen? Da lag es nun, das Haus, und eigentlich hatte er es nie geliebt. Klinker. Eine endlose Festung aus weißverfugten Backsteinen, das Dach schwarz, schieferglänzend, zwei läppisch-pompöse Säulen am Eingang, Blankenese-Architektur oder Pöseldorf, würde prima unter einen flachen, grauen, regenschweren Himmel passen, das hatte er von Anfang an gedacht und es ihr auch gesagt. Außerdem: Wer hatte schon den ganzen Schuppen bezahlt? Die Röders natürlich, der liebe Papi Jens.
    Soll er sich den Kasten doch an den Hut stecken, dachte Richard Saynfeldt … Ziemlich nahe beim Gericht gab's eine hübsche kleine Wohnung, und die gehörte seiner Tante Luise und wurde von ihr genau zweimal im Jahr benutzt: im Frühjahr beim ersten Trabrennen und im Herbst zur Opernpremiere.
    Er aber hatte den Schlüssel in der Tasche.
    Richard Saynfeldt zog die Gartentüre zu, vorsichtig, fast zärtlich. Er blickte den Amseln nach, die über die Büsche flogen. Ihm war gleichfalls nach Pfeifen zumute – oder nach fliegen.
    Abgehakt. Karla wie die Dame Isabella vermutlich. Zwei auf einen Streich. Man soll die Dinge des Lebens nehmen, wie sie kommen.
    Zum Beispiel diesen Fall, Ladowsky, die ganz große Kiste. Lang genug hast du schließlich auf sie gewartet …
    * * *
    In Frankfurt wartete eine Menge Arbeit auf Isabella, und sie war froh darum.
    Peter Aman, der Therapeut, mit dem sie die Praxis in der Korneliusstraße teilte, war nach Amerika geflogen zu einem dieser Selbsterfahrungskurse und hockte unerreichbar für sie irgendwo in der Wüste Neu-Mexikos. Seine wichtigsten Klienten aber hatte er ihr, wie das vereinbart war, aufgebürdet. Es bedeutete für Isabella Arbeitstage ohne Ende.
    Doch der quälende Streß, diese erschöpfende, ununterbrochene Beschäftigung mit fremden Schicksalen enthob sie der Notwendigkeit, über sich selbst nachzudenken. Kam sie abends nach Hause, fiel sie todmüde ins Bett, in der Mühle ihrer Praxis jedoch ertappte sie sich immer wieder, wie sie während ihrer Pausen in einer

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