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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf.
    »He, Anja – du bist da?«
    Ein untersetzter, säbelbeiniger junger Mann im Jeansanzug lief auf sie zu. Zu den kurzgeschorenen Haaren trug er drei Silberringe im linken Ohrläppchen.
    »Stimmt also, was Robby sagte.«
    Sie drehte sich um. Aus dem lächelnden Mädchengesicht wurde eine starre Maske von Grimm und Ablehnung.
    »Ich finde das wirklich nicht fair, Anja …«
    Weiter kam er nicht. Er wurde einfach weggeschoben. Sie brachen herein, in ihren Lederjacken, mit ihren Kameras und Kassettengeräten, zunächst in Keilform, dann zu zweit, zu dritt, und verteilten sich im Raum mit der Gewalt einer übermächtigen, dunklen Brandungswelle. Heidi versuchte tapfer, sich dem Medienansturm entgegenzuwerfen, vergeblich, sie wurde einfach auf einen Sitz niedergedrückt.
    »He, Herr Oberstaatsanwalt …! Nur einen Augenblick … Herr Doktor, ich bin Albert Deinsheimer von der Neuen Presse … Es handelt sich ja nur um eine kurze Erklärung … ja, wir wissen … klar waren wir schon bei der Pressestelle …« Alles laut, alles durcheinander.
    Richard Saynfeldt erhob sich. Sich den ›Medien zu stellen‹, genau davon hatte er geträumt. Aber das hier? – Er fühlte sich zunächst ohnmächtig vor hilfloser Wut, dann aber …
    »Herr Doktor!« schrie Heidi. »Herr Doktor, was soll ich denn tun?«
    »Gleich, Heidi, sofort …«
    Natürlich würde es eine Art Balanceakt werden, er mußte jedes Wort abwägen, um den ›General‹ nicht zu vergrätzen, aber es war eine Chance, die Meute persönlich zu fassen und damit Sympathie zu punkten, und insofern hundertmal besser als jede Pressekonferenz.
    Er stand auf.
    Plötzlich wurde es still. Er sah sie an. In den letzten zehn, zwölf Jahren hatte er bei Gott gelernt, wie man Leute in solchen Situationen anzusehen hat, und noch etwas kam ihm wieder einmal zugute: seine Länge, die ein Meter neunundachtzig. – Er überragte sie fast alle.
    »Meine Damen und Herren …« Pausen zu setzen war genauso wichtig wie der Stimme diesen harten, durch nichts zu brechenden Metallton zu verleihen. »Wie sollen wir diese Situation hier nennen? Einen Auftritt? Einen Pressesturm? Oder vielleicht skandalöse Nachrichtenjagd?«
    Irgend jemand brummte, ein zweiter lachte. Als er in die Richtung sah, wurde es sofort wieder still.
    »Eines steht wohl fest: Unter diesen Umständen, ganz abgesehen von der grundsätzlichen Haltung meiner Behörde, werde ich hier zu keiner Frage eine Antwort geben. Schon aus dem einfachen Grund: Diese Croissanterie ist mein Frühstückslokal und die Geschäftsführerin eine der liebenswertesten und aufmerksamsten Wirtinnen, die ich kenne.«
    Köpfe wandten sich Heidi zu.
    »Was Sie hier gerade betreiben, bedeutet für sie schon eine an Geschäftsschädigung grenzende Belästigung. Und genau das werde …« – ich, wollte er sagen, korrigierte aber im letzten Moment – »sollten wir gemeinsam schon aus Gründen der Höflichkeit nicht zulassen.«
    »Na, dann trink ich nachher hier 'nen Kaffee!« krähte einer.
    »Dies ist genau die Sorte von Antwort, die ich so liebe«, sagte Saynfeldt. Diesmal lachten sie alle, Saynfeldt verspürte Erleichterung, er würde sie in den Griff bekommen, aber sicher. »So, meine Herrschaften, ich würde vorschlagen, daß Sie jetzt das Lokal erst mal verlassen.«
    »Sie werden kein Statement …?«
    »Ich kann ja mitkommen. Doch um es gleich zu sagen: Sie kennen ja die Position unserer Behörde. Was ich Ihnen allerdings geben kann, ist ein Einblick in reine Sachfragen – und auch ein wenig meinen persönlichen Eindruck von der Situation.«
    Ein Raunen ging um. Der Ausdruck verbissener Konzentration auf den Gesichtern wich Erwartung.
    Aufmerksamkeitswert – hieß es nicht so? Hier hatte er ihn, den Aufmerksamkeitswert.
    Inzwischen hatte Richard Saynfeldt die Zahl der Medienvertreter, die sich in die Croissanterie gedrängt hatten, geschätzt: vierzehn, nein, mehr – sechzehn vielleicht … Und was bedeutete das? Doch nichts anderes, als daß es sich nicht nur um die lokalen Hansel der Frankfurter Zeitungen handelte, auch nicht um die hier vertretenen Korrespondenten – diese Leute waren wegen des Kreuz-Mörder-Falls in die Stadt gekommen; ob von Tageszeitungen, Nachrichtenmagazinen, Illustrierten oder der Yellow Press, ob vom Fernsehen oder Radiosendern – das heißt, du stehst vor der gesamten deutschen Medienlandschaft. Diese Leute haben offensichtlich nur ein einziges Thema: Ladowsky. Und damit dich …
    * * *
    Es war kurz nach

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