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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein: Das alles hast du zu verantworten, wegen dir ist sie doch nach Walldorf … Das hat mir keine Ruhe gelassen … Ich bin hierher gefahren, sah das Licht – dann besorgte ich den Strauß und kam wieder.«
    Herbert Reuter – ein Reuter, der mit seiner Persönlichkeit spielend einen Hörsaal füllen konnte –, da stand er mit reuevollem, unsicherem, ja flehendem Blick vor ihr, und nicht einmal seine Krawatte und sein eleganter, dunkelblauer Anzug vermochten ihm Rückhalt zu geben.
    Sie fand es unglaublich.
    »Ich sitze hier«, sagte sie, »und mir geht's gut.«
    »Aber im Fernsehen kam, daß Sie verletzt wurden.«
    »Das Fernsehen, das Fernsehen … Vergessen wir das Fernsehen. Hier …« Sie schob den Ärmel des Bademantels hoch und zeigte ihm den Verband: »Das ist alles.«
    Er betrachtete ihn ehrfürchtig. »Und Ihre Haare …«
    »Wachsen nach. Und wegen der paar Brandblasen geh' ich morgen zum Doktor, und dann kommt ein Pflaster drauf. – Um was geht es denn wirklich, Herr Professor?« – Die Rosen, die Krawatte, dazu das kummervolle Gesicht – so viel Anteilnahme konnte sie ihm einfach nicht abnehmen.
    Er starrte sie vorwurfsvoll an. »Sie werden doch wohl nicht annehmen, daß ich jetzt, nachdem Sie das alles gerade durchgestanden haben, daß ich jetzt …«
    Sein Kummer schien echt. Sie war gerührt, sie wollte es nur nicht zeigen.
    »Reden wir gleich vom Resultat, Herr Professor: Zero. Null … Ich konnte für uns überhaupt nichts herausholen. Es passierte ja so schnell … Ich war kaum im Haus, da brannte es schon … Und wahrscheinlich wird man mit Frau Ladowsky nun Wochen, vielleicht Monate nicht mehr sprechen können.«
    »Ich hab' mich erkundigt. Sie steht unter Schock, hat schwere Brandverletzungen, aber es ist nicht lebensgefährlich. Sie komme durch, sagte man mir.«
    »Die Frau ist psychisch ohnehin schon angeknackst, ob die redet, steht in den Sternen.«
    Er sah sie wieder an: »Isabella, was Sie da zuvor gesagt haben, das freut mich.«
    Sie verstand nicht.
    »Nun, Sie sagten, für uns herausholen … Für uns …«
    Isabella schwieg. Er hatte ja recht, aber sie war im Augenblick nicht in der Lage zu überlegen, welche Konsequenzen das nach sich zog. Sie wollte es nicht.
    »Sie müssen erschöpft sein. Haben Sie gegessen?«
    Kopfschüttelnd verneinte sie.
    »Irgend etwas müssen wir da unternehmen. In diesem Zustand kann ich Sie ja nicht aus dem Haus schleppen. Wie sieht's denn in Ihrer Küche aus?«
    »Schlimm«, erwiderte sie kläglich. »Vier Eier, ein paar Tomaten, ein Packen Toastbrot – und Schluß.«
    »Na, das ist doch besser als nichts. Wenn Sie mir erlauben, in Ihrer Küche einzubrechen, werde ich schon irgend etwas zustande bringen.«
    Sie versuchte zu lächeln, die Müdigkeit griff nach ihr, kam nun mit der Macht einer Grundsee, die sie ins Dunkel zu reißen drohte … Im Grunde verstand sie nichts, nicht, was hinter ihr lag, nicht, daß sie hier im Bademantel in ihrem Sessel hing, während draußen in ihrer Küche ein veritabler Rechtsprofessor mit den Pfannen klapperte …
    Aber war das wichtig? – Was war noch wichtig …?
    »Wissen Sie, was ich gefunden habe? Einen traumhaften Chardonnay Jahrgang '92. Ich werde ihn öffnen, wenn Sie erlauben. Doch nur unter der Voraussetzung, daß ich einen gleichwertigen zurückbringen darf.«
    Er hatte auf ihrem Lesetisch eine Serviette ausgebreitet, Teller, Besteck und zwei Gläser darauf gestellt; das Glas funkelte, und was da an Duft aus der Pfanne aufstieg, brachte ihre Lebensgeister wieder in Schwung.
    »Ich habe auch noch eine Zwiebel gefunden. Tomaten, Zwiebel, ein wenig geriebener Käse, ein Hauch Curry darüber ergibt wirklich ein ganz vorzügliches Omelette. – Probieren Sie mal …«
    Sie konnte nur lächeln und nicken, nahm ihre Gabel und führte sie zum Mund. Er hatte recht, es schmeckte fantastisch. Sie aß mit Heißhunger, trank den Chardonnay, sah ihn an und schüttelte wieder den Kopf.
    »Mensch, Herr Reuter, Professor, Sie sind ja wirklich wie ein Vater zu mir.«
    »Ich wollte, ich wär's«, grinste er und strich sich die weißen Haare zurück. Auch die Krawatte wirkte nicht mehr so korrekt wie zuvor. Er hatte sie nach unten geschoben, Hemdkragen und zwei Knöpfe geöffnet. »Kein Witz, tiefster Ernst … Wenn ich Sie ansehe und an meine Tochter denke … Die rettet keine alten Frauen aus brennenden Häusern, sie fliegt nach London zum Shopping. Früher mußte es immer Mailand sein. Warum jetzt London, weiß nur der

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