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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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liebe Gott …« Sein Mund verzog sich. »Eigentlich müßte ich mich bei meinem Schwiegersohn für sie entschuldigen … obwohl, als ich sie ihm übergab, schien Isabella ganz normal.«
    »Isabella?«
    »Ja, das kommt auch noch hinzu. Sie heißt wie Sie.«
    Sie aß weiter, der Wein gab ihr etwas wie Klarheit und Kraft zurück, und da war der Gedanke wieder, den sie schon auf der Rückfahrt und dann im Bad gehabt hatte, nun verdichtete er sich zum Entschluß. Sie wußte, was zu tun war.
    »Ich hab's mir überlegt, Herr Professor. Ich werde weitermachen.«
    »Was soll das heißen? Sie wollten doch wegfliegen?«
    »Nein. – Was soll ich in Kuba? Ich würde immer dieses Feuer vor mir sehen …«
    Er richtete sich auf. »Isabella, entschuldigen Sie, aber Sie sollten sich vielleicht erst mal fragen, ob Sie das wirklich wollen. Sie stehen noch unter dem Eindruck dieser schrecklichen Geschichte. In einer solchen Lage sollte man nicht emotional handeln, sondern überlegt. Außerdem – ist Ihnen klar, was auf Sie zukommt?«
    »Ich glaube schon.«
    »Sie glauben. Haben Sie nicht von Anfang an gesagt: ›Bei diesem Fall lassen sich keine Lorbeeren holen‹? Es ist wahr … Dazu kommt der enorme Druck von außen. Die Leute spielen ja jetzt schon hysterisch. Soll ich Ihnen sagen, was mir passierte, als ich heute nach dem Golf im ›Toronto‹ friedlich meine Käsesahne essen wollte? Zwei Frauen, die mich wahrscheinlich kannten, sagten: ›Und so ein Schwein verteidigen Sie?‹, standen auf und verließen unter Protest das Lokal. So sieht das aus. Wir bewegen uns auf vermintem Gelände, Isabella.«
    Sie dachte an Richard und seine Drohungen, sah wieder die Flammen vor sich … Vermintes Gelände? O ja …
    »Ich weiß, zu was ich mich entscheide, Herr Professor – glauben Sie mir.«
    Er nickte. Sein Gesicht war ernst. Er stand auf und wollte das Geschirr auf das Tablett räumen. Sie schüttelte den Kopf: »Lassen Sie das, ich besorge das schon. – Auf was kommt es Ihnen jetzt an?«
    »Bei dem Verfahren?«
    »Bei was sonst?«
    »Nun, wissen Sie, zu meinen Prinzipien gehört es, nicht abzuwarten, sondern die Verteidigungsstrategie bereits während des Anklageerhebungsverfahrens kenntlich zu machen. Wenn man dabei geschickt vorgeht, kann man sich später viel Ärger und Zeit ersparen.«
    »Und was heißt das?«
    »Im Fall Ladowsky immer das gleiche: Der Ankläger wird vom Start weg …« Er unterbrach sich. »Sie sind doch mit ihm befreundet, nicht wahr?«
    »Herr Reuter, unter uns braucht es keine ›Strategien‹. Sie wissen genau, daß ich mit Richard Saynfeldt nicht nur befreundet war, wie Sie das nennen. Ich war seine Geliebte.«
    »War?«
    »Richtig. Das ist vorbei …«
    Er hatte die Augenbrauen leicht hochgezogen, und wieder fragte sie sich, was er nun wirklich wußte und wieviel von dem väterlich-fragenden Gesichtsausdruck man als echt bezeichnen konnte. Daran mußte man sich wohl gewöhnen: Ob Anwalt der Verteidigung oder Anwalt des Staates, sie verstanden es, ihre Karten bedeckt zu halten.
    »Jedenfalls hat Saynfeldt mir gedroht, er werde mich fertigmachen, wenn ich für Sie als Gutachter auftrete. Anscheinend befürchtet er irgendeinen Presseskandal, falls herauskommt, daß ich mit ihm eine Beziehung gehabt habe.«
    »Drohungen gehören zum Geschäft der Staatsanwälte. Da sind sie Meister drin – und da wären wir auch in unserem Fall bereits auf dem Punkt: Er wird, und das hat er ja auch bei seiner Pressekonferenz klipp und klar gesagt, alle Register ziehen, um Ladowsky als zurechnungsfähig wegzusperren. Und das mit anschließender Sicherheitsverwahrung, also bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag …«
    »Ladowsky ist krank. Gerade dieser zweite Mord beweist es doch. Er gehört in eine Anstalt. Natürlich muß es eine Maßregelanstalt sein, natürlich darf er nie mehr raus, solange er gefährlich ist – aber er ist schwer pathologisch, daran bestehen keine Zweifel. Dennoch halte ich ihn für therapiefähig.«
    Er schwieg und legte den Kopf ein wenig schief. Sein Blick streifte sie und heftete sich dann an die Wand hinter ihrem Kopf.
    »Wirklich?« fragte er gedehnt.
    »Was heißt das? Sie meinen, daß er …«
    »Noch meine ich gar nichts, Isabella. Aber ich habe jetzt dreimal mit ihm gesprochen. Es ist nur ein allgemeiner Eindruck. Mein Bauch und meine Nase haben mich schon oft gerettet, aber als ich bei ihm war und als er damit anfing, nicht er, sondern ›der andere‹ sei es gewesen, er habe lediglich irgendwelche

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