Die Gutachterin
den Kopf: »Haben Sie den fertiggemacht? Wollte er was von Ihnen?«
Selbst jetzt verlor sie nicht die Beherrschung. »Hören Sie, der Mann hat einen Zusammenbruch. Sehen Sie das nicht?«
»Woran soll ich denn sehen, ob der einen Zusammenbruch hat? Der kommt schon wieder zu sich.«
»Mensch …« Ihre Stimme blieb immer noch ruhig. »Sein Herz ist nicht in Ordnung. Er war ja auch bei Gott lange genug krank. Holen Sie Hilfe, holen Sie den Arzt, und wenn Sie den nicht finden, dann bringen Sie mir eine Spritze mit einem kreislauffördernden Mittel.«
»Geht nicht.«
»Und warum geht das nicht, Herrgott noch mal?« Jetzt schrie sie. »Dann rufen Sie an! Ist doch egal, ob Sie jemand holen oder anrufen. Hier steht das Telefon!«
Endlich. Er nahm den Hörer und wählte eine Nummer. »Hier ist Backmann. Ich bin auf Zimmer 72 im Erdgeschoß … Ja, am Eingang. Ich brauch' den Sani und vielleicht 'ne Trage. – Ja, der Ladowsky, den hat's umgehauen.«
Sie kamen ziemlich schnell, legten Ludwig Ladowskys schlaffen Körper auf eine Rolltrage und schoben ihn weg. Isabella aber stand im Flur, sah ihnen nach und mußte unwillkürlich an die roten Rücklichter des Notarztwagens denken, der Hilde Ladowsky ins Krankenhaus gebracht hatte …
* * *
»Im Fall Ladowsky«, sagte Richard Saynfeldt und blickte in die Runde der Männer, die sich zur Konferenz im Besprechungszimmer der K-13 versammelt hatten, »im Fall Ladowsky wurde hervorragende Arbeit geleistet, und dabei meine ich vor allem die Erkenntnisse, die unser Gast aus Marktheim, der Herr Berling, bei seinen Vernehmungen gewinnen konnte.«
Er machte eine seiner Pausen. Es war die dritte Konferenz, die er diese Woche mit den Leuten des K-13 abhielt.
»Bei all den anderen Arbeitsproblemen, die Sie haben«, fuhr er fort, »werden Sie sich vielleicht manchmal gefragt haben: Warum das ganze Ladowsky-Theater …? Nun, die Antwort lautet: Das ist nicht unsere Schau. Wir können sie nicht genießen wie die von der Presse, wir müssen sie schlicht durchstehen, aber wir müssen uns auch im klaren darüber sein, daß bei der enormen öffentlichen Aufmerksamkeit alle Augen auf uns gerichtet bleiben. Dieses Verfahren ist genau der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat. Deshalb hat es absolute Priorität und soll so schnell wie möglich durchgezogen werden.«
Richard Saynfeldt hatte den rechten Zeigefinger am rechten Nasenflügel. Seine Stimme wirkte zwar so gelassen wie sein Gesichtsausdruck, nur der Zeigefinger … Jeder, der mit ihm zu tun hatte, wußte, was das bedeutete: Er stand unter Dampf … Und warum auch nicht? Am Morgen der eingeschriebene Brief aus Hamburg, in dem der liebe Schwiegervater seinem Erstaunen darüber Ausdruck gibt, daß er ihm zumute, auch noch die Unterhaltungskosten des leerstehenden Hauses in Frankfurt zu übernehmen, »… was ich angesichts Deiner Einkünfte für ein reichlich befremdliches Ansinnen halte.« – Der liebe Jens Röder. Hatte der eine Ahnung von den Einkünften eines Staatsanwalts …! Dann hatte ihn der Generalstaatsanwalt zu sich gerufen und versucht, ihn fertigzumachen: »Einen zweiten Bock, Saynfeldt, einen zweiten Kardinalfehler wie diese läppische Straßenkonferenz, die Sie da abgehalten haben, lasse ich Ihnen nicht durch. Das wissen Sie jetzt …«
Richard Saynfeldt betrachtete angewidert die Kaugummi kauenden Polizistenkiefer.
»Jedenfalls«, sagte er so akzentuiert, wie es ihm möglich war, »was wir hier leisten, kann nicht nur politische, sondern auch gesetzgeberische Konsequenzen nach sich ziehen. Der Fall ist exemplarisch. Das zeigt schon seine Behandlung. Man benennt bereits das Schwurgericht, und der Vorsitz fällt Landgerichtsdirektor Martin zu. Was für uns ein Problem darstellt. Ich verlange daher, daß Sie jedes, und sei es auch nur das kleinste Detail herbeischaffen, das die Anklage unterstützen kann.«
Sie reagierten nicht, nickten nicht einmal, zeigten beinahe ostentativ jene schläfrige Haltung, von der sie glaubten, sie gehöre zu ihrem Job wie die Hundemarke, der Schulterhalfter und ihre Coolness.
Nur einen gab es, bei dem Saynfeldt so etwas wie Resonanz oder Aufmerksamkeit erkennen konnte: dieser Provinzmensch da, dieser Berling aus Marktheim …
»Ich wiederhole, wir brauchen jedes Detail, jede Erkenntnis, vor allem jede bestätigende Erkenntnis, daß es sich bei Ladowsky nicht um irdendeinen psychopathisch veranlagten …« Saynfeldt suchte nach einem Ausdruck, den er diesen Schädeln dort
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