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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Der ganze Augsburger Prozeß konnte nur unter großem Polizeiaufgebot durchgezogen werden. Und wie war's denn in Oldenburg im Fall Diesterweg? – Und jetzt Ladowsky …! Ich habe gerade mit Kanitz, dem Anstaltsleiter von Preungesheim, gesprochen. Er hat seine JVA-Beamten in Alarmbereitschaft versetzt. Ladowsky bekam eine neue Zelle, die von der Umgebung nicht einsehbar ist; die Nachbarzelle wurde geräumt, aber auch innerhalb des Gefängnisses steht er unter ständiger Bewachung.«
    »Wieso?«
    »Weil bekannt wurde, daß sich unter den Häftlingen bereits ein Lynchkommando gebildet hat, das Ladowsky umbringen will. Und das ist nur der Anfang. Was glauben Sie, wie unser Prozeß ablaufen wird? Da wird gefilzt bis zum Geht-nicht-Mehr. Es gibt genau dieselbe schußsichere Glaswand oder Kabine für den Angeklagten wie bei den anderen Prozessen. Aber der Druck von außen wird noch größer sein. Überall in Deutschland stehen Info-Stände. Die Unterschriftensammlung, die drakonische Strafe für derartige Täter verlangt, einschließlich lebenslanger Sicherheitsverwahrung, ist in vollem Gang. Diesmal werden sie nicht Rita Süßmuth, diesmal werden sie den Bundespräsidenten höchstpersönlich damit angehen. Und es werden nicht nur eine Million, es werden ein paar Millionen Unterschriften sein, die da zusammenkommen.«
    »Und warum erzählen Sie mir das alles?«
    »Aus einem einzigen Grund, Isabella: damit Sie mein Motiv begreifen, damit Sie verstehen, warum ich bei meiner Linie bleiben will. Die Leute, die da Unterschriften sammeln, die Leute, die auf die Straße gehen und ihre Info-Stände aufbauen oder schwarze Kinderluftballons vorbereiten, auf denen sie die Namen all der armen und geschändeten Kinder schreiben, die solchen Tätern zum Opfer fielen – sie tun es ja in bester Absicht. Das ist das eine … Aber da gibt es noch das andere. Und das liegt in dem Satz beschlossen: Recht muß Recht bleiben …«
    »Recht. Und was ist Recht?«
    Sie standen vor einer Ampel. Er nahm die Gelegenheit wahr, um sich ihr nun ganz zuzuwenden: »Recht? Das Recht ist ein System von Regeln, die sich die Gesellschaft gab, um überleben zu können. Wenn Sie wollen, können Sie es mit einem Bahnhof vergleichen. Jeder Zug hat sein Geleis. Und damit er sich bewegen kann und ans Ziel kommt, gibt es Warnlampen, Stoppsignale, Halteverbote, Langsamfahrgebote, Weichen, weiß der Teufel was sonst noch, und falls irgendeiner diese Dinge mißachtet oder dagegen verstößt, ob er nun nicht kann oder nicht will, muß er aus dem Verkehr gezogen werden, denn falls es viele tun, kommt es zur Katastrophe. Werden diese Regeln aufgeweicht, wenn es zum Beispiel Leute gibt, die es nicht mehr so genau nehmen oder Scheinregeln aufbauen, wie das in der Hitlerzeit der Fall war, dann erwartet uns der Zusammenbruch jedes zivilisierten Zusammenlebens. Die Regeln haben für alle zu gelten. Eisern. Ganz egal, wie die Stimmung im Volk aussieht. Manche Richter oder Magistrate sehen das allerdings ein bißchen anders … Ein Richard Saynfeldt zum Beispiel.«
    »Das Recht ist also unveränderlich? Und daran glauben Sie?«
    »Das Recht hat Varianten, sagen wir Ausweichgeleise, und es gibt eine Menge Täter, die das virtuos zu nutzen verstehen.«
    »Deshalb klingen Sie so wenig überzeugt von Ihrem Mandanten?«
    »Bingo! Genau. – Aber an die Regeln, an die glaube ich.«
    * * *
    »Daß das gleich mal klar ist: Hier kommt mir keiner rein!« Der Mann hatte einen Schraubenzieher in der Hand und war im Hof dabei, einen Traktor zu reparieren. Er stand da, das schwere Werkzeug halb hochgehoben, und man sah ihm an, daß er meinte, was er sagte.
    »Sie sind doch Herr Fellgrub, nicht wahr?« entgegnete Berling. »Ich war beim Haus Ihrer Schwägerin. Aber es ist abgeschlossen, und man sagte mir, daß sie jetzt bei ihnen wohnt.«
    »Und?«
    Berling zeigte ihm die Marke.
    »Ah, Polizei? Warum sagen Sie das nicht gleich? Es kommt ja so viel Gesindel angelaufen, die wollen Interviews oder weiß der Teufel was … Gestern war einer da, der wollte, daß meine Schwägerin ein Buch schreibt, und wedelte mit 'nem Scheck rum. Ist ja nicht mehr auszuhalten … Evi ist tot. Und die wollen alle nur eines: Ein Geschäft draus machen. Soviel fressen kann man gar nicht, wie man da kotzen könnte …«
    Berling nickte mitfühlend. »Ich kann das verstehen, Herr Fellgrub.«
    »Aber was will denn die Polizei noch von uns? Das Schwein sitzt doch. Ist doch alles klar – oder etwa nicht?«
    Berling

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