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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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für einen der beiden anderen zu entscheiden vermochte.
    Nunmehr hielt ihm der zweite Gehilfe den Korb zur Auswahl der Bälle hin; doch mit einer heftigen, ungeduldigen Geste überließ der König die Entscheidung Monsieur de Nançay, welcher sich dieser Obliegenheit langsam, aber höchst trefflich entledigte, indem er die Bälle einen nach dem anderen auf den Boden schlug und diejenigen auswählte, welche am besten sprangen.
    »Nançay«, sprach der König, »ich setze hundert Dukaten auf mich, Wieviel setzet Ihr?«
    »Fünfzig Dukaten auf mich, Sire«, entgegnete Monsieur de Nançay.
    »Bei Gott!« rief der König aus, »Fünfzig sind gar wenig!«
    »Sire«, antwortete Monsieur de Nançay mit einer Verbeugung, »ich würde mehr setzen, wenn ich meines Sieges sicherer wäre.«
    Worauf der König lachte und zufrieden schien und es wohl noch mehr war, als ein Page der Medici verkündete, die Mutter des Königs setze hundert Dukaten auf den Sieger und fünfzig auf den Verlierer, welche Ankündigung von den erlauchten Zuschauern mit Händeklatschen und beifälligem Geraune aufgenommen ward, indes ich meinerseits wetten möchte, daß die Sache im voraus zwischen der Florentinerin und Monsieur de Nançay abgesprochen war, damit der Hauptmann keine Federn auf dem Felde lassen mußte.
    Sogleich holten die beiden Schiedsrichter (zwei Edelleute, je einer vom König und von Monsieur de Nançay bestimmt)von einem jeden das Geld ein, welches sie in einem Häufchen auf einen kleinen blauen Veloursteppich unter den Fransen des Seiles ablegten, während welcher Zeit der König ungeduldig hin und her hüpfte sowie mit seinem Schläger kraftvolle Schläge ins Leere vollführte.
    »Sire«, fragte Monsieur de Nançay, »spielen wir mit Brikolieren?«
    »Ich bin mir nicht schlüssig«, erwiderte der König, »wollt Ihr?«
    »Ich trage keine Lust danach.«
    Und da Karl IX. unschlüssig schwieg, tat Monsieur de Nançay, als sei die Sache entschieden, und fuhr fort:
    »Sire, wollet Ihr als erster aufschlagen?«
    »Ich weiß nicht recht«, entgegnete der König. »Es brächte mir wohl kaum einen Vorteil ein.«
    »Aber auch keinen Nachteil, Sire«, lächelte Nançay.
    »Sire«, sprach da einer der Schiedsrichter, »mögen Euer Majestät belieben, den Schläger kreiseln lassen, auf daß der Zufall entscheide.«
    »Ich wähle die gezeichnete Seite«, sprach Monsieur de Nançay.
    »Und ich die ungezeichnete«, erwiderte der König kurz entschlossen, da es keine andere Wahl gab.
    Der König setzte nun seinen Schläger mit dem Scheitelpunkt des ovalen Teiles auf den Boden, versetzte ihn in Drehung wie einen Kreisel und ließ den Griff los. Der Schläger fiel mit der gezeichneten Seite nach oben, so daß Monsieur de Nançay den Aufschlag hatte, worüber der König verdrossen schien, als sähe er nunmehr darin einen Vorteil, welchen er vorher nicht wahrgenommen.
    »Wohlan, lasset uns beginnen!« rief er, sich mit kleinen Sprüngen an das Ende des Feldes begebend, so daß er fast unter unserer kleinen Galerie stand. Da ihn die Gehilfen, welche die Bälle aufzulesen hatten, solcherart Aufstellung nehmen sahen, liefen sie zu ihren vorbestimmten Plätzen, nämlich an den vier Ecken des Feldes und zu beiden Seiten des fransenbehangenen Seiles. Der Ballmeister warf Monsieur de Nançay einen der ausgewählten Bälle zu, welchen der Hauptmann mit der Linken auffing, um sogleich Aufstellung für den Aufschlag zu nehmen.
    »Tenez, Sire, gebet acht!« rief er.
    Er schlug den Ball kraftvoll über das Seil, und obgleich selbiger weit entfernt vom König aufkam, sprang der darauf zu und schlug ihn so rasch und so steil nach unten zurück, daß Monsieur de Nançay ihn auch nach dem Aufspringen nicht zurückzuschlagen vermochte.
    »Fünfzehn für mich!« rief der König ergötzt.
    Worauf der Schiedsrichter – denn obgleich sich beide nach jedem Schlag berieten, verkündete stets derselbe das Ergebnis – wiederholte:
    »Fünfzehn für den König!«
    Und sogleich ging der Markierer mit einer weitausholenden Armbewegung, als wollte er eine Trompete ansetzen, daran, mit Kreide in wohlgeformten Ziffern eine Fünfzehn auf seiner Tafel zu vermerken.
    »Tenez, Sire!« rief Nançay wieder, doch diesmal verfehlte der Schläger des Königs den Ball.
    »Messieurs, fünfzehn beide!« verkündete der Schiedsrichter.
    »Nur weiter«, sprach der König mit zusammengebissenen Zähnen, dabei vor Ungeduld und Verdruß auf der Stelle hüpfend.
    Nançay jedoch schlug nicht auf,

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