Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
gar lieblich anzusehen mit ihrem schwingenden Reifrock, dem anmutig gerundeten Busen, den blitzenden Augen und den frischen Lippen, so prachtvoll geputzt und so schön von Angesicht, daß mir das Herz schlug wie ein Glockenschwengel und meine Kiefer sich zusammenkrampften in dem großen Verlangen, ihren wunderbaren Leib von oben bis unten zu kosen.
Die Schöne erwies dem König eine so tiefe und anmutige Verbeugung, daß er ein Tiger hätte sein müssen, um von soviel Liebreiz nicht besänftigt zu werden.
»Ihre Majestät die Königin«, sprach sie mit klarer, sanfterStimme, »erinnert sich, daß Euer erlauchter Vater Heinrich II., wenn er dieses edlen Spieles pflegte und ein Punkt wie alljetzt umstritten war, in seiner königlichen Güte einwilligte, daß selbiger wiederholt wurde.«
»Ich folge dem Worte meiner Mutter, der Königin«, sprach darauf der König, welcher niemals in seinem Leben etwas anderes getan.
Und verbeugte sich höflich vor der schönen Botin, jedoch nicht ohne einige furchtsame Schüchternheit, welche ich gewißlich nicht an den Tag gelegt hätte, wäre ich an seiner Stelle gewesen, was mir zu meinem Leidwesen indes nicht vergönnt war.
Der Ballmeister warf den Ball ungesäumt Monsieur de Nançay zu, welcher Aufstellung zum Aufschlag nahm und rief:
»Tenez, Sire!«
Und bedacht, zwar den Ball, nicht aber seinen Herrn und König zu schlagen, vollführte er einen so flachen Aufschlag, daß der Ball artig in den Fransen landete.
»Punkt und Spiel für Seine Majestät den König«, rief der Schiedsrichter höchstlich erleichtert.
Und die Zuschauerschaft beklatschte wie toll diesen Sieg als auch – wie ich wetten will – Monsieur de Nançays Geschick, nicht allzu geschickt zu sein.
Sein Geschick währte beide Partien hindurch, während welcher der Hauptmann nur ein Spiel in der ersten und zwei in der letzten gewann, doch diese zwei erst, nachdem der König bereits fünf Siege errungen – ein hinreichender Vorsprung, um Karl IX. nicht zu beunruhigen und in sanfter Gemütsverfassung zu halten, obgleich er sichtlich erschöpft und sein Leib mit Schweiß bedeckt war.
Der König wechselte gleich auf dem Spielfelde das Hemd, nachdem ihm einer seiner Edelleute Brust und Rücken aus Leibeskräften gerieben hatte, währenddessen der König zum Gotterbarmen hustete, worüber er jedoch nicht vergaß, vom Ballmeister den Spielgewinn einzufordern, welchen jener ihm in einem Hute brachte, in dem ich von meinem Galeriechen aus die Dukaten blitzen sah. Oh, Himmel! wie sehr hätte ich gewünscht, daß sie mir den Säckel füllten, da ich ihrer doch so dringend bedurfte.
Der König gewann also fünfzig Dukaten von seinem Gardehauptmann und erhielt hundert von seiner Mutter, welche meinesBedünkens auf diese Weise ihrem Sohn, dem König, zu verstehen geben wollte, daß sie ihn höher schätze als Coligny, welchselbiger sich in seiner gestrengen hugenottischen Sinnesart niemals herbeigelassen hätte, einem solch eitlen Spiele zuzuschauen und gar dabei noch Geld zu setzen. Dem König schien es höchst angenehm, diese hundertundfünfzig Dukaten einstreichen zu können, wobei er laut sagte (welchselbiger Satz sogleich im ganzen Louvre von Mund zu Mund ging), daß dies Geld sei, welches ihm gehöre, ohne daß es aus der Hand seines Schatzmeisters stamme. Doch von wem hatte die Königinmutter wohl jene hundert Dukaten, die sie ihm verehrt, wenn nicht von ebendiesem?
»Der König«, sprach da der Anschreiber, zu uns gewandt, und fuhr sich wiederum mit der kreidebestaubten Rechten über die Narbe auf seinem Schädel), »ist ebenso behend, kraftvoll und gelenkig wie sein königlicher Vater und liebt es ebensowenig wie dieser, zu verlieren.«
»Dem ist so«, sagte Rabastens, »doch Heinrich II. erfreute sich einer besseren Gesundheit. Sein Sohn indes muß ständig husten, seinen Schleim ausspeien und Schmerzen in seiner Brust erdulden, aus welcher Ursache er auch so schnell erschöpft ist. Morgen wird er den ganzen Tag das Bett hüten müssen, um nach dieser Partie wieder zu Kräften zu kommen.«
Während er so sprach, trat ich an den Anschreiber heran und schob ihm als Dank für seine Gefälligkeit zwei Sols in die Hand, welche er zuerst zurückwies, doch auf mein Drängen hin fast unwillig einsteckte, indes sein Auge gar freundlich blickte.
»Monsieur de Siorac«, fuhr Rabastens fort, »der Hauptmann ist gegenwärtig unbeschäftigt und noch ganz unter dem Eindruck dieser schönen und trefflichen Niederlage,
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