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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ausging.
    Oh! gewiß war es im Sarladischen nicht wenig, der zweitgeborene Sohn des Barons von Mespech zu sein, welcher auf einer wohlbewehrten Burg saß, die Brüder Caumont de Castelnau et des Milandes zu Vettern hatte, verschwägert war mit dem Abbé de Brantôme und edlen Herrn von Bourdeilles, befreundet mit so vielen hugenottischen oder papistischen Edelleuten des Périgord. Doch was war ich hier? Was galt ich in der Hauptstadt? Zu Füßen des mit seinen Türmen bewehrten Louvre? angesichts der königlichen Macht, ihrer Schweizer, ihrer Wachen, ihrer Gefängnisse, ihrer Kanonen – deren jede die Mauern von Mespech hätte niederlegen können –, angesichts eines Souveräns von so hohem und edelem Herkommen, absoluter Herrscher über eines der größten Königreiche des Erdkreises, ausgestattet mit uneingeschränkter Macht über Leben und Freiheit seiner Untertanen und überdies feierlich gesalbt mit dem heiligen Öle, welche Salbung ihm ein göttliches Recht verlieh, das selbst die Hugenotten nicht zu bestreiten gewagt hätten?
    Die Schloßmauer begann an der Ecke der Rue de l’Hostriche, doch waren nur die drei in gerader Reihe stehenden Mauertürme zu sehen, denn der König hatte geduldet, daß die Mauer ganz mit Häusern zugebauet ward, was natürlich ihre Wehrkraft beträchtlich verminderte. Doch brauchte der König zuseinem Schutze überhaupt diese Befestigungsmauer, die mit Wasser gefüllten Wallgraben und das halbe Dutzend Türme, welche sein prächtiges Schloß umgaben? Gegen wen sollten sie ihn schützen, ihn, dem so viele Reichtümer zuströmten und so viele Edelleute, ihm selbige zu bewahren, erfüllt mit solchem Eifer, ihm zu dienen, daß sie selbst ihre Seele zum Pfand gegeben, hätte er solches gefordert?
    Der Eingang des
Ballhauses zu den fünf Jungfern
war bewacht von einem Bedienten und vier oder fünf Fußsoldaten, welche uns ohne die Hilfe Rabastens’ nicht eingelassen hätten, der uns vor sich durch die Tür schob, Miroul eingeschlossen, wofür ich ihm Dank wußte, hatte doch mein wackerer Diener mit seiner klugen und schnellen Tat nicht wenig zur Rettung meines Samson beigetragen.
    Offen gesagt, übertraf dieses Pariser Ballhaus jenes des Kanzlers Saporta zu Montpellier nur durch seine Galerien, welche über ihre ganze Länge so eng mit Höflingen und edelen Damen besetzt waren, daß keine Nadel mehr Platz gefunden hätte. Aus diesem Grunde wohl führte uns Rabastens über eine schmale Treppe auf eine recht kleine, doch höher als die anderen gelegene Galerie, die sich an der Stirnwand befand, welche wie die Galerien aus Holz verfertigt war, wohingegen die gegenüberliegende Wand aus sauber aneinandergefügten Ziegelsteinen bestand, damit man den Ball durch
Brikolieren
, wie man zu Paris sagt, in das gegnerische Feld bringen könne, was heißen will: durch Rückprall von der Mauer, ohne daß er direkt über das Seil geschlagen wird, wobei das Wort »Seil« hier nicht ganz treffend ist, denn in diesem Ballhause waren die beiden Felder zwar durch ein solches getrennt, doch war es eng besetzt mit bis zum Boden reichenden roten Fransen – eine höchst sinnreiche Vorkehrung, welche zu Montpellier unbekannt, wo zuweilen heftig darüber gestritten ward, ob der Ball nun über das Seil oder fehlerhafterweise darunter hindurchgeflogen war, währenddessen ihn die Fransen hier zurückhielten, so er zu tief geschlagen, und es deshalb weniger Streit geben dürfte, wie ich vermeinte.
    Auf dem – wie Recroche gesagt hätte – Galeriechen, wohin uns Rabastens führte, stand nur der Markierer bereit, mit einem Stück Kreide die Punkte der Partie auf einer Tafel anzuzeichnen, welchselbige ganz vorn stand und also von den öffentlichenGalerien (oberhalb deren die unsere sich im rechten Winkel zu ihnen erstreckte) gut zu sehen war. Das Gesicht des Markierers war ganz mit vernähten Wundnarben übersät, und eine solche zog sich ebenfalls über seinen kahlen Hirnschädel; auch trug er links ein Holzbein, so daß er ganz das Aussehen eines ehemaligen Soldaten hatte, was er gewißlich war, denn seine anfangs – bei unserem Eintritt – finstere Miene hellte sich beim Anblick Rabastens’ sogleich auf, und er bedeckte seinen glänzenden Schädel mit einem Federhut, wie ihn die Fußgarde vor zwanzig Jahren getragen und welchen er augenblicks wieder lüpfte, dem Sergeanten eine tiefe Ehrbezeugung zu erweisen, die dieser nicht zu knapp erwiderte.
    »Herr Sergeant«, sprach der Anschreiber, »da diese Edelleute

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