Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
welche ihm höchste Gunst einbringt. Wollet Ihr, daß wir den Ball im Fluge nehmen und ich Euch jetzt zu ihm führe?«
    »Oh, Sergeant! Ihr verpflichtet mich zu mehr Dank, als ich jemals wieder abzustatten vermag!«
    »Daher erlasse ich Euch jegliche Dankesschuld!« entgegnete Rabastens mit einem Lächeln. »Ihr seid doch auch aus Okzitanien!«
    Indes wir die Wendelstiege hinabgingen, hielt mich Giacomi zurück und sprach mir ins Ohr:
    »Mein Bruder, gehet nur allein zu Monsieur de Nançay. Ich will inzwischen Samson Gesellschaft leisten.«
    Dem stimmte ich zu, denn ich verstand Giacomi sehr wohl: daß er sich nämlich sorgte, mein viellieber Bruder könnte etwas sagen, das dem Hauptmann gegen den Strich ginge. Und in der Tat war während der Ballspiel-Partie mein Sinn wieder und wieder davon abgeschweift, und ich hatte mir Sorgen um meinen Samson gemacht, da er für das Leben in diesem papistischen Babylon so ungeeignet schien und seine einfache und aufrechte Sinnesart ihn ständig verursachte, sich in die allergrößten Gefahren zu begeben, so daß ich am Ende trotz all meiner Liebe zu ihm schon fast bereute, ihn um seiner und unserer Sicherheit willen nicht in Meister Béquerets Apotheke zu Montfort-l’Amaury gelassen zu haben, zumal ich so eindringlich darum gebeten worden und auch er es inständig begehrt hatte, da ihm der Sinn nur nach seinen Arzeneien stand und er nichts anzufangen wußte in diesem Paris, welches mich mit all seinen Schönheiten und Vorzüglichkeiten schon bezaubert hatte.
    Rabastens führte uns zu einem kleinen Gemach am Eingang des Ballhauses, in welches er, ohne zu klopfen, eintrat und mir bedeutete, ihm zu folgen. Darinnen ließ sich Monsieur de Nançay gerade von einem Gehilfen des Ballmeisters abreiben, welchen der letztere überwachte, ohne selbst einen Finger zu rühren, und erging sich in angeregter Unterhaltung mit einem großen englischen Nilpferd, welches, scharlachrot gekleidet, das Haar weißlich blond und das Gesicht so groß und rot wie ein Schinken, ihm artige Komplimente ob seines Spieles machte und nach jedem dritten Wort ein glucksendes Lachen ausstieß, denn der Mann war von heiterer und frohsinniger Wesensart.
    »Mylord«, entgegnete Monsieur de Nançay, mir dabei
a parte
gar höflich zunickend, obgleich er mich noch nicht kannte, »habt tausend Dank für Eure Artigkeiten. Doch ganz gewißlich sind die Untertanen der Königin Elisabeth ebenso geschickt im Ballschlagen wie wir Franzosen.«
    »Ganz und gar nicht!« erwiderte Mylord lachend. »Ich bin höchstlich verwundert ob der großen Anzahl von Ballhäusern, die ich hier in Euerm Paris erblicke. Ein jeder, vom König bis zum kleinsten Knecht, will dabei mittun! (Er lachte.) Mankönnte sagen, die Franzosen kommen mit einem Ballschläger zur Welt!« (Er lachte erneut.)
    »Befolget Ihr in Euerm Lande dieselben Regeln wie wir, Mylord?« fragte Monsieur de Nançay höflich lächelnd.
    »Ohne jede Ausnahme, sogar die gleichen Worte benützen wir, nur daß Ihr vor dem Aufschlag ›Tenez!‹ sagt, während wir ›Tenetz‹ sagen, was einige Tröpfe, die des Französischen unkundig sind, wie ›Tenis‹ aussprechen!«
    »Und benützet Ihr die gleichen Bälle?«
    »Wir benützen die Euren, da unsere schlecht springen.«
    »Die meinen«, sprach da der Ballmeister, sich dreist und dünkelhaft in das Gespräch einmischend, »denn ich und kein anderer verkaufe sie an Euer Land, Mylord, sind doch meine Bälle die besten im ganzen Königreich, außen aus feinstem Leder und darinnen eine Füllung von Werg- oder Hundehaar erster Güte, nicht etwa von Kreide oder Sägemehl, was einige Betrüger verwenden, denen ich durch den König habe das Handwerk legen lassen.«
    »Hundehaar!« wiederholte Mylord und konnte sich erneut vor Lachen nicht lassen, welches Lachen ich mit der Zeit ebenso ermüdend fand, wie ich mich über die freche Dreistigkeit des Ballmeisters verwunderte, welcher nur sein eigenes Lob im Munde führte und in seine Rede so viel prahlerische Dünkelhaftigkeit legte, daß es schien, als erteile er dem König Befehle. Allein, als ich Paris und den Königshof besser kannte, verstand ich, daß dieser Kerl nichts anderes tat, als sich nach den hiesigen Gepflogenheiten zu richten, denn die Pariser sind so leichtgläubig und so versessen auf alles Wunderbarliche, daß sie ein jedes Ruhmeswort sogleich für bare Münze nehmen, aus welcher Ursache allhier ein jeder wacker zu seinem eigenen Lobpreise auf der Ruhmestrompete

Weitere Kostenlose Bücher