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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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dem allerprächtigsten Wams von blauem Satin, wie ich es auch im Louvre noch nicht gesehen, welcher Edelmann Monsieur de Nançay nur mit einem kurzen Gruß bedachte und mir in dem Augenblick, da ich ihn am meisten bewunderte, von oben und von der Seite einen Blick so voller unverschämter Verachtung zuwarf, daß ich, ganz bleich vor plötzlichem Zorn, ihn meinerseits nun mit all dem Haß ansah, in welchen sich meine Bewunderung unversehens gewandelt und welcher um so wilder und unbändiger war, da der Kerl mich zuerst so sehr beeindruckt hatte mit seiner blendenden Erscheinung, wie auch ich sie gern bei Hofe abgegeben hätte. Höchstlich erstaunt über meine Blicke, fixierte er mich nun doppelt hochmütig, indes ich ihm um nichts nachstand; wie mir Nançay später sagte, schleuderten meine blauen Augen Blitze, daß wir wohl beideleblos hingesunken wären, wenn Blicke hätten töten können. Und als schließlich der Unbekannte, das Lächerliche dieser Lage fühlend, mir den Rücken zudrehte, bezeigte er mir noch mit dessen steifer Haltung und den hochgezogenen Schultern seine grenzenlose Verachtung. Zitternd vor Wut beschloß ich, es diesem dünkelhaften Geck gleichzutun, und durchbohrte ihn, nachdem ich mich von Monsieur de Nançay mit einer tiefen Verbeugung verabschiedet, vor meinem schnellen Abgang mit einem mörderischen Blick, der ihn nur durch ein Wunder nicht wie ein Partherpfeil zu Boden streckte.
    Doch ach! der Pfeil traf mich ins eigene Fleisch und verwundete meine so wenig an Kränkung gewöhnte Seele, so sehr litt ich darunter, daß dieser Laffe vom Hofe es gewagt hatte, mich auf den bloßen Anblick meines Wamses hin derart zu demütigen. Sapperment! nicht mit dem Blick, sondern mit dem Degen hätte ich ihn durchbohren wollen, die mir angetane Schmach mit seinem Herzblut zu rächen! Die Lippen zusammengekniffen, die Fäuste in Gedanken um die Griffe meiner Waffen gespannt, stürzte ich voll grimmiger Wut aus der Kammer hinaus, worinnen mich der Gardehauptmann empfangen. Mit trübem Blick und zugeschnürter Kehle stand ich geraume Zeit da, ehe ich meine treulichen Gefährten sah und hörte und ihnen durch die Straßen und Gassen der Hauptstadt bis zu Meister Recroches Behausung zu folgen vermochte, auf welchem Wege ich, in meinem Innersten vor Wut kochend und schäumend, kein einziges Wort sprach, da ich befürchtete, wie ein Wolf zu heulen, so ich den Mund auftäte. Im Quartier angelangt, war ich mir selbst und auch des Anblickes meiner Gefährten so überdrüssig, daß ich meine Brüder und Miroul verließ, nachdem ich ihnen mit dumpfer Stimme und gesenktem Blick gesagt, ich wolle, da ich mich schmutzig und schweißig fühle, eine Badestube aufsuchen und sie mögen ohne mich in die Speisewirtschaft gehen, ich hätte ohnehin keinen Hunger.
    In meinem noch immer andauernden Grimm fragte ich einen Vorübergehenden so barschen und ernsten Tones nach dem Wege (obgleich ich sonst von leutseliger und höflicher Wesensart bin), daß selbiger, höchstlich überrascht ob meiner herrischen Aufführung, sogleich die Mütze zog und mit zitternder Stimme sprach:
    »Oh, gnädigster Herr! so Ihr eine gute Badestube suchet, sauberund wohlbeleumundet, in welche keine an der Pest oder Lustseuche Erkrankten, kein Lumpenpack noch liederliches Gesindel eingelassen wird, dann gehet in die Alten Badestuben Saint Honoré in der Straße gleichen Namens. Sie befinden sich nur zwei Schritte von hier, und selbst ein Fürst könnte sie als seinem Stande gemäß erachten! Die dortige Haarschererin ist so geschickt, daß sie das Schamteil eines Weibes oder das Gemächt eines Mannes im Handumdrehen rasieret. Und schließlich gibt es in selbigen Badestuben gar viele Annehmlichkeiten: man kann dort essen und sogar die Nacht zubringen, so man die Gefahren der Straße auf dem Heimweg nach Sonnenuntergang meiden möchte.«
    Nach dieser seiner Rede bestand er darauf, mich bis zu besagten Badestuben zu begleiten, und indes er mit der Mütze in der Hand auf so untertänige und furchtsame Art zu mir sprach, überkam mich die Reue, daß ich ihn so hart angefahren hatte. Um also leutseliger zu erscheinen, fragte ich ihn in einem sanfteren Ton, wie es käme, daß er geschlitzte Lippen hätte.
    »Oh, gnädigster Herr!« rief er zitternd, »Ihr macht Euch lustig! Denn Ihr wißt es doch so gut wie ich!«
    »Nein, keineswegs!« erwiderte ich.
    »Gnädigster Herr, Ihr wollt mich foppen!«
    »In drei Teufels Namen!« schrie ich, »wenn ich dir sage,

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