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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hineinzubeißen. Oh! dachte ich, ein Frauenzimmer vom Dorfe! Daß es ein Dorf in der Umgebung von Paris war, machte wenig Unterschied: in ihrer drallen Weiblichkeit erinnerte sie mich an die Cathau des Cabusse und die Jacotte des Coulondre.
    Die Baderin reichte Babeau zwei dicke Tücher von einem Stapel auf dem Ladentisch, welche Babeau entgegennahm und an ihre Brust drückte, wie sie’s mit einem Liebhaber täte; darüber warf sie mir einen Blick zu und bedeutete mir, ich solle ihrfolgen. Worauf sie so flink vor mir herging, daß ich nur mit Mühe folgen konnte, höchst betrübt, daß sie in ihrer Flinkheit unserem Gang ein baldiges Ende setzte, denn ich finde gewöhnlich eine große Annehmlichkeit darin, ein hübsches Frauenzimmer zu betrachten, welches vor mir herläuft.
    Babeau führte mich in ein Untergeschoß, wo sie ein Kämmerchen öffnete, dessen vergittertes Fenster ebenerdig auf einen kleinen Garten ging. Das Kämmerlein war recht sauber, ebenso das Bett, welches auch hinlänglich breit war, der Badezuber jedoch hatte eine Form, welche mich höchstlich verwunderte: er war nicht rund, sondern länglich geformt wie ein kleines Schiff aus Holz, nur daß das Wasser sich darinnen und nicht draußen befand und auch heiß und dampfend war. Nachdem sie das Trockentuch aufs Bett und das Zubertuch in den besagten Zuber gelegt, trat Babeau an mich heran und begann, meine Kleider aufzuknöpfen.
    »Wie, Babeau!« sprach ich, »du entkleidest mich? Bin ich etwa eine Dame, daß ich Anrecht habe auf eine so schöne Kammerjungfer?«
    »Mein edeler Herr«, erwiderte darauf die Babeau, »es ist Brauch, den Badgast zu entkleiden, zumal ich Euern nackten und bloßen Leib auch eingehend zu betrachten habe, um zu sehen, daß Ihr weder Pestbeulen noch Blattern oder Finnen sowie auch keinen Schanker am Schamglied habt.«
    »So ist es recht«, sprach ich, »als Arzt erachte ich diese Regel für sehr angebracht.«
    »Wie!« fragte sie, »Ihr seid gar kein Edelmann?«
    »Doch, ich bin einer, und ein Doktor dazu.«
    »Oh, hoher Herr«, sprach sie da, in liebreizender Verlegenheit errötend, »so Ihr Arzt seid, darf ich Euch dann anvertrauen, was mich bedrückt?«
    »Sprich nur.«
    Worauf sie sich auf die Zehenspitzen erhob und mir mit leiser Stimme etwas ins Ohr flüsterte.
    »Das ist nicht weiter schlimm«, antwortete ich lachend. »Ich werde dir sagen, welche Kräuter da Abhilfe schaffen und wie du sie anwenden mußt.«
    Ich erntete tausend Dank für dieses Versprechen, und da ihre weichen Finger das Entkleiden nun um so sanfter fortsetzten, sagte ich im Scherz:
    »Ei, Babeau! Wie unvorsichtig! Mich auf die Art auszuziehen, wie du es tust, ist doch geradeso, als hielte man den Finger zwischen zwei Mühlsteine. Ehe du dich versiehst, wird alles andere mit hineingezogen: Arme, Schultern, Brust, Hinterteil. Und dann kommst du Arme am anderen Ende ganz kleingemahlen wieder heraus!«
    Worauf sie lachte:
    »Hoho, Monsieur! Wie ergötzlich Ihr seid! Aber das darf nicht sein. Mein Mann ist ein Metzgergeselle und so eifersüchtig und ungestüm, daß er alle Nasen lang mit seinem großen Messer in der Hand hier hereingestürmt kommt und schreit: ›Wo ist Babeau? Wenn die Hündin mir Hörner aufsetzt, schlitze ich ihr den Leib auf!‹ Aus welchem Grunde, hoher Herr«, setzte sie mit einem Knicks hinzu, »so schön und wohlgestalt Ihr seid, ich mich hüten werde, ins Mahlwerk zu kommen …«
    Dies ward mit solcher Artigkeit gesagt, daß ich mich nicht beleidigt fühlte, zumal ich ja nur im Scherz gesprochen, um zu sehen, wie weit die angenehmen Dienste der Schönen gingen.
    Nachdem die Babeau mich nun bis auf die Haut entkleidet, betrachtete sie mich peinlich genau, ohne auch nur einen Zoll auszulassen, worauf sie mich so frisch und gesund befand wie keinen anderen Sohn einer guten Mutter und mich sogleich zum Badezuber führte.
    »Bist du sicher, Babeau«, fragte ich und zögerte hineinzusteigen, »daß dein Wasser so sauber und ohne Makel ist wie ich? Kommt es aus dem Seine-Fluß?«
    »Wo denkt Ihr hin, Monsieur!« entgegnete sie, »aus dem Seine-Fluß! Warum nicht gleich aus der Kloake von der Place Maubert? Dieses Wasser kommt aus unserem Brunnen, welcher alljährlich gereinigt wird.«
    Erleichtert durch ihre Beteuerungen, stieg ich ins Wasser. Oh, Leser! Welche Wonne, seinen Leib im Bade auszustrecken! Wie wohlig fühlt man, sobald das klare Wasser ihn umschmeichelt, alle seine Glieder! Gott allein weiß, welchem glücklichen Umstand wir

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