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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Quéribus betrachtend, der in seiner prächtigen Kleidung stolz daherschritt, so daß mir das Herz vor Haß und Bewunderung schlug, »es ist doch unbestreitbar, daß diese Lustknaben die abscheulichste Art von Ungeziefer sind, dem der Himmel je erlaubt hat, auf der Erde herumzukriechen.«
    »Aber Moussu!« entgegnete Miroul ganz erschreckt, »was sprecht Ihr da? Glaubt Ihr, das Perigurdinische ist hier so unbekannt …«
    Er konnte nicht weitersprechen, denn im selben Augenblick ließ sich die Stimme Quéribus’ vernehmen, welcher mit seinen Begleitern schon an uns vorbeigegangen war und nun, den Kopf wendend, laut und deutlich sagte:
    »Diese Bauern sprechen Okzitanisch.«
    Samsons Arm loslassend, fuhr ich herum wie von einer Natter gebissen und sagte mit scharfer, jedoch beherrschter Stimme:
    »Bauern, Monsieur?«
    »Oh, Moussu!« rief Miroul verzweifelt.
    »Bauern, mein Herr!« erwiderte Quéribus mit einer tiefen Verbeugung, »Bauern, in gelehrtem Latein:
rusticus .«
    »Monsieur«, sprach ich, mich ebenfalls verbeugend, »dies ist eine Beleidigung.«
    »Nach meinem Bedünken ist es keine solche!« hub da der Marquis d’O an, dessen erstaunte Blicke zwischen Quéribus und mir hin und her gingen; die Hand mit Nachdruck auf den Arm von Quéribus legend, fügte er hinzu:
    »Baron von Quéribus sagte: Dieser Bauer spricht Okzitanisch. Damit meinte er den Diener und nicht den Herrn.«
    »Ich meinte beide«, entgegnete darauf Quéribus mit allergrößter Unbekümmertheit.
    »Quéribus!« mahnte der Marquis d’O stirnrunzelnd, »was soll dies? Eine Herausforderung! Hier im Louvre! Wollet Ihr die Gebote des Königs und
Monsieurs
1 mißachten?«
    »Keineswegs!« erwiderte Quéribus mit sanfter Stimme, mich jedoch mit unverschämten Blicken schier erdolchend. »Ich erachte das Wort Bauer nicht als beleidigend, denn ich verstehe darunter einen Fußsoldaten ländlicher Herkunft. Und Monsieur de Siorac, welcher vor kurzem aus seinem heimatlichen Périgord gekommen ist, muß wohl oder übel solcher Herkunft sein.«
    Ha! dachte ich, der feine Kavalier hat Monsieur de Nançay nach meinem Namen und Herkommen gefragt, und jetzt verstehe ich auch, aus welcher Ursache. Doch ich schwieg, sehr wohl begreifend, daß Quéribus den Streit beileibe nicht beilegen, sondern mir die Schuld daran aufbürden wollte.
    »Herr Baron«, sprach ich, »ich nehme Eure Erklärung an. Doch wäre es mir genehm, so Ihr Euch herbeiließet, das Wort Bauer zurückzunehmen, denn obgleich es nach Euerm Verständnis einen Kriegsmann bezeichnet, deucht es mich doch unpassend für einen Edelmann.«
    »Mich deucht es, ganz im Gegenteil, vorzüglich passend für einen Edelmann, welcher das Glück hatte, inmitten von Schweinen aufzuwachsen.«
    »Quéribus!« schrie der Marquis d’O.
    »Herr Baron«, entgegnete ich beherrscht, »wenn man es recht bedenkt, sind wir wohl alle so etwas wie Tiere, davon die einen besser, die anderen schlechter zu denken vermögen, wie ich sehe. Und vermeinet Ihr«, fuhr ich mit einer erneuten Verbeugung fort, »daß die Feldratte soviel geringer als die Stadtratte ist?«
    Worauf der junge Maugiron, töricht und unbedacht, wie einer seines Alters zuweilen ist, aus vollem Halse zu lachen anhub, was nicht verfehlte, Quéribus noch mehr zu reizen und anzustacheln.
    »Ratte, Monsieur?« fragte er mit gerunzelter Stirn.
    »Stadtratte«, entgegnete ich.
    »Dies ist eine Beleidigung!« schrie Quéribus, doch mehr frohlockend denn beleidigt.
    »Ich vermeine, daß es keine ist!« sprach der Marquis d’O eilends. »Hat doch Monsieur de Siorac sich selbst als eine Feldratte bezeichnet.«
    »Damit erweist Monsieur de Siorac sich selbst Gerechtigkeit, nicht jedoch mir«, entgegnete Quéribus hochmütig. »Ant wortet , Monsieur: Bin ich eine Ratte?«
    »Eine städtische,
urbanus
in gelehrtem Latein.«
    »Hoho!« schrie Quéribus verächtlich,
» urbanus!
Herr von Siorac versucht’s mit Latein, wo’s ihm an Mut gebricht!«
    »Herr Baron«, sprach ich, »waret Ihr nicht der erste, der das Beispiel eines solchen Versuches gab?«
    Worüber der junge Maugiron wieder lachte.
    »Ja, lacht nur, Maugiron, lacht!« schrie Quéribus, nunmehr außer sich, und fügte hinzu, alle Brücken hinter sich abbrechend: »Monsieur de Siorac wird noch mehr lachen, wenn ich ihm ein zweites Loch in sein lächerliches geflicktes Wams gestochen habe!«
    »Diesmal, Herr Marquis«, sprach ich, zu d’O gewandt, »ist es eine Beleidigung, herausfordernd, drohend und

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