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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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sein Aufschlag zu wünschen übrigläßt. Spielet Ihr auch, Monsieur de Siorac?«
    »Besser als Téligny, aber nicht so meisterlich wie Guise.«
    »Und Euer hübscher Bruder?« Delay beugte sich etwas vor, um meinen Samson besser betrachten zu können, welcher mit kummervollem Gesicht dasaß und wohl schon zu sehen vermeinte, wie mir ein Degen mitten ins Herz gestoßen ward.
    »Ist dem Ballschlagen nur wenig zugetan.«
    »Und ist er immer so schweigsam?«
    »Immer.«
    »Ist das nicht wundersam!« rief Delay. »Darin ist er mein ganzes Gegenteil, denn für mich reichen die Stunden des Tages nicht aus, mich all der Wörter zu entleeren, die mir die Wangen blähen.«
    Worüber ich lachte und er selbst auch, denn trotz seiner Dünkelhaftigkeit war er von leutseliger Gemütsart. Ich wollte indes seine Aufmerksamkeit von meinem Bruder ablenken, da ich fürchtete, Samson könne unratsame Bemerkungen zum Gegenstande der Religion äußern, und so sprach ich zu Delay:
    »Wie kommt es, daß Guise sich herbeiläßt, mit dem Tochtermann Colignys zu spielen, wenn er von letzterem vermeint, er habe seinen Vater umbringen lassen?«
    »Der König will es so, denn er predigt Versöhnung. Monsieur de Téligny hat als Mittelsmann zwischen Coligny und dem König gedient, ehe die gegenwärtige Verständigung zwischen den Hugenotten und uns zustande kam. Und seit dieser Zeit überhäuft der König diesen Téligny mit Gnadenbeweisen, welchselbiger sie für bare Münze nimmt.«
    »Vermeinet Ihr, daß er das nicht sollte?« fragte ich und betrachtete den Ballmeister voller Wißbegier.
    »Mein edeler Herr«, gab Delay mit einem halben Lächeln zur Antwort, »am Hofe kann man auf nichts trauen. Alles ist wandelbar, die Gnade wie die Ungnade. Und überdies: wer von dem einen König geliebt wird, zieht sich den Haß des anderen zu.«
    »Was!« rief ich erstaunt, »aber wir haben doch nur einen!«
    »Wir haben derer vier«, entgegnete Delay mit leiser Stimme. »Den gekrönten und gesalbten König. Den König der Königinmutter: den Herzog von Anjou. Den König der Hugenotten: Coligny. Und schließlich Guise, den König von Paris.«
    »Beim Ballschlagen zumindest«, sprach ich
sotto voce
, »er weist sich der König von Paris dem Tochtermann des Königs der Hugenotten tausend Artigkeiten. Sehet nur, wie er ihm zulächelt und ganz betrübt scheint, daß er ihm so viele Punkte abgewinnt.«
    »Er lächelt ihm zu«, sagte Delay, »doch wenn er nicht den Zorn des Königs fürchten müßte, würde er ihm ohne Zögern den Hals umdrehen wie einem Huhne. Und auch dem Coligny wie allen anderen Ketzern.«
    Dem Himmel sei Dank, Delay hatte so leise gesprochen, daß seine Worte nicht an das Ohr meines viellieben Bruders gedrungen waren, denn anderenfalls hätte vielleicht Samson in unratsamer Weise darauf geantwortet, was dem Vertrauen, das der Ballmeister mir entgegenbrachte, sogleich ein Ende gesetzthätte wie auch seinem Geschwätz, welches ich höchst kurzweilig fand, so viel wußte dieser Mann vom Hofe, ohne vom Hofe zu sein, und von den Großen, die darin ein und aus gingen.
    Indes ich die Ballspieler eingehender betrachtete, deuchte mich in der Tat das Lächeln des Guise so falsch wie das von Téligny offen und ehrlich; Téligny, der geradewegs aus seinem heimatlichen Rouergue kam, zeichnete sich durch eine beträchtliche Gewandtheit seines Leibes aus, war von freundlichem als auch gutmütigem Angesicht und schien sich (in Einfachheit seines Herzens) viel darauf zugute zu halten, so gnädig am Hofe empfangen und vom König und den Großen des Landes umschmeichelt zu werden.
    »Und wer ist«, so fragte ich weiter, jener Edelmann, der das Amt des Schiedsrichters ausübt und so ungeduldig auf Nançay zu warten scheint, damit das Viererspiel beginnen kann?«
    »Der Chevalier d’Angoulême. Doch man nennt ihn nur den Bankert, weil er die Frucht eines Werkes der Unzucht zwischen Heinrich II. und einer Irländerin ist.«
    »Er hat«, so bemerkte ich, »pechschwarze Haare und Brauen, so wie auch seine Augen und seine Haut recht dunkel sind.«
    »Desgleichen seine Seele«, erwiderte Delay. »Sehet nur, wie tief seine Augen in ihren Höhlen liegen und wie eng sie beieinanderstehen, was ein Anzeichen einer zu Grausamkeit neigenden Gemütsart ist. Doch der König liebt diesen schwarzen Kerl, welchen er stets um sich haben will und dem er seine niederen Werke überträgt.«
    »Seine niederen Werke?«
    »Jeder hier weiß«, flüsterte mir Delay ins Ohr, »daß der

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