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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Lächelns fort, »dann müßte ich Euch von meinen Wachsoldaten zu Seiner Hoheit tragen lassen.«
    »Ei, welche Last wäre das für sie!« erwiderte ich lächelnd, »und welch seltsame Kutsche für mich! Monsieur de Montesquiou, ich folge Euch. Ihr habt mich überzeugt!«
    Doch auf mein Lächeln antwortete Montesquiou nur mit einer finsteren, verschlossenen Miene, so daß ich im Schloßhof, da Samson und ich vor ihm hertrotteten wie Schafe vor dem Schäferhund, mich umwandte und leise fragte:
    »Monsieur de Montesquiou, ist die Sache ernst?«
    »Das weiß ich nicht zu sagen«, gab er mit undurchdringlichem Gesicht zur Antwort, jedoch blickte Seine Hoheit gar grimmig drein und befahl, daß Ihr unverzüglich zu erscheinen hättet.«
    Indes ich meinen Schritt verlangsamte, so daß er nun an meiner Seite ging, betrachtete ich schweigend die beiden schwarzen Striche, die sich quer über sein Angesicht zogen und diesem kein sehr freundliches Aussehen gaben. Da mir sein Schweigen schließlich schier unerträglich ward, versuchte ich, den Schalk zu spielen, und sprach:
    »Nach Eurer Miene zu urteilen, Herr von Montesquiou, könnte man meinen, Ihr führtet mich zu einem Richter, welcher mich noch heute nacht mit der Bastille zu vermählen gedenkt!«
    »Ich weiß nichts«, sprach Montesquiou, kaum den Mund öffnend. »Habt Ihr Streit gehabt?«
    »Ja.«
    »Dann könnte dem so sein.«

SIEBENTES KAPITEL
     
    Monsieur de Montesquiou führte uns im neuen Flügel des Louvre in eine Folge von Gemächern, zu denen die gewöhnlichen Höflinge keinen Zutritt hatten und welche zu ihrer Zierde prächtige vergoldete Kassettendecken aufwiesen, worauf Helme, Lanzen, Messer und Piken zu sehen waren, wie sie in alter Zeit als Beute zur Schau gestellt wurden. Die Wände waren mit kostbaren Stoffen bespannt und der getäfelte Fußboden mit großen, dicken Teppichen belegt – schmückendes Werk, das ich gewißlich mit staunenden Augen bewundert haben würde, hätte mir nicht das Herz so schrecklich in der Brust geschlagen ob der mißlichen Lage, in welcher ich mich befand, als auch ob des erlauchten zornigen Gebieters, vor dem ich zu erscheinen hatte. Zudem warf mir Samson, welcher schweigend an meiner Seite ging, so mitleidsvolle Blicke zu, daß mir die Kehle wie zugeschnürt war; auch schämte ich mich sehr, mit meinem Wams eine so klägliche Erscheinung vor Seiner königlichen Hoheit abzugeben, und hätte es tausendmal vorgezogen, in nüchternes Schwarz gekleidet zu sein wie mein viellieber Bruder, anstatt in einem so verachtenswerten Kleidungsstück vor den Herzog zu treten.
    Zunächst sah ich Heinrich von Anjou gar nicht, denn er war umgeben von erlesenen jungen Edelleuten, welche sich bei unserem Eintritt alle zugleich umwandten und uns voller Neugier betrachteten, als wären wir wunderliche Tiere, welche man erst denselben Morgen aus Amerika herbeigebracht. Dabei sprachen selbige Edelleute mit leiser Stimme zueinander, bewegten immerfort den Kopf, den Oberkörper oder die Glieder, zwirbelten sich den Bart, wiegten sich in den Hüften, verlagerten das Gewicht ihres Leibes bald auf dieses, bald auf jenes Bein, strichen mit ihren feinen Händen über die Locken und Haarwellen, welche ihre Köpfe schmückten, ihre Rede immer wieder mit einem Bei meinem Gewissen oder einem Ich könnte vergehen untermalend, welche Ausrufe ich schon von der Baronindes Tourelles gehört und die hier mit spitzen Lippen gehaucht wurden, als bekämen sie so neuen Reiz und Bedeutung.
    Ich bemerkte, daß trotz der Hitze alle einen Umhang trugen, welcher jedoch so kurz war, daß er ihnen kaum bis zur Wespentaille reichte. Einige indes trugen ihn nicht über den Schultern, sondern am Oberarm befestigt, so daß er tiefer herabreichte und – wenn sich sein Träger drehte – flatterte, als wär’s der einzige Flügel dieser vielfarbigen Vögel. Auch gewahrte ich, daß fast alle sich darin gefielen, den einen Ärmel ihres Wamses offen zu tragen, den anderen jedoch eng zugeknöpft, sowie Ärmel (samt Unterfütterung der sich bauschenden Schlitze) von unterschiedlicher Farbe zu haben und die Wämser so breit in den Schultern, daß jemand bequem einen wohlgefüllten Beutel hätte unter der Achsel tragen können, die Kniehosen hingegen eng und gefältelt wie eine Weiberunterhose, die Strümpfe dann wiederum von anderer Farbe als die Hosen, und der linke in einem anderen Ton der gleichen Farbe als der rechte, die Halskrause, darauf ihr Kopf ruhte wie auf einem Teller,

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