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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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gestärkt und aus reinstem Weiß; auf dem Kopf mit dem gekrausten Haar ein Barett nach italienischer Art, verziert mit einem Federbusch, welches Barett mich an die Haube erinnerte, die meine Mutter einst getragen; die Augenbrauen gezupft zu einem schmalen, zierlichen Bogen; das Angesicht – zwar leicht nur – rot und weiß geschminkt, das Ohr – eines, nicht beide – behangen mit einer Perle oder einem Demanten; das Auge sanft und argwöhnisch; die feingliedrige, beringte Hand auf dem Knauf des Degens, welchen diese gefährlichen Schönlinge trefflich zu handhaben wußten, denn trotz ihres verweichlichten Aussehens fehlte es ihnen nicht an Gewandtheit, Mut noch Furchtlosigkeit, was sie in den Kriegen gegen uns wacker unter Beweis stellten.
    Mein Samson bestaunte die Kleiderpracht und den Aufputz dieser wunderbarlichen Kavaliere mit offenem Maul, denn dergleichen hatte er in seinem Leben noch nie gesehen, auch nicht im Louvre, allwo der gewöhnliche Hofmann sich trotz seiner farbigen Kleidung neben diesen schillernden Paradiesvögeln so kläglich ausnahm wie ein gemeiner Hahn auf dem Mist. Ich meinerseits – höchst beschämt ob der auf mich gerichteten glänzenden Augen, schier erstickt von den Düften der wohlriechenden Wässer, womit diese Stutzer sich besprühten, und kaum etwas verstehend von ihren Reden, so schleppend undgeziert war ihre Sprache, so entstellt kamen ihnen die Worte von den Lippen – wagte nicht weiterzugehen, denn sie standen dicht gedrängt, indes ich bemüht war, den Kopf hoch zu tragen, auch wenn ich kein so prächtiges Federkleid trug wie sie.
    »Meine Herren, habet die Güte und tretet beiseite!« rief Montesquiou, welcher mit seinem gebräunten Gesicht und den beiden dicken schwarzen Strichen darauf sich ausnahm wie ein Rabe unter all diesen fremdländischen Vögeln, welche er sowenig zu lieben schien wie diese ihn, denn sie machten nur widerwillig Platz, verzogen dabei die Gesichter und rümpften die Nase, als röche der Hauptmann übel, indes einige gar die Hand an den Degen legten, als wollten sie ihn gleich durchbohren, welche Gebärden Montesquiou jedoch übersah; seine Augen waren allein auf den Herzog gerichtet, zu welchem er nach einem steifen, tiefen Kratzfuß, bei dem er das Knie bis zum Boden senkte, sprach:
    »Der Wille Eurer Hoheit ist geschehen: die Herren Siorac stehen vor Euch.«
    Worauf Stille eintrat und all die schönen Kavaliere unversehens schwiegen mit andächtiger Miene und schier verzückten Augen, weil der Herzog mit einer Geste seiner schönen Hand bedeutet hatte, daß er zu sprechen gedenke.
    Doch hub er nicht sogleich an, sondern betrachtete meinen Samson und mich höchst aufmerksam, dabei vielleicht auch trachtend, uns das ganze Gewicht seiner Macht spüren zu lassen, gibt es doch in dieser Welt zwei Arten zu schweigen: die des Untertanen und die des Herrschers; denn obzwar der Herzog von Anjou auf einem Armsessel ohne jegliche Zierung saß, welcher unmittelbar auf dem Fußboden stand, wirkte selbiger doch wie ein Thron, so majestätisch saß der Herzog darauf, worin er sich gar sehr von seinem Bruder Karl IX. unterschied, welcher selbst in seinem grimmigsten Zorn etwas Kindisches an sich hatte. Nicht daß sich der Herzog in seiner Ausstaffierung von den ihn umgebenden Stutzern unterschied, denn die Ausgefallenheiten, welche ich bei diesen wahrgenommen, fanden sich auch bei ihm wieder (der ja in Wahrheit ihr Urheber und Ausgangspunkt war), nur hatte er sich an diesem Tage einer einzigen Farbe verschrieben: er trug ein Wams von weißem Satin, verziert mit Edelsteinen und Perlen, welche in dichten Reihen Brust und Schultern überdeckten.
    Mir schien er nicht so schön von Angesicht, wie man überall erzählte, hatte er doch die lange, dicke Nase derer aus dem Hause Valois wie schon sein Vater und sein Großvater. Seine Augen indes machten diese Unvollkommenheit sogleich vergessen, denn sie waren samten, groß, schwarz, mandelförmig, dazu lebhaft, argwöhnisch, aufmerksam, glänzend, und sie verrieten eine gewisse Anmut des Geistes, die den Betrachter sogleich in seinen Bann zog.
    Ich allerdings stand nicht vollends in seinem Bann, denn seine Physiognomie schien mir weniger auf eine fröhliche und milde Gemütsbeschaffenheit hinzudeuten – welche einem großen Herrscher stets etwas Beruhigendes verleiht –, sondern eher auf Bitterkeit und Melancholie, die in seinen Mundwinkeln wohnten und erkennen ließen, daß die Seele dieses so jungen und von den

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