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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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kokette Gebärden, davon sie wohl wußte, wie sehr sie mich entzückten –, »saget nichts Schlechtes über die Papisten!«
    »Was, Zara!« sprach ich sotto voce, »hast du deinen Mantel gewendet?«
    »Monsieur«, antwortete sie, »ich hänge dem Glauben derjenigen Person an, die mich liebt: dem hugenottischen bei d’Ássas, dem katholischen bei Dame du Luc. Doch wo, Herr, ist der Herzog von Guise? Man sagt, er sei schön.«
    Worauf ich nicht antworten konnte, denn auf dem Schaugerüst begann eine große Bewegung, nachdem der König sich erhoben und mit der Königinmutter am Arm auf das Portal von Notre-Dame zuging, um dort die Messe zu hören, indes Navarra, welcher selbige nicht hören wollte, sich zum Domstift verfügte (auf der linken Seite der Kathedrale gelegen), wohin der Prinz von Condé, Admiral Coligny, dessen Tochtermann Téligny, der Graf La Rochefoucauld sowie andere hohe protestantische Edelleute ihm folgten. Die Braut indes folgte dem König am Arme des Herzogs von Anjou, welcher während der heiligen Messe den Platz des Bräutigams einnahm.
    Auf dem Gerüst gab es nun einiges Hin und Her, denn die Papisten strömten in die Kirche, indes die Hugenotten dem Domstift zustrebten, dort das Ende der Messe abzuwarten, wonach Margot wieder auf dem Gerüst erscheinen würde, allwo dann die Trauung dieser beiden seltsamen Eheleute vorgenommen werden sollte, welche sich in der Ausübung ihres Glaubens trennten, ehe Gott sie vereinte.
    »Anstatt«, sprach Quéribus mit leiser Stimme, während wir Margot am Arme d’Anjous schreiten sahen, »sich ihrem Bauerntölpel aus Navarra zu vermählen, hätte die Schöne, wenn sie schon nicht den Guise bekommt, gewißlich viel lieber auf pharaonische Art ihren Bruder geheiratet. Vielleicht habt Ihr in Euern Provinzen gehört, daß sie’s in ihren jungen Jahren gar wacker mit ihm getrieben?«
    »Was!« rief ich, »dies soll kein abscheuliches Gerücht sein? Von wem weiß man es?«
    »Aus guter Quelle: von Margot selbst.«
    »Und der Herzog?«
    »Der verfolgt sie mit einer Haßliebe, seit sie sich dem Guise zugewandt. Der König und Alençon desgleichen. Echtes florentinisches Blut läßt sich nicht verleugnen: Margot wird von ihren drei Brüdern auf italienische Art geliebt, nämlich eifersüchtig.«
    Erschreckt ob derart unzüchtiger Reden, warf ich einen Blick um mich und sah, daß das geschwisterliche Paar bei seinem Gang in die Kirche vom gesamten Hofstaat mit Flüstern, verstohlenen Blicken und Lächeln verfolgt ward, was deutlich zeigte, wie wenig Achtung die buckelnden Höflinge für ihre Herren empfanden. Ha! dachte ich, jetzt verstehe ich, warum das Volk von Paris so widersetzlich, aufrührerisch und streitbar ist: das Beispiel kommt von oben.
    Trotz meines hugenottischen Glaubens verursachte mir mein Gang in die papistische Kirche nur geringe Gewissensbisse, welche ich gleich beim Entstehen unterdrückte, da ich doch um der Höflichkeit willen die Damen und meinen lieben Quéribus nicht an der Kirchentüre hätte verlassen können. Doch ohne dir, lieber Leser, so du der Religion des Königs anhängst, zu nahe treten zu wollen – wie endlos lang erschien mir trotz allem festlichen Gepränge diese Messe, welche vier endlose Stunden dauerte, als hätten die Domherren des heiligen Kapitels sie willentlich verlängert, um Navarra und die Reformierten zu ärgern; selbige gingen während dieser Zeit im Domstift auf und ab, begleitet von dem Murren und den Schmährufen der Volksmenge, welche die tapferen Edelleute vermöge ihrer Überzahl mit bloßen Händen erwürgt hätte, wären nicht die Schweizer und die Leibgardisten auf ihrem Posten gewesen. Doch wie ich später hörte, kam es zu höchst schimpflichen und gemeinen Worten, und es gibt wohl keine Beleidigung noch Drohung, die ihnen nicht zugeschrien worden wäre: »Ha, ihr Ketzerhunde, ihr Hundsfötter, ihr Abgesandten der Hölle! Ihr wollt die Messe nicht hören, aber wir werden euch dazu zwingen!« Worauf die Unseren, nicht viel klüger noch besonnener, mit lästerlichen Spottreden auf Maria und alle Heiligen antworteten, welche sie gewißlich besser in ihren Mündern hätten verschließen sollen, denn sie schürten die Flammen des wilden Hasses der Menge nur um so mehr, so daß zu befürchten stand,daß auf dem heißen Pflaster von Paris jeden Augenblick ein blutiges Gemetzel ausbrechen würde.
    Ich selbst gewahrte davon nichts, denn ich hörte – nunmehr zum zweiten Male – die Messe, und da ich sie zu

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