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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Notre-Dame hörte, war ich ganz überwältigt von den feierlichen Handlungen, welche vor dem Altar stattfanden, allwo die Priester, angetan mit der Mitra und prachtvollen Meßgewändern, würdevoll einen solchen Pomp entfalteten, als wollten sie damit das Hofzeremoniell übertreffen. Noch niemals hatte ich unter so gewaltigen Gewölbebögen ein solches Schauspiel erlebt, und hätte ich allein meine Augen und Ohren (denn auch die Musik und die Gesänge waren von höchstem Wohlklang) urteilen lassen, wäre ich bezaubert gewesen von der wunderbaren Schönheit dieser Kirchengebräuche; doch erzogen im Geiste der nüchternen hugenottischen Kirchenfeiern, erblickte ich darin auch einen eitlen, überflüssigen Prachtaufwand, welcher mir widerstrebte, sosehr er mich gleichzeitig erfreute, welche Freude im übrigen geringer ward und schließlich ganz verschwand, je länger sich die Stunden dehnten.
    Nach dem
Ite missa est
verließen wir schließlich die kühlen Bögen der Kathedrale und begaben uns wieder zu dem Schaugerüst vor dem Portal, indes die Sonne, nunmehr im Zenit, heiß herniederbrannte. Der König und die Königinmutter nahmen in der Mitte auf zwei Lehnstühlen Platz, und Margot kniete vor dem König an einem der beiden Betpulte nieder, die man während der Messe aufgestellt hatte. Unbewegten Gesichtes trat der Herzog von Anjou zurück und schickte Montmorency, Navarra zu holen, welcher, von seinen Hugenotten gefolgt, aus dem Stift zurückkam und neben Margot niederkniete, vor sich den Kardinal von Bourbon, den Bischof von Digne und zwei italienische Prälaten, die nur zugegen waren, um das einfache Volk glauben zu machen, daß der Papst seine Zustimmung gegeben, und die man weiß Gott wo aufgetrieben haben mußte, so zweifelhaft sahen sie aus.
    Bleichen Gesichts, die Miene verkniffen, ließ Margot die feierlichen Worte des Kardinals über sich ergehen, und sei es, daß sie nur ihrer natürlichen Abneigung gegen diesen Ehebund nachgab, sei es, daß sie dies kleine Spielchen in der Hoffnung trieb, die Kirche könne darin dereinst einen Grund zur Auflösung der Ehe finden – als ihr die Frage gestellt ward, ob sieeinwillige, »Heinrich von Bourbon, den König von Navarra« zu ihrem Ehemann zu nehmen, antwortete sie mit keinem Ton, sondern verharrte stumm und reglos wie eine Salzsäule, den Kopf steif, die Augen starr, das Gesicht unbewegt. Man kann sich wohl vorstellen, welche Bestürzung und Fassungslosigkeit da den Hof ergriff und wie alle für kurze Zeit schier den Atem anhielten, bis die Königinmutter, die niemals ihre Kaltblütigkeit verlor, sich vorbeugte und dem König einige Worte ins Ohr flüsterte, worauf dieser sich mit ergrimmtem Gesicht aufrichtete, Margot von hinten am Halse packte mit jener groben Hand, welche sie schon so gehörig verprügelt hatte, als ihr buhlerischer Umgang mit dem Guise entdeckt ward, und sie solcherart zwang, den Kopf zu beugen, welche erzwungene Haltung der Kardinal sogleich als Zustimmung nahm; in seinem erhabenen Latein der ehelichen Einsegnung fortfahrend, sprach er die feierlichen Worte, welche das glückliche Paar für alle Zeiten, gute wie schlechte, miteinander verband, davon die schlechten schon angebrochen waren.
    Wir brauchten eine geschlagene Stunde, um zu unserer Kutsche zurückzugelangen, so dicht war das Gewimmel in der Cité geworden. Nach dem zu urteilen, was ich rings um mich hörte, und obgleich alle sich anschickten, das Ereignis (so hassenswert es ihnen schien) mit Essen, Trinken und Tanzen zu feiern (die papistischen Pfaffen drückten bei letzterem, darin weniger streng als unsere Pastoren, ein Auge zu) – mich deuchte, daß der Ehebund, nun er geschlossen, dem Volke nicht weniger widerwärtig geworden. Zumal die Geistlichen, welche sich in großer Zahl unter die Menge gemischt fanden, auf allen Straßen und Gassen – wie sonst von der Kanzel herab – gar erschrecklich gegen Jesabel und Ahaab wetterten, damit Katharina und den König meinend, welche man verdächtigte, heimlich den Glauben der Reformierten zu unterstützen – ein Beweis, daß in diesem Jahrhundert des blinden Fanatismus ein jeder für den anderen ein Ketzer war, denn mit dem Namen Jesabel hatten schon die Unseren Katharina belegt, nachdem sie zu Bayonne in einem schändlichen Schacher mit Philipp II. versucht hatte, eine Heirat mit dem spanischen Königshaus gegen den Tod der Hugenotten einzuhandeln.
    Nach der Hochzeit Margots gab es im Louvre vier Tage und vier Nächte lang nur

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