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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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empfangen.«
    »Was!« rief der Ballmeister, wie ein Gascogner sich spreizend, obgleich er doch Pariser war, »Karl verweigert Euch eine Audienz? Bei meiner Seele, dem werde ich Abhilfe schaffen! Glaubet mir, die Angelegenheit ist schon so gut wie geregelt: gleich morgen werdet Ihr mit dem König sprechen! Findet Euch zur zehnten Stunde in meinem Ballhaus ein. Ich werde Euch bei einer Doppelpartie mitspielen lassen, welche Karl mit dem Guise, mit Téligny und dem Bankert von Angoulême bestreiten will; letzterer liegt am viertägigen Fieber mit heftigem Kopfweh darnieder und wird aus dieser Ursach nichtkommen – so werde ich es einrichten, daß Ihr seinen Platz einnehmet.«
    Ich traute meinen Ohren nicht, da ich ihn so entschieden sprechen hörte, als könne er mit dem König beliebig verfahren; denn es schien mir unglaublich, daß ein Ballmeister erfolgreich sein könne, wo Monsieur de Nançay nichts auszurichten vermochte. Doch ich hatte selbst gesehen, mit welch unverblümter Dreistigkeit Delay zu Karl IX. gesprochen, und bei Hofe beobachtet, daß bei weitem nicht immer der Größte den stärksten Einfluß auf die Herrschenden hat; also beschloß ich kurzerhand, die Sache zu wagen, zumal ich nicht viel dabei verlieren konnte: diese Reise nach Saint-Cloud (so hübsch ich diesen Flecken mit seinen Mühlen bei meiner Ankunft gefunden) verlockte mich in Wahrheit nur wenig, da Zaras Arme mich wohl kaum darüber hinwegtrösten würden, Gertrude in denen von Quéribus zu wissen, so sehr würde mir das Herz bluten, Zeuge ihrer Untreue an meinem schönen Samson und in gewisser Weise auch an mir zu sein, der ich doch schwer genug mit mir zu ringen hatte, ihren Reizen zu widerstehen, und sie nicht einem anderen wünschte.
    Ich begab mich also am 22sten um die zehnte Stunde zum Louvre, und als ich mich dem Portal näherte, sah ich den König, umgeben von seinen Edelleuten, aus der Kapelle des Hôtel de Bourbon kommen, wo er wohl die Messe gehört. In demselben Augenblick verließ Admiral Coligny, gefolgt von einigen hohen protestantischen Herren, durch die kleine Pforte den Louvre, so daß die beiden Gruppen, prächtig und bunt die eine, ganz in Schwarz die andere, sich auf dem kleinen Platz vor dem Schlosse begegneten, wo sie sich gegenseitig begrüßten, umarmten und beglückwünschten in einem Überschwang an Freundschaftlichkeit, für die der König ein Beispiel gab, indem er den Admiral »mein Vater« nannte und auf die Wangen küßte. Er faßte ihn am Arm und lud ihn ein, ihm im
Ballhaus zu den fünf Jungfern
beim Paume-Spiel zuzusehen, worin der Admiral aus reiner Höflichkeit und nur »für einige Augenblicke« einwilligte, denn gewiß erachtete er alle Spiele, Bälle, Gastmähler, Festlichkeiten und Schauspiele, welche am Hofe seit der Hochzeit der Prinzessin Margot in wechselnder Abfolge stattgefunden, als überaus eitel und nichtig.
    Ich hatte den Admiral noch niemals aus solcher Nähe gesehen– denn der König der Hugenotten war nicht weniger unnahbar als der König von Frankreich, obgleich er sich mit keinem Pomp umgab und nur wenig Gefolge besaß –, betrachtete ihn also die ganze Zeit mit großer Neugier und befand, er habe ein gar ernstes Aussehen mit einem Ausdruck von Unbeugsamkeit in den hellen Augen, welcher nicht ohne Wirkung auf mich blieb, das Haar unter seinem Barett von violettem Samt war stark ergraut, das Angesicht zerfurcht, doch der Leib noch voller Kraft, was er seiner Mäßigung im Essen und der Strenge seiner Sitten verdankte. Angetan war er mit einem Wams von schwarzem Samt, worauf unter der kleinen hugenottischen Halskrause an einem schwarzen Bande der Sankt-Michaels-Orden prangte, von dem er sich niemals trennte; weiterhin mit gebauschten Kniehosen alter Mode aus gleichem Stoff und gleicher Farbe sowie mit schwarzen Seidenstrümpfen. Seine Füße steckten in Pantoffeln, aus welchen er wohl ständig herausrutschte, denn ich sah ihn zweimal innehalten im Gehen, ihnen unter hartem Aufsetzen der Ferse wieder den rechten Sitz zu geben – eine Nebensächlichkeit, welche ich damals schier belustigt zur Kenntnis nahm, so wenig schien sie mir zur Würde dieses großen Mannes zu passen, welche jedoch trotzdem von unerhörter Bedeutung in der unbarmherzigen Verkettung der Ursachen war und zu einem großen Blutbad führen sollte.
    Unter den Coligny umgebenden protestantischen Edelleuten erblickte ich Geoffroy de Caumont, Seigneur des Milandes et de Castelnau, welcher mein Vetter war, denn meine

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