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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Nachdem die Kugel mit meisterlicher Geschicklichkeit entfernt war, verband Ambroise Paré die Wunde. Als dies geschah, dankte der Admiral uns allen in gesetzten Worten und verlangte mit schwacher, aber festerStimme, daß man ihn entkleide und zu Bett bringe, was sogleich getan ward.
    Ich hatte beobachtet, wie Ambroise Paré, ehe er den Verband anlegte, die Wunde mit einer Quecksilbersalbe bestrich, welche ihm Monsieur de Mazille wortlos gereicht hatte. Sobald nun der Admiral hinter seinem Bettvorhang ruhte, fragte ich mit leiser Stimme nach dem Grund dafür, worauf sich Paré und Mazille einen Augenblick lang stumm ansahen und dann Monsieur de Mazille leise zur Antwort gab:
    »Es ist ein gifttreibendes Mittel, denn es steht zu befürchten, daß die Kugel vergiftet war.«
    So leise er es indes gesprochen, der Fähnrich Cornaton hatte seine Worte verstanden, was nicht ohne Folgen blieb, wie man sehen wird. Nicht daß der Fähnrich boshaft oder heimtückisch gewesen wäre, im Gegenteil! Noch jung an Jahren, schön von Angesicht mit seinen dunklen Augen, dem rabenschwarzen Haar, der geraden Nase, den feingeschwungenen Lippen, schlank und wohlgestalt an Leib und Gliedern, war er Fahnenjunker im Leibregiment Colignys, einer ausgesuchten Reitertruppe, in welcher er sich trotz seines jugendlichen Alters durch seine Tapferkeit, seine Glaubensfestigkeit und seine Ergebenheit gegenüber dem Admiral ausgezeichnet hatte. Daran ist leicht ersichtlich, daß er von ähnlich strenger und geradsinniger Wesensart wie mein Samson war und damit zu schier kindhafter Arglosigkeit neigte, was nicht ohne Gefahr war.
    Ambroise Paré sagte mir, er wolle so lange am Bett des Admirals verweilen, bis ich einen Imbiß zu mir genommen, und dann, nach meiner Rückkehr, Colignys Haus verlassen. Worin ich einwilligte, obgleich meine Anwesenheit und die Ausübung meiner Kunst hier gefordert wurden, ohne nach meiner Genehmlichkeit zu fragen, so sehr galt es als selbstverständlich, daß ich als Hugenott meine Tage und Nächte einzig dem Heil des Admirals zu widmen hatte. Meine Kirche, welcher ich nur mäßig ergeben war, legte mir also weit mehr Verpflichtungen auf, als mir genehm war.
    Ich stieg die Treppe hinab und sah, daß die Menge der protestantischen Edelleute in dem großen Saale angewachsen war; ebenso hatte die Heftigkeit zugenommen, mit der sie ihren Gram und Zorn äußerten, wobei – die meisten waren Gascogner – die Worte immer mehr ihre Gefühle aufstachelten, sodaß die wildesten Drohungen ausgestoßen wurden, nicht nur gegen die Guisen, jenes Natterngezücht, das man austilgen müsse, sondern auch gegen den Hof, die Königinmutter, gegen Anjou, Alençon und sogar gegen den König, welche Drohungen ich nicht ohne die schlimmsten Befürchtungen vernahm, denn ich mutmaßte, daß in diesem lärmenden Haufen gewißlich einige Ohren im Solde der Medici gespitzt würden, was sich später leider als wahr herausstellte.
    Vor dem Haus wartete mein Miroul auf mich, und sobald wir in der Rue des Fossés Saint-Germain waren (denn ich hatte beschlossen, einen Umweg über das Ballhaus zu machen, um Meister Delay zu danken), sprach er leise zu mir:
    »Moussu, dieser Mordanschlag läßt Schlimmes befürchten. Ihr habt Euern Gnadenbrief in der Tasche. Laßt uns also diese schreckliche Stadt verlassen. Laßt uns unverweilt abreisen.«
    »Oh, Miroul«, entgegnete ich, »wie gern wollte ich das, doch ich kann es nicht. Ich bin von Ambroise Paré bestellt, am Krankenbett des Admirals zu wachen, und wie könnte ich mich als Arzt dieser Pflicht entziehen?«
    »Moussu«, hub er wieder an, indes Sorge und Furcht seine sonst so heiteren Augen verdunkelten, »ich flehe Euch an, erinnert Euch, daß Euer Herr Vater Euch anempfohlen hat, in der Stunde der Gefahr meinen Rat einzuholen. Diese Stunde ist gekommen. Paris hat Blut gerochen, und so wird es uns unausweichlich an den Kragen gehen. Wer mit offenen Augen durch die Straßen läuft, kann nicht übersehen, wie die Papisten einen jeden, den sie für einen Reformierten hatten, verhöhnen und beleidigen. Moussu, das Fangnetz wird sich bald über uns schließen, die Schlachtmesser werden schon gewetzt! Entfliehen wir, solange noch Zeit ist!«
    »Ohne Pferde, Monsieur?« fragte ich. »Und ohne die Kutsche von Dame du Luc, welche sich, wie du weißt, zu Saint-Cloud befindet?«
    »Moussu, wir können Pferde mieten. In einem Tag sind wir in Montfort, von dort laßt uns dann unverzüglich aufbrechen in unsere

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