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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ihm angetanen Zwang rächen. Der arme Kerl schlug der Länge lang auf den Boden, was den König so erheiterte, daß er aus vollem Halse lachte und, sein Rakett schwingend, wie ein Hanswurst hüpfte.
    »Ans Werk, Gevatter«, sprach er. »Gottsblitz, wir stecken die beiden in den Sack! Die zweihundert Dukaten gehören mir!«
    Oh, Leser! Ich ließ mich nicht zweimal bitten! Mit meinem Gnadenbrief in der Tasche – so schnell nach all den Widrigkeitenund Hindernissen am Hofe –, ohne daß ich Zeit gehabt hätte, Delay dafür zu danken, stürzte ich mich mit solchem Eifer in das Spiel und schlug dem armen Téligny so viele scharfe Bälle mit verkehrter Hand entgegen, daß der nicht wußte, wie ihm geschah. Und ich erinnere mich gut, daß er keinen einzigen Punkt mehr gewann, ebensowenig Guise, welcher seit dem Weggang Colignys wie abwesend schien, als spiele er blind. So gewannen wir vier Spiele hintereinander, der Markierer schrieb nur für uns, und wir wären wohl im Handumdrehen am Ende der Partie angelangt, wenn nicht plötzlich ein lauter Schrei an der Tür des Ballhauses zu hören gewesen wäre, gefolgt von einem großen Lärm. Dann sahen wir Yolet, den Diener Colignys, auf das Spielfeld stürzen, keuchend, Tränen in den Augen und von panischem Schrecken geschüttelt; er warf sich auf die Knie und rief, die Hände ringend:
    »O Sire! O Sire!«
    »Was zum Henker soll das?« schrie der König ergrimmt. »Man wagt es, den König beim Ballspiel zu stören!«
    »O Sire!« schrie Yolet, welcher sich in seiner Verzweiflung die Haare raufte und die Wangen zerkratzte, »man hat versucht, den Admiral umzubringen!«
    »Was!« sprach da Guise, wie erschreckt auffahrend, »ver sucht ?«
    Und bis ans Ende meiner Erdentage werde ich nicht vergessen, wieviel Enttäuschung in diesem einen Wort »versucht« mitschwang. Ich schreibe mit Bedacht: in diesem einen Wort, denn er sprach nicht weiter und stand nur unbeweglich da, mit starrem Gesicht, die Augen zu Boden gesenkt.
    »Oh!« stieß der König verdutzt hervor und blickte nacheinander auf Yolet, auf Guise und dann auf den Ball, welchen er in der Hand hielt (denn er hatte Aufschlag). Und plötzlich ergrimmte er sich, jedoch auf höchst kindische Art: er schleuderte mit aller Kraft seinen Schläger auf den Boden und schrie wütend:
    »Kann man mir denn nie meine Ruhe lassen!«
    Und nachdem er uns allen ringsum einen bösen Blick zugeworfen, als wären wir schuld an dieser abgebrochenen Partie, ging er mit großen Schritten von dannen, gefolgt von seinem Diener und ohne gefragt zu haben, ob der Admiral tot oder nur verletzt sei. Was dann Téligny mit halb erstickter Stimme tat,indes er Yolet, der auf den Knien lag und weinte und stöhnte, mit beiden Händen schüttelte.
    »Verwundet«, brachte Yolet unter Schluchzen hervor.
    »Monsieur de Téligny«, sprach da der Ballmeister Delay, welcher zu allen Dingen dienstfertig sein Wort zu sagen hatte, zumal er hier Herr im Hause war, »darf ich Euch daran erinnern, daß Monsieur de Siorac Arzt ist?«
    Worauf ich ohne ein Wort hastig mein Wams anlegte und auf einen Wink von Téligny diesem nachfolgte, denn er war schon eiligst losgerannt. Wir liefen um das Hôtel de Bourbon herum, alsdann die Rue des Fossés Saint-Germain entlang, überquerten die Rue de l’Arbre Sec und erreichten endlich die Rue de Béthisy, wo am Rande eines kleinen Platzes das Haus stand, welches der Admiral in Paris gemietet und das, wie ich später erfuhr, den Du Bourgs gehörte, Nachfahren des hugenottischen Märtyrers gleichen Namens, welcher unter Heinrich II. hingerichtet worden war.
    Vor dem Haus und darinnen befand sich eine große Menge von Edelleuten unseres Glaubens, alle sehr empört und erregt ob des Mordanschlages, was sie auch laut kundtaten, in Französisch wie in Okzitanisch (denn viele kamen aus der Gascogne oder den Provinzen des Südens), einige weinend, andere ergrimmt, die Hand am Degengriff und schreiend, daß sie an den Mördern blutige Rache üben, ihnen den Garaus machen wollten! … Téligny vermochte sich nur mit Mühe durch die erregte Menge zu drängen, ich folgte ihm nach, so gut es ging, doch stellte sich mir unversehens ein grimmig aussehender Kerl in den Weg und fragte nach meinem Wohin. Auf meine Antwort, ich sei ein Arzt, schrie er mir ins Gesicht:
    »Der Admiral will keinen papistischen Doctor!«
    »Aber ich bin doch einer der Euren«, antwortete ich.
    Was Téligny sogleich bestätigte, worauf der Kerl, noch immer grollend, mir den

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