Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
auf die Straße wagte, so sehr war die königliche Wache gefürchtet. In ihrer Mitte schritt, neben sich zwei Leibschützen, welche nicht von seiner Seite wichen, der junge König, hochgewachsen, hager, gebeugt, das Gesicht sorgenvoll, so daß man ihm sein jugendliches Alter nicht ansah. Gefolgt ward er von der Königinmutter, schwarz gekleidet wie gewöhnlich, doch angetan mit all ihren Perlen und Edelsteinen, unbeschwerter und lebhafter als ihr junger Sohn, begleitet zu ihrer Rechten vom Herzog von Anjou, trefflich anzusehen in der Blässe seines undurchdringlichen Antlitzes, und zu ihrerLinken vom Herzog von Alençon, ihrem dritten Sohn, welcher nicht nur einen mißgestalteten Leib besaß, sondern auf seinem Gesicht auch noch den Ausdruck von Falschheit, Gemeinheit und Ängstlichkeit trug, der den Betrachter nicht für ihn einnahm.
Nachdem die Weißröcke das Haus des Admirals erreicht, bildeten sie eine Gasse, durch welche der König hindurchschritt, die anwesenden Edelleute leutselig grüßend, welche seinen Gruß mit genüglicher Achtung erwiderten, der Königinmutter und ihren Söhnen jedoch kaum mehr Aufmerksamkeit entgegenbrachten als der Fisch einem Apfel; denn es ging die Rede, daß wohl der König nichts mit dem Anschlag zu tun habe, wie sein Besuch bei dem Verwundeten zu bestätigen schien, Katharina und der Herzog von Anjou indes daran beteiligt seien, da sie den Admiral höchstlich verabscheuten, die erstere, weil er ihr die Macht über ihren Sohn und das Land entziehen wollte, und der letztere, weil der Admiral ihn, seinen Einfluß fürchtend, lieber als König im fernen Polenland sähe.
Als nun der König fragte, ob ein Arzt anwesend sei, lief ich herbei und vermeldete, daß ich die Herren von Mazille und Paré verträte und daß der Verletzte, welcher nur in leichtem Schlummer liege, mit ihm, dem König, wenn er dies wünsche, für kurze Zeit sprechen könne. Der König näherte sich darauf dem Bettvorhang, welchen einer seiner Leibschützen anhob; der Admiral öffnete beim Nahen des Königs die Augen.
»Oh, mein Vater!« sprach der König (denn so liebte er ihn zu nennen), »ich bin sehr betrübt, Euch verwundet und darniederliegend zu sehen.«
»In der Tat, Sire«, erwiderte der Admiral, hocherfreut über die Ehre dieses königlichen Besuches, »eine Sache betrübt mich an dieser Verletzung: sie nimmt mir die Möglichkeit, meinem König zu zeigen, wie sehr ich ihm zu dienen verlange.«
»Ihr werdet genesen, mein Vater«, sagte der König. »Und bei Gott, ich versichere Euch, daß Euch Gerechtigkeit widerfahren soll! In dem Hause, aus dem auf Euch geschossen ward, fand man ein altes Weib und einen Diener, welche man in den Kerker geworfen, um sie auf die Folter zu bringen. Billigt Ihr die Richter, welche ich zur Untersuchung des Falles bestellt habe?«
»Ich billige sie, Sire«, gab der Admiral zur Antwort, wenn Ihr sie für geeignet haltet. Nur bitte ich Euch, daß ihnen Cavagnes, einer Eurer Requetenmeister, beigesellt werde.«
»Das wird geschehen«, sprach der König.
»Sire«, hub da der Admiral mit leiser Stimme wieder an, indes er mir mit der Hand bedeutete, ich möge mich entfernen, »an eines möchte ich Euch erinnern …«
Mehr vermochte ich nicht zu hören, denn ich hatte mich schon umgedreht, um mich zurückzuziehen: dabei sah ich den Blick des Herzogs von Anjou auf mir ruhen und entschloß mich, ihm meine Reverenz zu erweisen wie auch der Königinmutter und seinem Bruder, was sich als nicht einfach herausstellte, standen sie doch wie gefangen in der Menge der hugenottischen Edelleute, welche brummend und murrend vor und hinter ihnen hin und her liefen, ohne ihnen die gebührende Ehre und Achtung zu erweisen. Albert de Gondy befand sich darunter, der Vertraute Katharinas, den sie Karl IX. in seinen jungen Jahren als Freund beigesellt hatte und dem es, wie sein feingeschnittenes, schlaues und verschlagenes Gesicht zeigte, unangenehm war, mit seinen Herren hier auf solche Weise eingeschlossen zu sein. Dem Herzog von Alençon zitterten die Lippen, und er blickte wie ein Hase ängstlich nach allen Seiten. Katharina und Anjou wirkten beherrschter, waren jedoch sehr bleich: man konnte sich leicht vorstellen, daß sie sich gerne tausend Meilen weit weg gewünscht hätten.
Als ich mich gerade vor der Königinmutter, dem Herzog von Anjou und seinem Bruder verneigte, trat Monsieur de Mazille, gefolgt von Cornaton, ein. Die Königinmutter schien höchstlich erleichtert, in dieser
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