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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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wohlbewaffnet waren.
    So lenkte sie ihren Zorn auf den nächstbesten Gegenstand, ein vornehmes Haus ganz in der Nähe, wo alle Fensterscheiben eingeschlagen, die Tür aber unversehrt war. Worüber ich mich sehr verwunderte, denn für gewöhnlich läßt der Pöbel eine Beute, die er einmal ergriffen, nicht wieder fahren. Das Geheimnis lüftete sich, indes ich dem Geschwätz dieser Klatschweiber zuhörte, welche zwar selbst kein Blut vergossen, doch begierig und versessen darauf waren, welches fließen zu sehen, und also die Bewohner des Viertels durch ihre üble Heuchelei aufreizten.
    Das Haus mit den zertrümmerten Fensterscheiben gehörte einem Hugenotten und höchst ehrenwerten Manne, Herrn Pierre de la Place, Vorsteher der Steuerkammer, welchem Coligny die Verwahrung der Gelder der Reformierten anvertrauthatte. Aus dieser Ursache hatte der Stadtvogt Senneçay zu Beginn des Aufruhrs eine Wache postiert, angeblich um den Hausherrn vor dem Volkszorn zu schützen, in Wahrheit aber, wie ich wetten will, um ihn an der Flucht zu hindern, bis der König über sein Schicksal entschieden, einige der Großen am Hofe erachteten es vielleicht für nützlich, ihn über die Gelder der Reformierten zu verhören, ehe er umgebracht ward.
    »Dieses Schlangennest dort ist immer noch da!« geiferte die Alte mit den Hängebacken.
    »Dieser Ketzerhund wähnt sich in Sicherheit, weil man ihm eine Wache ins Haus gesetzt. Doch nur Geduld! Der kommt noch dran!«
    »Bei Gott!« rief die Zahnlose, »halb getan ist nichts getan! Doch verlaßt euch darauf: das Volk wird sein Werk schon vollenden!«
    »Sollen sie auch umgebracht werden?« fragte Crestine, welche die einfältigste von den dreien und wohl auch die mitleidvollste war.
    »Dummköpfin!« schrie das Hängebackengesicht. »Die ranghöchsten Hugenotten sind die teuflischsten! Verlaß dich darauf: ob er der Steuerkammer vorsteht oder nicht, in der Gemeinde Saint-Séverin bleibt keiner von denen leben!«
    »Wohl gesprochen!« sagte die Zahnlose. »Noch ehe der Tag zu Ende geht, hat man sie alle auf die Reise nach Chaillot geschickt!«
    Die drei Weiber lachten. Chaillot war nämlich ein Flecken, flußabwärts von Paris gelegen, vor dem sich die Leichname der armen Gemetzelten, welche man in der Hauptstadt nackt und bloß in den Fluß warf, wegen einer Untiefe stauten.
    Indes die boshaften Alten schwatzten, erschien eine Milchfrau mit ihren Kannen im Tragjoch auf der Straße, welche ihre Milch mit demselben Liedlein anpries, das ich in der Grand’ Rue Saint-Denis am ersten Morgen vernommen, als ich frohgemut neben meinem Miroul durch die große Stadt ritt, die mir damals noch völlig unbekannt.
    Ich mach’ die Runde jeden Morgen,
    um alle Ammen zu versorgen.
    Ich bringe Milch für jedes Kind
    drum reicht die Töpfe her geschwind!
     
    Es war nicht dieselbe blonde Milchfrau, welche hier sang, sondern eine andere, schwarzhaarig und recht unfreundlich, wie mir schien, aber es war derselbe Ruf, der mir – ich weiß nicht warum – das Herz rührte, als brächte er mir neue Lebenshoffnung nach all den blutrünstigen Reden, welche ich soeben gehört und die nun nach und nach verstummten, da die Türen sich öffneten und die Hausfrauen auf den Schwellen erschienen, einen Becher, Topf oder Krug in der Hand, entsprechend der Menge an Milch, die sie zu kaufen gedachten. Bei dieser Ausspendung des lebenserhaltenden Trankes herrscht der übliche einträchtige Friede, sogar die boshaften Alten verstummten, um daran teilzuhaben (heißt es doch, daß selbst die wilden Tiere an der Tränke Frieden miteinander halten, so feind sie sich sonst sind). Auch an dem Haus mit den eingeschlagenen Scheiben tat sich die Tür einen Spalt breit auf, und ein trauriger Mädchenkopf erschien, geziert mit blonden Locken, die unter dem Nachthäubchen hervorsahen, die Jungfer wagte wohl nicht zu rufen, denn sie blickte nur bittend mit ihren blauen Augen die Milchfrau an, welche hinüberging und ihr die beiden Krüge füllte, ohne daß die anderen Frauenzimmer, ob alt oder jung, Einwand erhoben, so sehr waren sie alle besänftigt durch den Zauber der Gewohnheit.
    Ich weiß nicht zu sagen, warum ich plötzlich erfaßt ward von solcher Begierde nach dieser weißen, warmen Milch, die sich in die Krüge ergoß, und von soviel Mitleid mit der armen blonden Jungfer, welche mit ihrer Herrschaft in diesem Haus gefangen saß. Alle Vorsicht vergessend, überquerte ich die Straße und bat die Milchfrau um einen Becher Milch.
    »Das

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