Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
unseren Waffen hinaufgingen, ohne jedoch das Gemach zu betreten, darinnen die Wachen sich aufhielten, so daß wir miteinander sprechen könnten, ohne einander zu sehen.
    Indes wir nun die Treppe hinaufstiegen, nahm ich mir vor, meine Zunge so gut zu gebrauchen, daß mir der Anführer der Wache ins Netz gehen sollte.
    »Herr Offizier«, sprach ich mit fester Stimme, »ich bitte und ersuche Euch, Ihr möget Euch in uns nicht täuschen: wir alle vier, Herren wie Knechte, sind gute Katholiken. Doch währenddem wir uns nach den Anstrengungen der Nacht bei einemWaffelbäcker stärkten, erblickte mein Diener die Hausmagd hier, die er vom Tanzboden kannte, und ich verfiel auf den Gedanken, die Florine um einen Milchkrug zu bitten. Was daraus folgte, habt Ihr gesehen: als einige Halunken ins Haus einzudringen gedachten, mußten wir ihnen eine kleine Abreibung verpassen und uns ins Haus zurückziehen, worüber wir höchst betrübt sind, da wir also fürchten müssen, vom Stadtvogt für Ketzerhunde gehalten zu werden.«
    »Es besteht in der Tat einiger Anschein, daß Ihr es seid«, sagte der Offizier mit einer Stimme, welche mir gehörig mit Wein befeuchtet schien, »denn hättet Ihr sonst so wacker zugeschlagen bei der Verteidigung der Tür?«
    »Herr Offizier«, sagte ich, »wir wußten, daß Ihr Euch mit den Wachen im Hause befandet, es auf Befehl des Stadtvogtes zu schützen, und so handelten wir in der Gewißheit, einem Diener des Königs zu gehorchen, wenn wir das Haus verteidigten.«
    »Nun, guter Freund«, sprach der Offizier, »Ihr seid sehr zungengewandt, wie mich deucht. Im Reden könntet Ihr es mit jedem aufnehmen.«
    »Die Ursach ist, daß ich ein studierter Geistlicher bin, wiewohl noch ohne Tonsur, und ich kann Euch die vier Evangelien unseres Herrn in einem Zuge auf Griechisch hersagen.«
    Mein Griechisch gab den Ausschlag, obgleich er weniger durch meine Worte überzeugt als durch meine Beredsamkeit überwältigt schien, denn sein Hirn war umnebelt vom Weine.
    »Guter Freund«, fragte er mit schwerer Stimme, »was begehret Ihr also?«
    »Freie Hand, das Haus nach Beute zu durchsuchen.«
    »Potz Blitz«, sprach der Offizier, »was willst du hier noch finden, nachdem wir schon am Werk gewesen?«
    »Das werden wir sehen.«
    Darauf hub in dem Gemache, vor dem wir standen und dessen Tür kaum einen Spalt breit aufgetan war, ein verworrener Disput an. Unsere tapferen Krieger schienen wenig geneigt, sich mit uns einlassen zu wollen, waren sie uns doch weder in ihrer Anzahl noch in ihrer Bewaffnung überlegen: sie führten keine Feuerrohre mit sich – wie ich von Florine wußte –, sondern nur Hellebarden und Kurzschwerter, auch trugen sie nur ihre weißen Waffenröcke und keine Brustharnische, obgleichdie Waffenröcke des Großen Châtelet Wunder bewirken können: das Volk fürchtet sie über alle Maßen, weil ihr Anblick sogleich die Vorstellung von Kerker und Galgen heraufbeschwört, und so hatte die Menge nicht gewagt, das Haus zu stürmen, obgleich es doch nur schwach geschützt war von fünf weinseligen Trunkenbolden.
    »Guter Freund«, sprach der Offizier schließlich, »wenn wir dir freie Hand zum Beutemachen lassen sollen, mußt du einen Dukaten an jeden meiner Leute und zwei an mich zahlen, wobei es dir und den Deinen bei Strafe eures Lebens verboten ist, unser Gemach zu betreten.«
    »Hoho, das ist gar viel! Und all das schöne Geld wäre verloren, wenn wir nicht genug Beute fänden!«
    »Entweder Ihr zahlt, oder es wird nichts mit dem Beutemachen!« sagte der Offizier, ohne daß er in seinem weinschweren Kopf wußte, was er im Falle unserer Ablehnung hätte unternehmen sollen, da er uns nicht hinauswerfen wollte noch konnte.
    Doch es war genug debattiert, ich wollte nicht länger feilschen, der Leser kennt die Gründe. Und war nicht überdies ganz offensichtlich, daß die Trunkenbolde kraft unserer Abmachung in ihrem Gemach festsaßen und auf diese Weise ebenso unsere Gefangenen waren wie wir die ihren? Sapperment, welch seltsames Possenspiel! Unglaublich, daß das Leben in einer so mißlichen Lage wie der unseren solche Überraschungen bereithält!
    Die blonde Florine überbrachte also diesen Säuferkerlen meine blitzenden Dukaten. Sie müssen die Jungfer bei der Aushändigung wohl etwas betätschelt haben, denn ich hörte eine Maulschelle, und die Schöne kam zornesrot und wütend zurück, das Tuch über dem Busen verschoben, welcher schneeweiß, wohlgerundet und angenehm anzuschauen war; Mirouls

Weitere Kostenlose Bücher