Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
zwiefarbene Augen begannen zu leuchten wie zwei Fackeln, und mein Diener machte sich augenblicks an die Belagerung dieser Festung, doch mit gebührendem Respekt, denn die Jungfer war Hugenottin und tugendfest.
Ich bedeutete Florine, die Tür zu diesen Halunken zu schließen, was sie ungesäumt tat; worauf ich sie am Arm faßte und sie fragte, wo ihre Herrschaften seien und warum sie auf all den Lärm und das Geschrei hin noch nicht erschienen wären.
»Oh, Herr!« erwiderte sie, »sie haben sich oben in der Bücherkammer des gnädigen Herrn verschanzt aus Angst und Schrecken vor den Missetaten, welche die Wachen begangen, seitdem man sie hierher geschickt: alle Truhen haben sie erbrochen, das ganze Haus ausgeplündert und die Bediensteten verprügelt, die schon alle davongelaufen sind außer mir, und es ist ein Wunder, daß ich meine Jungfräulichkeit nicht verloren habe bei ihren Belästigungen; Gott sei Dank hat der Wein den Säuferkerlen die Kraft genommen, denn sie picheln unmäßig.«
Nun sagte ich Florine meinen Namen und mein Herkommen und hieß sie, dies ihren Herrschaften zu vermelden, welche ich aufzusuchen gedachte. Doch zuvor bat ich sie, mir den schändlichen weißen Lappen vom Ärmel zu trennen und mir Gelegenheit zu geben, mich etwas zu säubern, zumindest Gesicht und Hände und die Stiefel, welche über und über mit Schmutz und Kot bedeckt waren. Sie wollte mir auch das Wams reinigen, vermochte jedoch das Blut des armen Kindeleins nicht zu entfernen, obgleich die dunklen Flecken etwas schwanden.
Miroul bestand darauf, mich in das zweite Stockwerk zu begleiten, fürchtete er doch eine Hinterlist der Wachen, so voll des Weines sie auch waren. Florine führte mich in ein Gemach, welches zwar weniger reichlich mit Büchern ausgestattet war denn die Bibliothek von Michel de Montaigne (welche die schönste ist, die ich je gesehen), jedoch dem Auge höchst gefällig war mit seiner Holztäfelung, seinen Büchergestellen von Eichenholz und seinen vielen Fenstern auf die Straße hinaus, deren Scheiben der Pöbel mit Steinen eingeworfen hatte, was man auf den ersten Blick kaum gewahrte, weil die Splitter und Wurfgeschosse entfernt worden waren.
Monsieur de la Place saß mit einem Buch in der Hand in einem großen Lehnstuhl, welcher wegen möglicher Steinwürfe in einiger Entfernung von den Fenstern stand, und schien trotz des Lärmes und der Schmährufe, die von der Straße zu ihm drangen, so ruhig und gelassen, als befände er sich in der großen blauen Kammer des Palais.
Bei meinem Eintreten erhob sich der Vorsteher der Steuerkammer, und indes ich ihn mit einer Verbeugung grüßte, kam er mir höflich entgegen, mit einem heiter-ernsten Lächeln mir die Hand zu reichen. Er war ein Mann von hohem Wuchse, von schlankem, fast magerem Leib und strengem Gesichtsausdruck,so daß er mich unwillkürlich an meinen Oheim Sauveterre erinnerte, nur daß er in seiner Unerbittlichkeit gegenüber den menschlichen Schwächen nicht unbeweibt geblieben, sondern im Gegenteil, wie ich bald merken sollte, seinem Eheweib liebevoll zugetan war.
»Monsieur de Siorac«, sprach er, nachdem ich ihm auf seine Bitte in kurzen Worten berichtet, welche Widrigkeiten ich erlebt, seit Cossain an der Tür in der Rue de Béthisy gehämmert, »vielleicht könnt Ihr mir sagen, wie es alljetzt mit diesem Volksaufruhr steht: ist er im Abklingen, oder flammt er wieder auf?«
»Es ist, Herr Vorsteher, leider kein Volksaufruhr, sondern ein gnadenloses Hinmetzeln der Unseren, welches auf höchsten Befehl geschieht.«
»Was!« rief Monsieur de la Place, leicht erbleichend, »der König soll den Tod aller Hugenotten befohlen haben, einschließlich derer, welche ihm – wie La Noue, Taverny und ich – treulich gedient?«
»Gott sei es geklagt, Monsieur de La Place«, sagte ich, als ich sah, welchen Selbsttäuschungen dieser ehrenwerte Mann sich noch hingab, »der König macht da keine großen Unterschiede. Selbst Herr von Taverny …«
»Was, auch er getötet?«
»Ja, vom Pöbel. Er starb mit dem Degen in der Hand, als sein Haus belagert wurde und die königlichen Wachen dabei der Menge Beistand gaben.«
»Ein Bedienter des Königs!« rief Monsieur de la Place. Und da er nicht nur als Mensch und künftiges Opfer schmerzlich betroffen war, sondern auch als Gerichtsperson, fuhr er fort: »Das ist das Ende jeglicher Ordnung und untergräbt Recht und Gesetz, wenn der König die eine Hälfte seiner Untertanen gegen die andere hetzt. Kann eine
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