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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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sterben, deshalb drängte es mich mehr zur Tat und weniger zum Gebet. Nicht daß ich das Gebet als überflüssig erachtete, doch sehe ich es mehr als Ermutigung zum Handeln denn als geduldige Ergebung in das Schicksal.
    Monsieur de la Place hatte seine Rede kaum beendet, als laut an der Tür geklopft und heftig daran gerüttelt ward, ohne daß sie sich auftat, denn der Riegel war vorgelegt.
    »Wer ist da?« sprach Monsieur de la Place.
    »Hier ist der Offizier des Großen Châtelet!« schrie eine rohe, belegte Stimme, welche ich gut kannte.
    »Sperr die Tür auf, Florine!« gebot Monsieur de la Place.
    »Erlaubet uns, Monsieur«, sagte ich leise, an ihn herantretend, »Euch zu verlassen, ehe Florine öffnet. Wir können Euchbesser dienen, wenn dieser Erzhalunke uns nicht mit Euch zusammen sieht, denn er hält uns für Plünderer.«
    »Dann verbergt Euch auf der Geheimtreppe«, sagte Monsieur de la Place.
    Was wir in Blitzesschnelle taten, wobei ich die Geheimtür einen winzigen Spalt breit offenließ und dahinter verweilte, um diesen Offizier zu Gesicht zu bekommen, den ich bis jetzt nur hatte sprechen hören.
    Doch weiß der Himmel, ob es dem Halunken zum Vorteil gereichte, gesehen zu werden, denn er war ein aufgeblasener Kerl mit dicken Augenbrauen, der eine ganz furchterregende Miene aufsetzte, als er, die Hellebarde in der einen Hand und die andere am Griff seines Pallasch, die beiden friedfertigen Männer des Richterstandes, die beiden Weiber und die beiden Knaben ansah.
    »Was!« herrschte er sie an, »seid ihr immer noch beim Beten? Genug jetzt mit dem Larifari! Man weiß doch, was dieses Gehabe bei den Genfer Brüdern wert ist! Auf, auf! Erhebt Euch! Der Vorsteher Charron ist hier und begehrt Einlaß.«
    Im selben Augenblick trat der Municipalvorsteher über die Schwelle, eine Kurzpike in der Hand und angetan mit einer eleganten Rüstung, nämlich einem langen Kettenhemd und einem Helm mit goldener Halsberge, wie sie die Hauptleute im Felde tragen. Er war von hohem Wuchs und breiten Schultern, das Angesicht von gesunder roter Farbe und die Miene sehr gewichtig, wie es sich für den Ersten Bürger von Paris schickte. Und wiewohl diese Ladenbesitzer, Handwerker, Viertels-, Unterviertels- und Straßenmeister, welche sich mit solcher Begeisterung als Krieger verkleideten – sei es auch nur, um Männer in Hemdsärmeln zu jagen –, alle etwas komisch wirkten, fand ich doch in seinen Zügen keine Grausamkeit und Unerbittlichkeit. Ich war im Gegenteil höchstlich erstaunt, in der Folge zu erfahren, daß er, als der König ihm am Sonnabend befohlen, das Volk ins große Gemetzel an den Hugenotten zu hetzen, gebeten und gefleht hatte, davon abzulassen; erst auf die Drohung, selbst an den Galgen zu kommen, hatte er dem Befehle Karls IX. nachgegeben.
    Hinter dem Vorsteher Charron hielt sich sein Geleit: zwei Stadtsoldaten, bekleidet mit lilienbestickten blauen Röcken, welchselbige (als nämlich die Soldaten) den weißen Waffenrockdes Offiziers ohne jede Freundlichkeit betrachteten, denn es bestand seit langen Zeiten eine tiefe Abneigung zwischen Blauröcken und Weißröcken. Der Offizier seinerseits, welcher dem Befehle des Stadtvogtes im Großen Châtelet unterstand, vermochte seine Abneigung gegen Stand und Amt des Municipalvorstehers und dessen blauberockte, wiewohl lilienbestickte Anhängsel nur schlecht unter vorgeblichem Respekt zu verbergen. Und so verblieb er in der Bücherkammer, damit bezeigend, daß er in diesem Hause die Amtshoheit ausübe, und beobachtete die Herren Charron und La Place mit argwöhnischen Augen, indes er seine Ohren mit nicht weniger Mißtrauen spitzte.
    »Oh, Monsieur de la Place«, sprach Charron, ging dabei auf ihn zu und streckte ihm friedfertig die Hand hin, »ich beteuere und versichere Euch, daß ich mit besten Absichten herkomme und um Euch einen Dienst zu erweisen.«
    Monsieur de la Place war zu bewegt, um auf diese hochherzigen Worte zu antworten, doch sein Weib, seine Tochter, sein Tochtermann und seine jungen Söhne drängten sich um Charron und sprachen mit flehender Stimme:
    »Oh, Herr Stadtvorsteher, rettet uns! Rettet uns und unseren Vater!«
    Auf dem gutmütigen Gesicht Charrons zeigte sich einige Gefühlsregung, denn gewißlich erinnerte er sich seiner eigenen Familie und stellte sich vor, welches Leid über sie gekommen wäre, so er nicht, gegen sein Gewissen, dem Befehl des Königs gehorcht hätte.
    »Oh, Monsieur, rettet uns!« flehte die Dame des Hauses noch einmal

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