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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Und bereitet das blaue Gemach für Monsieur de Siorac!«
    »Oh, Baron!« sprach ich, »habet tausend Dank! Doch bleiben kann ich nicht. Sobald ich Atem geschöpft, werde ich mit verhängten Zügeln nach Montfort sprengen, denn ich mache mir große Sorgen um meinen Samson.«
    »Diese Sorge braucht Euch nicht zu drücken. Dem hat Gertrude vorgebeugt.«
    »Wie! Weilt sie denn nicht bei Euch?«
    »Hoho, mein Bruder, Ihr verkennt sie!« erwiderte Quéribus lachend. »So übelriechend Ihr sein möget, sie hätte Euch längst in ihre Arme geschlossen, welche so gebefreudig sind wie ihr Herz! Gott schütze sie! Sobald sie von dem Gemetzel in Paris hörte, begab sie sich ungesäumt nach Montfort, Euren hübschenSamson davon abzuhalten, zu Euerm Beistand in die Hauptstadt zu eilen.«
    »Das hätte er gewißlich getan!« rief ich. »Und wie hat sie ihn von seinem Vorhaben abgebracht?«
    »Indem sie ihn versicherte, Ihr wäret heil und gesund – und bei mir.«
    »O die gute Gertrude!« sprach ich, »diese fromme Lüge wird ihr im Himmel mehr Vergebung einbringen als zehn Pilgerfahrten nach Rom!«
    »Vorausgesetzt, der Herrgott hängt dem reformierten Glauben an!« setzte Quéribus mit einem Lachen hinzu, welches mir in Erinnerung brachte, daß Glaubensdinge für ihn keine größere Bedeutung besaßen als die Perle an seinem Ohr. Und potz Blitz! obgleich diese Lauheit im ersten Moment meinem hugenottischen Sinn recht frevelhaft erschien, so war sie doch, wenn man es recht bedachte, nach allem, was ich in Paris gesehen und erlebt, verzeihlicher denn blinder Glaubenseifer.
    Ich hatte eigentlich schon den folgenden Tag aufbrechen wollen, doch Quéribus ließ das nicht zu, denn er gedachte zuvor in Erfahrung zu bringen, welche Gefahren auf dem Wege in unser Périgord auf uns lauerten. Dazu ritt er, von einem starken Geleit umgeben, denn das Volk beging noch allerorten schlimme Freveltaten, nach Paris, im Louvre sich umzusehen und umzuhören. Er kehrte recht besorgt zurück, denn in der Hauptstadt ging das Gemetzel weiter, wenngleich in geringerem Ausmaß, da es nicht mehr viel zu metzeln gab. Was Navarra und Condé betraf, deren Wachen aufgelöst waren und die der König aufgefordert hatte, zwischen der Messe und dem Tod zu wählen, so saßen sie wie Gefangene in ihren Gemächern, einer ungewissen Zukunft entgegensehend. Vor allem waren königliche Botschaften in die Provinz ergangen, welche sich teils zwar widersprachen, doch die schonungslose Niedermetzelung aller Ketzer befahlen, welcher Befehl je nachdem, ob die Gouverneure und Seneschalle mild oder grausam gesinnt, befolgt ward oder nicht.
    Mein Quéribus hatte aus dem Louvre einen Geleitbrief (wel chen er mir zeigte) mitgebracht, ausgestellt auf seinen Namen und den seines jüngeren Bruders, auf daß man ihnen freies Geleit auf allen Straßen des Königreiches, durch alle Städte und Flecken gewähre bis in ihr fernes Baronat bei Carcassonne.
    »Ihr habt also einen jüngeren Bruder?« sprach ich, erstaunt, daß er mir von ihm noch niemals gesprochen.
    »Aber er steht doch vor mir«, erwiderte er, mir die Hände auf die Schultern legend. »Ist die Ähnlichkeit zwischen ihm und mir nicht augenscheinlich? Er ist der Entwurf, wie Ihr so trefflich gesagt, und ich bin das vollendete Werk!«
    »Nur daß ich der Zweitgeborene bin und also der Entwurf dem Werke folgte, anstatt ihm voranzugehen.«
    »O Siorac!« lachte er, »der Entwurf hat mehr Geist denn das Werk!«
    »Doch weiß ich nicht, ob er ebenso großherzig ist«, hub ich wieder an, eine Träne in den Wimpern. »Mein bester Freund, Ihr wollet Euch so vielen Beschwerlichkeiten und Fährnissen aussetzen und mich bis in mein Périgord begleiten?«
    »Mein Pierre! Da es Sommer ist, muß ich ohnehin in meinem Baronat nach dem Rechten sehen, damit Geld einkommt und man mich nicht betrügt. Und wenn ich meinen Weg über das Sarladische Land nehme, werde ich Gelegenheit haben, meinen Vetter Puymartin zu besuchen, welcher – wie Ihr mir berichtet habt –, trotzdem er Katholik ist, auf freundschaftlichem Fuße mit Euerm Vater steht.«
    Als dann mein Fröhlich selbigen Tages noch aus meinem Munde vernahm, daß die Wache des Königs von Navarra aufgelöst sei, schienen ihm schier die Sinne zu schwinden, denn er hatte sich in der Hoffnung gewiegt, daß er nach dem Blutbad seinen gelb-roten Waffenrock wieder anlegen könne.
    »Ach!« sagte er, »warum hat der Herrgott mich nicht umkommen lassen, wenn ich jetzt unnütz bin? denn wer wird

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