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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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reitenden unbewaffneten Pferdeknecht, denn ich war gerade rechtzeitig an seiner Seite, ihn von einigen Hundsföttern zu befreien, welche ihn ohne mein Eingreifen vom Sattel gezerrt hätten. Froh über diesen unerwarteten Beistand und erleichtert, vier wackere Gesellen mit Degen oder Keule um sich zu sehen (welch letzteren mein Fröhlich wie ein leichtes Stöcklein durch die Lüfte schwang), sagte mir der Pferdeknecht, welcher schon recht betagt war und eine gute, ehrliche Haut zu sein schien, ein herzliches Wort des Dankes. Mehr konnte er indes nicht sprechen, denn das Volk ringsum bewarf uns mit Steinen, und aus den Fenstern schleuderten keifende Weiber Küchenabfälle und Ziegelstücke auf uns und sogar ihre Blumentöpfe, welche Geschosse wir nur mit größter Mühe von uns abzuwehren vermochten, wobei der alte Diener zu seinem Unglück von einer Bratpfanne so übel am Kopf getroffen ward, daß er ohne meine stützende Hand aus dem Sattel gefallen wäre.
    Gott sei Dank rollte die Kutsche nun über die Zugbrücke, obgleich arg bedrängt von der wilden Meute, aus der Steine auf die Eskorte wie auf die Brückenwache flogen, welche sich meilenweit hinweggewünscht hätte und sich im Vertrauen auf das Wappen des Guise an den Pferdeharnischen nur wenig fragelustig zeigte, doch vor uns vieren senkte einer die Pike und fragte:
    »In wessen Diensten stehen die da?«
    »In denen der Dame de Belesbat«, antwortete der alte Diener, »welche wir nach Etampes geleiten.«
    »Zum Teufel!« sprach da ein anderer, »warum tragen sie dann keine Livree?«
    »Weil wir sie erst gestern in Dienst genommen«, erwiderte der Diener, »ihrer starken Arme und guten Klingen wegen.«
    »Daran zweifle ich nicht«, sprach der erstere mit einem Blick auf unser schreckenerregendes Aussehen.
    Worauf er die Pike hob, uns den Weg freizugeben, zumal er und die anderen Blauröcke arg bedrängt wurden von der aufgebrachten Menge, welche uns unbedingt bis in die Vorstadt Saint-Germain nachsetzen und nachjagen wollte. Sapperment! mit welcher Erleichterung ließen wir diese blutdürstige Lumpenbande in dem wilden Gerangel mit der Brückenwache hinter uns und setzten dem Reiterzug nach, daß die Funken unter den Hufen unserer Pferde aus dem Pflaster sprühten und wir ihn im Handumdrehen erreicht hatten, froh darüber, daß wir das Zollhaus zum Roten Kreuz in seinem Gefolge passieren konnten, obgleich dort für gewöhnlich nur die Dorfleute und Krämer, welche Verkaufswaren nach Paris brachten, angehalten wurden.
    Nun dankte ich dem alten Pferdeknecht mit gar herzlichen Worten, welcher seinerseits höchst zufrieden war, daß er mir meinen Dienst mit einem Gegendienst hatte lohnen können, und so lehnte er auch meinen Obolus entschieden ab, denn – so sagte er – ohne mich läge er jetzt leblos auf dem Pflaster der Rue des Arcs, umgebracht von der wilden Menge und seiner irdischen Güter beraubt; auch könne er sich denken, daß wir wohl unsere Gründe hätten, die Stadt so eilig zu verlassen, doch sähe er in uns zu ehrenwerte Leute, als daß er danach zu fragen gedächte.
    »Guter Gesell«, sprach ich da noch zu ihm, »darf ich dich fragen,wer diese Dame de Belesbat ist, welche ihr nach Etampes geleitet?«
    »Das wißt Ihr nicht?« entgegnete er auf rechte Pariser Art, dabei die Braue hochziehend. »Sie ist die einzige Tochter von Michel de l’Hospital, welcher zwar katholischen Glaubens ist, doch vom Volke gehaßt wird gleich einem Ketzer, weil er den Hugenotten beigestanden, als er Kanzler war. Und Ihr, Herr«, setzte er mit einiger Zurückhaltung in seinem Ton hinzu, »seid auch Ihr auf dem Wege nach Etampes?«
    »Nein, wir reiten nach Saint-Cloud, wo wir gute Freunde haben.«
    Der Pferdeknecht schien es zufrieden, daß wir ihn so bald verließen, denn er besorgte sich wohl darüber, daß einige Geleitreiter sich umwandten und uns gar argwöhnisch betrachteten, so daß sie vielleicht nach unserem Woher und Wohin gefragt, wenn sie nicht der Kutsche in ihrer schnellen Fahrt hätten folgen müssen.
    Als schließlich die ersten Mühlen von Saint-Cloud sich zeigten, ihre blauen Flügel flink im Winde drehend, und wir den Seine-Fluß überquert, den ich nicht ohne Schauder betrachten konnte, verlangsamten die Kutschpferde ihre Gangart, um die Steigung des letzten Stück Weges zum Dorf zu bewältigen, allwo ich dem alten Diener mit Herzlichkeit meine Rechte zum Abschied reichte und wir ein letztes stummes Lächeln tauschten. Sodann zügelte ich mein Roß vor

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