Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
nicht nachstand und sie an verführerischer Jugend noch übertraf.
Auf unserem Weg in den Süden bestand keine Gefahr, daß man uns für Hugenotten hielte, denn wir machten in vornehmen Herbergen halt, nahmen üppige Mähler ein und gaben auch sonst viel Geld aus, konnte unsere Gertrude doch keine Stadt durchqueren, ohne die Kaufläden zu beehren und für sich und ihre Zara Spitzen, Kleiderstoffe und allerlei Flitterkram zu kaufen; darin wurde sie noch übertroffen von Quéribus, der zu den wohlhabenden papistischen Hofkavalieren gehörte, welche ihren Reichtum mit eitlen Nichtigkeiten vertun, sich daraufverlassend, daß die Fürsten, deren Gunst sie sich erfreuen, die Löcher in ihrem Säckel stopfen werden. So ritten wir also dahin, die Kutsche von der Dame du Luc geleitend, verschwendeten unser Geld und gaben uns bei jedem Halt den schönsten Genüssen hin, nur daß Gertrude in ihren Nächten meinem Samson unerschütterliche Treue erwies, in welch sittenstrengem Verhalten Zara ihr wenig nacheiferte, worüber ich hier jedoch kein Wort verlauten lassen will, denn ich möchte niemandes Schamgefühl verletzen.
Es war wohl kurz vor Bordeaux (wir hatten den Weg durch die Ebenen gewählt), da Gertrude mich bat, in die Kutsche zu steigen, und sich mit mir von Angesicht zu Angesicht unterhalten wollte; Florine, um mir Platz zu machen, saß auf meine Pompea auf, worauf Miroul sogleich sein Reittier an ihre Seite trieb, ihr gegebenenfalls zu helfen, den Eigensinn meiner Stute zu zügeln, und – wie ich mir vorstellen kann – sie mit zärtlichen Blicken zu überschütten.
»Mein Bruder«, sprach Gertrude, »warum wollt Ihr mit dem kleinen Sitz da vorliebnehmen? Seid Ihr uns so abgeneigt? Setzet Euch hierher, zwischen meine Zara und mich! So werdet Ihr das Gerüttel der Kutsche weniger verspüren, seid Ihr doch dann zur Rechten wie zur Linken weicher gepolstert. Reichet mir Eure Hand, und die andere meiner Zara! Befinden wir uns so nicht alle drei gar wohl in guter Freundschaft?«
»Gewiß!« erwiderte ich, »so wohl, daß mir davon im Kopf ganz schwindlig wird!«
»O mein Pierre! Wie ergötzlich Ihr seid! Wißt Ihr«, fuhr sie unvermittelt fort, »Dame Béqueret sehnt sich nach einem ruhigeren Leben, sie will sich auf dem Land zur Ruhe setzen. Meister Béqueret ist halb schon entschlossen, seine Offizin zu verkaufen, und würde sich gewißlich ganz dazu entschließen, wenn er einen so tüchtigen und ehrbaren Apotheker wie unseren hübschen Samson als Käufer fände.«
»Schön und gut«, erwiderte ich, »doch Samson hat keinen Sol Vermögen!«
»Ich bin vermögend für zwei«, sprach Gertrude sanft und sah mich schweigend aus den Augenwinkeln an.
»Schöne Gertrude«, hub ich an, »ich verstehe Eure Pläne, die Euch die Liebe eingibt, sehr wohl, doch ich sehe da einige Hindernisse.«
»Was!« rief sie da, die Erzürnte spielend oder auch wirklich erzürnt, »wollt Ihr sagen, mein Bruder, daß die paar Jährchen, die ich älter bin als Euer hübscher Bruder …«
»Aber Madame!« fiel ihr Zara ins Wort, welche nur zu gut wußte, wo ihrer Herrin der Schuh drückte, »was zählt, ist das Aussehen! Und dem Aussehen nach seid Ihr so jung wie keine andere Tochter einer anständigen Mutter in Frankreich! Und die Schönheit Eurer liebreizenden Person ist unvergänglich!«
»Wunderschöne Gertrude«, sprach ich, ihre Hand an meine Lippen führend, »ich hätte es nicht besser sagen können als Zara: Welcher Mann wäre nicht stolz, Euch zum Traualtar zu führen? Doch da wir bei der Kirche sind: Ihr seid katholisch, und er ist ein gestrenger Hugenott.«
»Nicht so gestreng, als daß er nicht in Montfort mit mir zur Messe gegangen wäre.«
»Heiliger Himmel!« setzte Zara hinzu, »Ihr hättet sehen sollen, Herr, wie die Predigt des Pfarrers Euern Samson empört hat! Bei meinem Gewissen! Er kochte innerlich! Doch als Madame seine Hand nahm, war er sofort besänftigt.«
Wohl wissend, welche starke Herrschaft die Weiber über uns ausüben, sobald wir sie lieben, zog ich meine Hand aus der ihrigen, deren Finger auf schmeichelnde Art mit den meinen spielten, und schwieg.
»Mein Pierre!« sprach da Gertrude mit einigem Zittern in ihrer Stimme, »gibt es noch andere Hinderungen?«
»Ja«, gab ich zur Antwort. »So Ihr mit ihm verbunden wäret, würde mir nicht gefallen, daß Ihr es treibt wie zu Saint-Cloud.«
»Mein Bruder«, sprach sie darauf, die schönen Augen gesenkt, »es gibt gewisse Freiheiten, welche die Welt bei
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