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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Ihr da?« fragte Miroul erstaunt.
    »Ich nehme zurück, was mein ist, Miroul. Der Rest gehört dir als rechtmäßige Kriegsbeute, denn du hast mit deinem Messer den Unhold getötet, welcher sie bei sich trug.«
    »Aber Moussu«, rief Miroul, »Ihr habt mir doch befohlen, ihn zur Strecke zu bringen und seinen Beutel abzuschneiden. Ich habe nur Euern Willen ausgeführt.«
    »Wer Beute macht, soll die behalten. So will es das Kriegsrecht. Welcher Hauptmann würde den Anteil des Soldaten beschneiden wollen? Und außerdem, wenn du Kinder hast einesTages, sollen die in einer so elenden Hütte ihr Dasein fristen, wie du es mußtest?«
    Ich sah, wie er meine Worte bei sich erwog und unversehens ganz nachdenklich ward.
    »Was soll ich nur anfangen damit?« sprach er schließlich.
    »Genau das, was Cabusse mit seiner Beute aus Calais tat: ein Stück Land kaufen, von seinen Früchten leben, ein tüchtiges Weib zur Frau nehmen und Herr im eigenen Hause sein.«
    »Ha!« rief er, »die Eintönigkeit der Felder wäre nicht nach meinem Geschmack. Als Euer Diener bin ich ein gut Stück in der Welt herumgekommen, das will mir gefallen.«
    »Miroul«, erwiderte ich, gerührt, daß er seine treue Anhänglichkeit schamhaft als Abenteuerlust ausgab, »siehst du nicht, daß du weit mehr sein könntest als ein Diener?«
    »Liegt in dem Wort ›Diener‹ etwas Unehrenhaftes?« fragte Miroul mit einem lustigen Blitzen in seinem braunen Auge. »Wenn dem so wäre, Moussu, dann nennt mich Haushofmeister. Ich wär’s zufrieden.«
    »Miroul, du machst dich lustig!« sprach ich, ihm den Arm um die Schulter legend, »Haushofmeister eines Edelmannes, welcher nicht Haus noch Hof besitzt!«
    Worüber er lachte, indes das Gespräch zu keiner Entscheidung führte, denn was hätte auch entschieden werden sollen, da mein Miroul, wie ich wohl sah, ganz widersprüchliche Wünsche hegte: einerseits seinen Stand ändern, sich ein Weib nehmen und eine Familie gründen, andererseits mich aber nie verlassen.
    Da Quéribus den Anblick meiner blutbefleckten Kleider nicht ertragen konnte, gab er mir ein hellbraunes Wams mit gelb unterfütterten Schlitzen, welches sehr schön, doch eine Kleinigkeit weniger prächtig als das seine von blaßgelbem Satin war, wie es sich für den jüngeren Bruder eines Barons geziemt. Er steckte Fröhlich und meinen Miroul in seine schwarzgoldenen Bedientenkleider und veranlaßte schließlich seinen Haushofmeister – für den er gewißlich Verwendung hatte, denn er besaß einen Adelspalast in Paris, ein Landhaus in Saint-Cloud und ein Baronat nahe Carcassonne –, Giacomi eine Tracht aus nachtblauem Samt auszuborgen –, der Maestro war darüber höchstlich erfreut, denn er war seiner irdischen Erscheinung gegenüber nicht unempfindlich, woraus ich ihm keinen Vorwurfmache – ich will nicht einzig den Splitter im Auge meines Bruders sehen …
    Also ritten Quéribus und ich am Nachmittag des 27sten August Seite an Seite auf unseren geputzten und gestriegelten Rössern stolz in Montfort ein, gefolgt von einem guten Dutzend verwegener Burschen in Livree, alle den Degen oder das Kurzschwert an der Seite und die Pistolen in den Satteltaschen. Man kann sich wohl leicht das Erstaunen der Béquerets vorstellen, als sie plötzlich eine so zahlreiche Reiterschar vor ihrer Tür stehen sahen (welchselbige Quéribus ungesäumt in eine Herberge verfrachtete), sowie die stürmischen Umarmungen, davon ich schier erdrückt ward, denn mein viellieber Samson konnte nicht von mir lassen wie ich nicht von ihm, obgleich ich deutlich spürte, daß er unter der Trennung mehr gelitten denn ich, weswegen mir ein wenig das Gewissen schlug. Doch nahm mir Dame Gertrude jede Gelegenheit, solcherart Gewissensbissen lange nachzuhängen, als sie mich seinen Armen entriß und in die ihren schloß, welchen ich nur entkam, um mich in denen ihrer Kammerjungfer wiederzufinden, so von einer holden Scylla an eine noch lieblichere Charybdis geratend.
    Kaum hatte die schöne Normannin gehört, daß der Baron mich in mein heimatliches Périgord begleite, wollte auch sie um jeden Preis mit uns reisen. So erkühnte ich mich also, sie auf Mespech einzuladen, war ich mir doch sicher, daß mein Vater – wenn schon nicht mein Oheim Sauveterre – höchst entzückt wäre, wenn sie mit ihrem Blondhaar und ihren farbenprächtigen Gewändern das alte Gemäuer unserer Burg ein wenig verschönte, ganz zu schweigen von der ebenso hübsch gekleideten Zara, die ihrer Herrin an Schönheit

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