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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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Büro zeigte. Wenn er nur mehr über das Opfer wüsste. Das ist wichtiger als eine weitere Zugangsliste, dachte er. Sie wussten inzwischen, dass es sich nicht um ein Sexualverbrechen handelte, und nichts wies bisher auf einen Einbruch hin, der außer Kontrolle geraten war. Man bricht doch nicht in ein Haus ein, in dem sämtliche Lampen brennen und die Putzfrau mit Lappen und Staubsauger herumläuft. Und wenn es sich umgekehrt abgespielt hatte? Und der Einbrecher sich bereits in den Büros aufhielt, als Benjamin und Lilliana auftauchten? Aber wieso sollte er dann anderthalb Stunden warten, bevor er einen der beiden Putzleute ermordete?
    Lone Willumsen hatte natürlich recht, das Logischste war, Benjamin zu verdächtigen. Lillianas Kollege hatte alle Möglichkeiten gehabt, den Mord zu begehen; er hatte über den Ablauf des gestrigen Abends ganz eindeutig gelogen; er hatte sich ein Alibi besorgt, und seine Mutter war unübersehbar nervös. Außerdem war er vorerst der Einzige, der nachweislich Kontakt zu Lilliana hatte. Benjamin war ganz sicher ein guter Tipp, doch aus irgendeinem Grund glaubte er nicht daran.
    Flemming Torp war bereit, seine Lieblingsjeans zu verwetten, dass sich das Motiv im Leben der Ermordeten und in ihrer Beziehung zu dem Mörder finden ließ. Aber wie zum Teufel sollte man Nachforschungen anstellen, wenn das Opfer anonym blieb? Lillianas Fingerabdrücke fanden sich nicht in irgendwelchen Dateien; sie passte zu keiner der Beschreibungen von verschwundenen Personen; es gab keine Adresse, die sie aufsuchen konnten. Sie konnten nur darauf setzen, dass irgendjemand sie nach einigen Tagen vermisste und die Polizei um Hilfe bat. Selbstverständlich konnten sie den Gang der Ereignisse ein wenig beschleunigen und ein Bild von ihr in die Zeitungen setzen lassen, doch dieser Gedanke widerstrebte Flemming. Selbst der tüchtigste Leichenbestatter wäre kaum in der Lage, Lillianas Gesicht lebendig erscheinen zu lassen, und es hatte etwas Unwürdiges, die verfärbten und grotesken Züge einer toten Frau der Allgemeinheit zu präsentieren.
    »Störe ich?« Frank Janssen steckte den Kopf in Flemmings Büro.
    »Komm rein.« Flemming winkte den jungen Kriminalassistenten herein. »Habt ihr ihn?«
    »Er sitzt unten im Vernehmungszimmer.« Frank wedelte mit einer weißen Plastikkarte mit einem schwarzen Magnetstreifen auf der Rückseite. »Die hatte er bei sich. Ich glaube nicht, dass er weiß, wieso wir ihn danach gefragt haben. Er ist jedenfalls bereit zu schwören, dass er sie die ganze Zeit bei sich trug. Niemand sonst hätte sie benutzen können.«
    »Gut. Hält er an seiner Geschichte von gestern fest?«
    »Ja. Aber ich habe keinen Druck gemacht. Ich wollte ihn dir überlassen.«
    »Danke.« Flemming erhob sich. »Wollen wir?«
    »Hast du schon gegessen?«, erkundigte sich Frank.
    Flemming schüttelte den Kopf.
    »Soll ich uns nicht ein paar Hotdogs und zwei kalte Flaschen Cocio holen? Dem Burschen schadet es nicht, wenn er noch eine halbe Stunde Zeit zum Nachdenken bekommt, und früher oder später müssen wir ohnehin etwas essen.«
    Als sie eine Viertelstunde später den letzten Tropfen Kakao getrunken hatten, erkundigte sich Flemming: »Was ist eigentlich mit den beschlagnahmten Rechnungsbüchern und dem Laptop der Schrubberkompanie? Hast du jemanden, der sich das ansieht?«
    »Jep.« Frank Janssen stellte die leeren Flaschen neben den Papierkorb und wischte den Schreibtisch mit einem Stück Küchenrolle ab. »Ich habe Elise gefragt.«
    »Elise Nielsen? Von der Pass-Stelle?«
    »Genau die. Ich weiß zufällig, dass an dieser Frau eine große Steuerprüferin verloren gegangen ist. Und sie schuldet mir einen Gefallen. Sie geht davon aus, in ein paar Tagen alles durchgesehen zu haben. Gehen wir zu Benjamin?«
    »Eines Tages musst du mir dein Verhältnis zu Frauen erklären, Janssen. Ich habe das Gefühl, das könnte eine sehr interessante Geschichte sein.«
    Aus dem Vernehmungszimmer sah man auf den Hof des Polizeipräsidiums, wo eine Rasenfläche von einer sorgfältig beschnittenen, kniehohen Buchsbaumhecke begrenzt wurde. Die Aussicht wurde durch die massiven Stahlgitter verunstaltet, die aus Sicherheitsgründen vor die Fenster montiert waren. Auch die Einrichtung des Raumes war nicht wesentlich gemütlicher geworden, seit man beschlossen hatte, die Tische und Stühle am Boden festzubolzen.
    Durch das Fenster der Tür sahen sie Benjamin Winther am Tisch, den dunkelhaarigen Kopf hatte er auf die Arme gelegt.

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