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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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eines Angeklagten berufen und entweder geschwiegen oder Beschuldigungen gegen sie hohnlachend geleugnet. Aber die Einzelhaft hatte ihr zugesetzt. Ihre Fassade bekam erste Risse. Das konnte man sehen. Und das konnte man lesen. Sonst wäre sie auch kein Mensch, dachte Toftlund während der ersten stillen Minuten, als sie nach Kopenhagen zurückfuhren.
    »Es ist doch erschreckend, was die Behörden alles über einen herausfinden können«, unterbrach Charlotte das Schweigen. »Wir glauben, anonym zu reisen, und dann hinterlassen wir eine elektronische Spur nach der anderen. Weil wir meinen, nur weil wir so viele sind, gingen wir in der Menge unter. Und dann ist es genau umgekehrt. Aber darüber müssen Leute wie wir ja eigentlich froh sein.«
    »Das war ein tolles Stück Ermittlungsarbeit«, sagte Toftlund. »Du erinnerst mich an Lederstrumpf.«
    »Danke für das Kompliment«, sagte sie spitz.
    »Weißt du, wer das war?«
    »Ich habe einen älteren Bruder. Irgend so ein Pelzjäger in einem Western.«
    Toftlund lachte.
    »So ungefähr. Ein Pfadfinder. Ein Spürhund. Er guckte sich den Waldboden an und konnte dann sagen, wer, wann und wie viele Tiere oder Menschen dort entlanggegangen waren. Aus einem verkohlten Stück Holz konnte er ersehen, wann das Lagerfeuer gelöscht worden war. An den Säften eines geknickten Blattes konnte er erkennen, wann ein Menschenkörper es berührt hatte. Du bist so ein moderner Pfadfinder. Du benutzt einfach deinen Computer. Du hast deinen Job prima gemacht.«
    »Dann sage ich danke«, sagte sie und lächelte zufrieden. Wohl wissend, daß er recht hatte. Sie spürte auch, daß er sie verstand. Daß es natürlich darum ging, die notwendigen Beweise zu finden, damit der Schuldige verurteilt werden konnte, daß aber die Jagd selbst in Wirklichkeit das Spannendste an dem Job war und der gelungene Abschluß einer Untersuchung im Grunde nur ein Nebengewinn war. Aber das waren Gedanken, die sie klugerweise für sich behielt.
    Kurz nach Slagelse hielt Toftlund auf der Notspur und machte die Warnblinkanlage an.
    »Hast du Lust zu fahren?« sagte er und holte sein Handy heraus, obwohl er es ungern benutzte, aber er nannte in dem Gespräch keine Namen. Vuldom antwortete sofort, und Toftlund informierte sie darüber, was sie auf der Aufnahme erkennen konnten und was nicht, und daß es fraglich war, ob die Techniker die Qualität des Bildes noch wesentlich verbessern konnten. Es sei doch eher eine Niete. Jedenfalls könnten sie die Frau auf dem Bild kaum identifizieren.
    »Nicht wirklich eine Niete«, sagte Vuldom. »Mein Gefühl sagt mir, daß die Frau auf dem Beifahrersitz die Halbschwester ist und daß sie mit einem Flugzeug am 12. März so gegen 11 oder 12 Uhr in Kopenhagen gelandet sein muß. Ich lasse das überprüfen. Dann hat sie ein Taxi zum Rastplatz in Karlslunde genommen. Das ist eine ganz schöne Tour. An so was kann sich ein Taxifahrer erinnern. Das lasse ich auch überprüfen. Dort hat Irma sie aufgelesen und hat sie zu E. gefahren, auf dem Rastplatz bei Hadersleben. Ich vermute, die drei hatten etwas so Entscheidendes zu besprechen, daß die Frau aus Preßburg ein persönliches Treffen verlangt hat. Für E. und für sie war es ein Jackpot, so oder so. Es ging um etwas Großes. Und der einzige Mensch auf der Welt, der ein solches Treffen vermitteln und arrangieren konnte, war Irma, die wußte, daß Mira Majola etwas zu verkaufen hatte oder gewillt war, etwas zu kaufen.«
    »Ich komme nicht ganz mit«, sagte Toftlund.
    »Wir sprechen hier auf einer offenen Verbindung, also darüber lieber später mehr. Aber wir haben den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Faktoren nicht begriffen«, sagte Vuldom. »Wir haben gedacht, die Werbung komme von E. aber sie kam von Mira. Es ist Mira alias Maria, die den Schlüssel besitzt. Zusammen mit Irma natürlich. Sie weiß alles, aber das hilft uns ja leider nicht.«
    »Okay.«
    »Eben. Also tu mir den Gefallen, Toftlund, und finde die mystische Mira. Wir wissen von Teddy, daß sie in Albanien gesehen wurde. Ich dachte, es wäre nicht der Mühe wert, aber wir sind gezwungen, einen Versuch zu machen. Und das würdest du doch für mich tun, oder?«
    »Selbstverständlich«, sagte er nicht sehr überzeugt. Denn er wußte, daß da mal wieder eine Reise auf ihn zukam, aber er wußte nicht, wie er es Lise erklären sollte, daß diese Reise unumgänglich war.

23
     
    T oftlund drückte auf den Aufnahmeknopf des Kassettenrecorders und sagte: »21. April

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