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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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Kopfnicken begrüßte und zwei Whisky an den Tisch brachte.
    –Maude wäre nicht erbaut, sagte Bentham. Nicht wegen des einen Whiskys, sondern weil sie weiß, daß ein zweiter folgen wird. Nett von Ihnen, daß Sie ein so geduldiger Begleiter sind. Und ich habe nicht einmal gefragt, wie es Ihnen und Ihrer Frau geht.
    –Es geht uns gut, sagte Jakob, zögerte. Er lächelte. –Es geht mir wirklich gut. Bentham saß zufrieden, ein bißchen abwesend da, das Glas in der Hand. Ich bin glücklich, wollte Jakob sagen, aber der Satz war wie ein Holzpüppchen, das man behutsam aufstellte und das sich doch nur einen Augenblick hielt, bevor es umkippte. Nicht schlimm, dachte Jakob, man kann es im Gleichgewicht halten, muß nur ganz leicht nachhelfen, mit einem Finger. –Aber es ist verwirrend. Ich meine, die Vorstellung, daß sich das Leben wirklich verändert.
    –Sie meinen, verändert, und man weiß doch nicht was und wie?
    Aber Jakob fühlte, daß er auf unsicheres Terrain geriet, und verstummte. Mit einem Finger ganz leicht über Benthams Hand oder Gesicht streicheln, die schweren Lider und die Brauen, damit er sich später besser an sein Gesicht erinnerte, das war es, was er wollte. Es war Begehren und doch wieder nicht, nicht das, was er für Isabelle empfand, wenn er ihr Gesicht liebkoste, obwohl es ihm jetzt vorkam, als wäre auch dann jede Berührung ein Hilfsmittel des Auges. Er trank und spürte, wie der Alkohol wirkte, wie die Gedanken ihr Gewicht veränderten, so daß sie ihn in ihrer Klarheit nur verwunderten, ohne ihm weh zu tun. Daß er jemand war, der weder nahm noch gab, seine Anteilnahme echt, die Teilnahme aber bloß vorgetäuscht war. Er würde die Hand nicht ausstrecken, die altersfleckige Haut zu berühren; er spürte, daß Bentham von ihm nichts erwartete, und war traurig, ohne sich aufzuraffen, es zu ändern. Sein Glas war leer, er war zwar unbesorgt, aber er wußte, daß er später erschrecken würde.
    –Es macht die Leute durchaus angenehm, wenn sie bloß zugucken, Bentham winkte dem Kellner, der die Gläser füllte. –Außer für diejenigen, die sie lieben, fügte Bentham hinzu und trank.
    –Was machen Sie, wenn Sie für ein paar Tage nicht ins Büro kommen? fragte Jakob.
    Bentham sah ihn überrascht an. Jakob spürte, daß er rot wurde.
    –Und jetzt werden Sie rot, das ist nett. Fragen Sie nur. Ich gehe in ein kleines Hotel, nicht immer dasselbe, aber meistens. Ein kleines Hotel, das man zwielichtig nennen würde, wenn es nicht so überaus zivilisiert und gepflegt wäre, mit guten Zimmern und einem guten Service. Eine gewisse Anzahl junger Männer geht dort ein und aus, um sich etwas Geld zu verdienen. Ich habe nichts dagegen, für Liebesdienste zu zahlen – das ist eine Frage des Alters, und die jungen Männer, die dort Zutritt haben, sind, nun, handverlesen, Studenten meistens, gebildet, wohlerzogen. Nicht fürchterlich jung zudem, eben jung. Man sieht sich in der Lobby, verabredet sich eventuell zum Abendessen oder in die Oper und beendet den Abend auf die eine oder andere Weise. Eine sehr sinnvolle Einrichtung. Sie sind dafür zu jung, oder zu alt, wie man es nimmt. Sonst sollte ich es Ihnen vielleicht empfehlen.
    –Ich bin ja verheiratet, antwortete Jakob töricht.
    –Man soll in diesen Dingen gewissenhaft sein, Sie haben ganz recht, allerdings auch nicht allzu streng. Übrigens verbringe ich dort oft ein paar Tage, um der Leere meines Hauses zu entgehen. Die Gegenstände, an denen sich die Vergangenheit ablesen läßt – man erträgt sie nicht immer. Zwei Männer betraten das Pub, grüßten Bentham, blieben an der Theke stehen.
    –Kollegen, merkte Bentham an. Er wiegte den Kopf, als wollte er sich mit seinem Gewicht vertraut machen, die Beschaffenheit der Sätze prüfen, abwägen, was sie für Jakob bedeuteten, dachte Jakob und wurde wieder traurig, weil er wußte, daß es die erste Rate auf den Abschied war. Er wurde in seine Schranken gewiesen, spürte es physisch, und wußte, daß er weder Ausweispapiere hatte noch die Kraft, sich über jene Schranke hinwegzusetzen. –Es kommt nicht darauf an, sagte Bentham, bei welchem Namen man es nennt, Charakter, Unvermögen, Schicksal – Begrenztheiten gibt es immer. Nur, was wollen Sie damit, was machen Sie daraus? Es bleibt ja Ihr Leben. Bentham lächelte. Wenn Graham fand, ich sei allzu melancholisch, erinnerte er mich daran, daß Vergnügtheit eine zivilisatorische Errungenschaft ist. Wieder schien er sich umstandslos in Jakobs

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