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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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anfing darüber nachzudenken, was ihm gehört, was ihm nicht gehört, wußte er von dem Besitz in Berlin nicht einmal.
    –Seine Eltern haben ihm davon erzählt, wandte Jakob ein und verstand nicht, worauf Bentham hinauswollte, brummelnd, wieder in seinem Sessel vergraben, nach einer Decke tastend.
    –Natürlich, seine Eltern, da er das Glück hatte, daß sie überlebten, wenn man auch seine Großeltern vergast hat. Sie mißverstehen mich. Ich meine nicht, daß er sich nicht um den Wert bemühen sollte, den Gegenwert dieses Hauses, eine Entschädigung in Geldwert. Natürlich. Mich wundert, daß er das Haus will. Diesen Ort, als wäre es ein noch unberührter Ort, der zu seiner Geschichte gehört. Als wäre das Alter und die Traurigkeit dorthin nicht vorgedrungen. Die Traurigkeit und das Entsetzen, daß es keinen Ort gibt, der unberührt geblieben ist, von der Wahrheit, der Kälte. Als gäbe es eine Geschichte, die sich doch zusammenfügen ließe, über all die Jahrzehnte hinweg.
    –Aber warum nehmen Sie solche Fälle überhaupt an? fragte Jakob.
    Bentham stand auf, suchte etwas in seinem Schreibtisch, in den Schubladen darunter, suchte etwas oder dachte nach.
    –Die Geschichte, Familien, Erbschaften, Kontinuitäten. Und wir Juristen sind rückwirkend immer Historiker einer als gerecht gedachten Geschichte, einer Rechtlichkeit, die objektiv ist. Allerdings hat Miller sich scheiden lassen, mit sechzig Jahren, und geht zu einer Weissagerin.
    Jakob saß in dem Stuhl mit den perfekt geschwungenen Armlehnen, helles Leinen, Nußbaumholz, Roßhaar. Zur Tür schaute noch einmal Maude herein, kopfschüttelnd.
    –Wenn es schon den Engel der Geschichte nicht gibt, nicht wahr, dann muß doch wenigstens etwas anderes zuverlässig sein. Gut, das finde ich auch. Aber warum kann es nicht das Gesetz, warum kann es nicht der schiere Gegenwert von etwas sein? Warum auf dem bestehen, was verloren ist, warum darauf, daß etwas geheilt wird? Es wird nichts geheilt.
    Da war, was er gesucht hatte, eine Mappe aus Karton, ein Gummiband darum, blaßrot, mürbe, es zerfiel in zwei Teile, fiel auf den Boden, als Bentham es abstreifen wollte, und er bückte sich, hob es aber nicht auf. Maude streckte zum dritten Mal den Kopf herein, energisch winkend jetzt, sie hielt ein Telefon in der Hand, gab Jakob Zeichen, und Bentham stimmte zu, das war alles, nickte er, kehrte sich seinem Schreibtisch zu, mürrisch, brummelnd, als wäre er aufgehalten worden. Aber anscheinend amüsiert. Worüber? dachte Jakob, was war es?
    Zwei Stunden später stand Alistair in der Tür, um ihn abzuholen, er hatte mit Isabelle schon gesprochen. Sie waren eigentlich für den frühen Abend verabredet gewesen, Jakob und Isabelle, endlich Schuhe zu kaufen und eine Wolldecke, was nie schaden konnte, obwohl das Wetter schön war heute, ein Hochdruckgebiet, morgen würde ebenfalls die Sonne scheinen, Frühling war es, bald schon Frühling. Aber Jakob hatte ihre Verabredung vergessen. Aus der Bibliothek hörte man das Geräusch des Staubsaugers, Mrs. Gilman kam zwischen acht und neun Uhr, manchmal setzte sie sich in die Bibliothek zu Mister Krapohl, weil sie es nicht eilig hatte, weil sie die weite Fahrt nach Finchley verabscheute, sagte sie, und Alistair behauptete, sie hoffe, mit Mister Krapohl noch etwas essen zu gehen, er hatte die beiden einmal im British Museum gesehen, zu zweit an einem Tisch sitzend, oder war es die Wallace-Collection gewesen? – Ein nettes Paar, grinste Alistair, als sie an der Bibliothek vorbeigingen, und schließlich sei Krapohl one of your lot , aus Deutschland gebürtig, immer erkältet, doch äußerst liebenswürdig, er habe sich übrigens vorhin des längeren mit Isabelle unterhalten, die vor zwei Stunden hiergewesen sei, um Jakob abzuholen; sie habe erfahren, daß er beschäftigt sei, und darauf bestanden, ihn keinesfalls zu stören. Krapohl habe ihr erklärt, erzählte Alistair vergnügt, katzenartig boshaft, daß kein Anlaß bestehe, sich zu sorgen wegen des Kriegs, ob er nun stattfände oder nicht, wenn auch er, Alistair, hinzufügen müsse, daß die Terroranschläge damit aufgeschoben, nicht aufgehoben seien. Für heute abend aber habe er vorgeschlagen, daß sie sich zu dritt im National Film Theatre treffen sollten, das eine angenehme Cafeteria besitze, und er klopfte Jakob auf die Schulter, der ihn verwirrt anstarrte.

    Um sechs Uhr hatte Isabelle sich von Mister Krapohl und Alistair verabschiedet, war die Devonshire Street

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