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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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Kommode eine Blumenvase und die Schale, in die Jakob das Haushaltsgeld legte. Auf dem Sims des Kamins, in den der Teppichboden hineinwuchs wie ein Bodenkriecher, hell unter der schwarzen Verkleidung aus Schmiedeeisen, standen zwei Kerzenleuchter. Ein schwacher Geruch nach Klebstoff hing immer noch im Zimmer, der Teppich war nicht lange vor ihrem Einzug verlegt worden. Auf ihrem Tisch stand der Laptop. Jedes Ding an seinem Platz. Der Kinderbuchverlag hatte sie gebeten, eine Visitenkarte zu entwerfen, sie war beinahe damit fertig. Setzte sich an den Tisch, prüfte noch einmal die Proportionen. Skizzierte einen zweiten Entwurf, ein rennendes Kind in einem kurzen Mantel. Sie dachte an Andras’ Zeichnungen aus Budapest, die kleinen Figuren rannten die Straßen entlang, an der Kreuzung stürzten sie in eine Grube oder explodierten. Ein Haus wurde vom Sturm abgedeckt, winkend standen in den Fenstern die Bewohner, und die Feuerwehr schien an der Straßenecke festgefroren, die Feuerwehrmänner wandten sich ab. Isabelle schrie auf, als in der Wohnung nebenan etwas gegen die Wand geschleudert wurde. Ein Stuhl? Ein Fernseher? Hysterisches Gelächter, eine Stimme, die immer lauter wurde, wie eine Sirene. Die Frau hatte Isabelle noch nie gehört. Entsetzt starrte sie die Wand an, die keinen Riß zeigte, sich nicht öffnete, und es wurde wieder still dahinter. Blieb still, während Isabelle angespannt dasaß, wartete. Rote Tusche, schwarze Tusche. Das Papier, dicke Bögen. Sie schob den Computer beiseite, schraubte die Gläschen auf, lauschte. Vielleicht war da eine dünne Stimme, sirrend, vielleicht war es auch ein anderes Geräusch, von draußen, weit weg, ein Flugzeug, ein kleines Flugzeug im Anflug auf was auch immer. Die Feuerwehr bog nicht um die Ecke, nichts geschah. Eine Tür schlug zu. Isabelle schaltete das Radio ein. Wüstensturm, in dem man keinen Meter weit sah, und so wurden die Spuren verwischt, embedded journalism , lautete das Schlagwort, aber man erfuhr doch nicht, was geschah, die Umfragen blieben stabil, Tony Blair würde ein getreuer Bündnispartner sein, was auch immer Deutschland und Frankreich sagen mochten. Sie sprang auf und lief zum Fenster, beugte sich vor, um zu sehen, wer das Nachbarhaus verließ: Eine Frau, ein Mann, ein Junge. Isabelle atmete laut, die Scheibe beschlug sofort, draußen bewegten sich drei Schemen, der Junge an der Jacke oder am Nacken gepackt und festgehalten, während die Frau, dünn, etwas abseits die Straße hinaufschaute, winkte, obwohl niemand sich näherte. Aber anscheinend wartete sie auf etwas. Isabelle wischte über die Scheibe, das Gesicht der Frau konnte sie nicht erkennen. Der Mann dagegen stand zu ihr gedreht, präsentierte sein verzerrtes Gesicht, brüllte den Jungen an. Der Junge, der ein Jackett, Teil einer Schuluniform, trug, reichte dem Mann bis ans Ohr. Er zeigte aufs Haus. Man sah dem Jungen an, daß er zu argumentieren versuchte, nach etwas hinter den Fenstern dort ausspähte. Isabelle stellte das Radio aus, lauschte, die Frau brüllte plötzlich, –Dave, laß das sofort!, und Isabelle ging zur Wand, keiner beobachtete sie, keiner sah, was sie tat. Hinter dem Kamin preßte sie das Ohr an die Wand, überrascht von etwas, das wie ein Geräusch der Wand selbst klang, kaum ein Geräusch, eher eine Materie, die ihren eigenen Klang hatte, und sie löste sich scheu, preßte dann noch einmal ihr Gesicht an die kalte Fläche, und diesmal schien es eine Stimme, oder nur Ausdruck, flehentlich, an niemanden gerichtet.
    Zum Fenster zurückgekehrt, sah sie, daß ein alter, grüner Ford hielt, mit laufendem Motor, die Frau stieg ein, ohne den Kopf noch einmal zu heben, hob bloß die Hände, als wollte sie etwas abwehren oder ihre Unschuld beteuern, während ihr Mann (wenn es ihr Mann war) den Jungen ein Stück weiter die Straße hinunterschubste, dann ebenfalls ins Auto einstieg, das im Schrittempo neben dem Jungen herfuhr, endlich beschleunigte. Sie schaute dem Auto, dem Jungen nach. Die Straße sah in dem gleichmäßigen Sonnenlicht endlos aus, vorne links konnte sie ein Stück der Kirche erkennen. Nebenan blieb es still, sie stand zwischen Fenster und Wand, vor dem Tisch, auf dem der Bildschirm ihres Computers schwarz wurde, bevor sich darauf Sternengewirr, der Mond zeigten.
    Morgen war St. Patrick’s Day. Alistair hatte ihr gesagt, daß Jakob sie zum Essen einladen müsse, aber sie beide wußten nicht, warum, und was für ein Feiertag das war. Vielleicht fielen morgen die

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