Die Händlerin von Babylon
eingelassen?
»Wir sind bereit für den Boden, En«, sagte einer der Priester.
Cheftus letzte Gelegenheit, sie alle niederzumetzeln und zu flüchten. Nur dass man ihn in diesem Fall in Windeseile aufgespürt hätte. Kein Schiff konnte so schnell so weit segeln. Keine Marsch war so undurchdringlich, kein Land so weit entfernt.
Weil Cheftu seiner Stimme nicht traute, winkte er die Bodenleger wortlos herbei. Der Lehm wurde schnell auf den festgestampften Boden geklatscht und gleichmäßig verteilt. Nachdem die Männer ihn noch glatt gestrichen hatten, kletterten sie wieder hinaus. In der Sommerhitze würde er in Windeseile trocknen, sogar nachts, doch Cheftu ging trotzdem alles viel zu langsam.
»Wann ist er bereit für das nächste Opfer?«, fragte er einen von ihnen.
»Wolltest du Sickerrohre für die Getränkeopfer einbauen lassen?«
Cheftu wollte auf keinen Fall irgendwas einbauen lassen, das den Schall transportierte. Nichts, das es den Priestern erleichtern würde, noch einmal in die Gruft hinabzusteigen, oder das Chloe in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkte. »Nein. Die Toten können auch direkt auf den Boden vergossene Opfer empfangen. Rohre sind nicht nötig.«
»Hast du sonst noch Wünsche, En?«
Ich möchte nur wissen, ob sie am Leben ist. »Nein«, antwortete er. »Ich werde die Nacht durchbeten.«
In der Morgendämmerung würde eine neue Gruppe eintreffen.
Bis dahin war Cheftu allein mit dem Himmel über ihm und seiner Frau in der Totengruft unter ihm.
Falls irgendwer überlebt hätte, wäre er inzwischen aufgestanden, beruhigte sich Chloe. Die Truhe war aus schwerem Holz gefertigt, auf der Vorderseite mit Einlegearbeiten verziert und gefüllt mit . Getreide? Kleider wären keinesfalls so schwer. Immerhin hatte sie das Ding weit genug schieben können. Jetzt tastete sie erleichtert den Boden ab, bis ihre Finger ihren Fluchtweg umfuhren. Das Loch in die Freiheit.
Es war mit Ziegeln ummauert und bildete das Dach der Grube unter ihrer. Der ursprünglichen Gruft, jener, die auf Cheftus
Karte verzeichnet war.
Die von unten hochsteigende Luft war deutlich kühler und roch muffig. Wesentlich besser, auch wenn der Sauerstoff knapp werden konnte. Ich werde in null Komma nichts draußen sein, machte sie sich Mut. Behutsam tastete sie den Rand der Öffnung ab und dankte im Stillen den Grabräubern, die vor ihr hier gewesen und ihr die Arbeit abgenommen hatten. Das Loch war groß genug, doch wie tief es hinunterging, hatte ihr niemand sagen können.
Fallen lassen und abrollen, dachte sie, während sie sich durch das Loch hinabließ, bis sie nur noch an den Fingerspitzen hing und den Boden zu ertasten versuchte. Dann spürte sie Holz unter ihren Füßen und ließ behutsam ihr Gewicht darauf sinken, blieb stehen. Sie stand darauf. Die Diebe waren wirklich ausgesprochen fürsorglich gewesen.
Chloe packte die Truhe über ihrem Kopf am Rand und zog sie zurück, eine Anstrengung, unter der sich sämtliche Muskeln in ihrem Bauch und Rücken bemerkbar machten. Der Kasten bewegte sich um ein paar Zentimeter. Weit genug.
»Ein neuer Tag, ein neues Grab«, sagte sie. »Und meine Stimme klingt, als würde ich Kette rauchen.« In dieser Stille hörte sich ihre laute Stimme fast obszön an. Wie viele Leichen hier unten wohl lagen? Sie brauchte sich nur zum Grab des Königs vorzuarbeiten, dann wäre sie schon bei dem Durchbruch in der Mauer.
Das vorige Opfer hatte sich ebenfalls davongeschlichen. Wenn Cheftu nicht in Kidus Körper gelandet wäre und die Heiligen Schriften zu lesen verstanden hätte, wenn Shama keine Sympathie für Cheftu empfunden und ihm die Tafeln und den Kelch gezeigt hätte, dann wäre all das ganz anders ausgegangen.
Ihr Zeh stieß gegen etwas Trockenes und ... Knochiges. Chloe zuckte zurück. Ein Gerippe. »Wenigstens lebt hier nichts mehr«, flüsterte sie. Denk lieber nicht an die Leichen dort oben. Sie konnte nicht anders. Von dem Möbelstück, auf dem sie gelandet war, ausgehend, arbeitete sie sich in gerader Richtung vor. Knochen, Perlen, Lehm. Immer wenn sie etwas berührte, beschleunigte sie ihre Schritte etwas mehr, bis sie unvermittelt über eine Vertiefung stolperte und gegen die Wand knallte.
»Das müssen wir noch üben, Primaballerina«, murmelte sie im Aufsitzen. Zumindest war sie richtig; hier irgendwo musste sich der Durchgang befinden. Sie brauchte nur ein bisschen Zeit totzuschlagen, dann durch eine falsche Mauer brechen und anschließend hinaus in den Brunnen
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