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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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nehmen.«
    »En Kidu«, sagte Nimrod mit einer Verbeugung, »wie findet die Morgendämmerung dich vor?«
    »Die Götter fordern noch mehr«, war Cheftus Antwort.
    »Ich weiß, meine Familie gehört zu den Erwählten.«
    Cheftu sah seinem Freund ins Gesicht. »Wer?«
    »Der Lugal.«
    »Wer wird an seiner Stelle Lugal?«
    »Gilgamesch, mein älterer Bruder, wird in Kürze von seiner Handelsreise zurückkehren. Er wird vom Rat ernannt werden. Ich bezweifle, dass er viel Konkurrenz haben wird.«
    »Wie geht es deiner Mutter?«
    Nimrod senkte den Blick. »Wir sind bloß Sklaven der Götter, alle miteinander, ist es nicht so?« »Wir sind Sklaven«, murmelte Cheftu.
    »Mir ist zu Ohren gekommen, dass es eine neue Gruft geben wird?«
    Überall waren Ohren, neugierige Augen und Argwohn. »Eben jetzt wird eine neue Kammer erbaut.«
    »En«, rief ein herbeieilender Priester. »Die nächste Ebene ist fertig.«
    »Begleite mich«, sagte Cheftu zu Nimrod.
    Sobald der Schreiber außer Hörweite war, flüsterte Cheftu leise und hastig: »Wir müssen den Zeitplan um einen Tag verschieben, allermindestens.«
    Nimrod nickte knapp.
    »Ich verlasse mich darauf ... dass alles nach Plan gelaufen ist.«
    »Wird sie überleben?«, fragte Nimrod, wobei sein Atem die Worte kaum bis zu Cheftu trug. Die Mauern der Tempelumfriedung leuchteten blutrot in der Morgensonne, die Palmen ragten wie schwarze Klauen aus der Erde.
    »Sie ist zäh«, versicherte Cheftu, während sie die breiten Stufen zu der versiegelten Gruft hinabschritten. Jener Gruft, in der Chloe mutterseelenallein in vollkommener Schwärze und knapper werdender Luft kauerte. »Ihr ist nichts unmöglich.«
    Blut füllte ihren Mund, und Chloe verfluchte sich im Geist dafür, dass sie sich auf die Zunge gebissen hatte. Die salzige Flüssigkeit hinunterschluckend, lauschte sie, wie die Kiste von dem Loch weggezogen wurde. Die Schnitte, die ihre Zähne gerissen hatten, schmerzten; aber sie hatte keinen Mucks von sich gegeben. Wenigstens das.
    Oben schlurfte irgendwer.
    Wer?
    Hatte sie, während sie sich durch die Leichen getastet hatte, an einer davon eine Regung, Leben, Atem, Geräusche, Wärme oder etwas anderes bemerkt? Die Ledersandale - war sie warm gewesen? Was sollte sie jetzt tun? Wie viel Zeit war inzwischen vergangen? Grub Nimrod eben jetzt einen Tunnel zu ihr her?
    Ein Schnauben. Männlich? Weiblich?
    Ich bin echt froh, dass ich nicht an Geister glaube. Vor allem nicht an Möbel schleppende Geister.
    Chloes Hand krampfte sich um das Heft ihres Messers.
    Oben krachte jemand zu Boden.
    Ich muss aufs Klo, dachte Chloe.
    Kein Laut mehr. War er oder sie k.o. gegangen? Ich kann nur hoffen.
    Ein weiterer Rums.
    Und noch einer!
    Heilige Scheiße! Eigentlich sollten wir alle tot sein! Und jetzt sind da oben noch zwei Nicht-Tote? Hatte überhaupt jemand das Gift genommen?
    Sie hörte Zunder kratzen und presste sich vor dem aufflammenden Licht in die Vertiefung.
    »Hast du es mitgebracht?«
    Ein Mann.
    »Ja.«
    Ein zweiter Mann.
    Sie schienen es eilig zu haben und machten dabei einen Höllenlärm. Räuber! Sie plünderten das Grab. Hastig. Unter dem Klirren der Edelmetalle hörte Chloe den einen beten. Der andere keuchte schwer. Vor Anstrengung oder vor Angst?
    Bitte kommt nicht hierher, dachte Chloe.
    Hatten die beiden sie gehört?
    »Hast du das Ding zurückgeschoben?«, fragte einer.
    »Hab ich vergessen.«
    »Steig wieder rauf, du Idiot. Vielleicht kommen sie ja noch mal zurück.«
    »Sie haben zweitausend Mina Erde in den Schacht geschaufelt. Das würde Tage dauern.« »Wenn wir diesen Weg kennen, kennt ihn vielleicht auch jemand anderes.«
    Knurrend schlug einer gegen Holz. Sie hörte, wie die Kiste wieder an ihren Platz geschoben wurde.
    »Wohin jetzt?«
    »Neben der Tür ist ein Durchgang.«
    Derselbe Durchgang, durch den sie wollte. O Gott, bitte hilf mir!
    Eine Antwort auf ihr Gebet und gleichzeitig ein ganz natürlicher Vorgang. Das Licht erlosch.
    Der mit dem flachen Atem begann zu hyperventilieren. Gebeine aufwirbelnd, kamen die beiden auf sie zugerannt.
    Chloe nutzte ihren Lärm, um ihnen aus dem Weg zu gehen und sich gegen die Wand zu pressen. Sie merkte, wie Knochen unter ihr nachgaben, sie spürte Perlen und uralte Bänder unter ihren Händen. Am Rande eines hölzernen Gegenstands hielt sie inne.
    Der eine Mann wimmerte, als sie in ihrer Panik gegen die Wand prallten, weil sie an der falschen Stelle gesucht hatten. Chloe atmete so flach wie möglich durch die

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