Die Händlerin von Babylon
wie ich eine Fremde.«
Nirgs Haar hatte die Farbe eines kalifornischen Strandes, und ihre Augen waren azurblau. Neben Nimrod sah sie mit ihren breiten Schultern und dem muskulösen Rücken aus wie eine
Olympiaschwimmerin.
»Ja, bin ich«, bestätigte Chloe. Sie konnte sich nur an wenig aus dem Leben des Marschmädchens erinnern. Nur so viel, dass ihre Mutter eine Schwarze gewesen war - eine Khamitin -, während ihr Vater blond war.
»Bist du in den Bergen groß geworden?«, fragte sie Nirg.
»Ja, bei den Leuten aus Kidus Stamm. Wir haben ähnliche Sachen gegessen, aber wir haben sie in die Gedärme zurückgestopft und geräuchert. Für die Jagd.«
Etwas in die Gedärme zurückzustopfen fand Chloe ausgesprochen eklig. Wie sollte man die je sauber genug bekommen ... denk gar nicht darüber nach. »So lässt es sich besser essen«, erklärte sie. »Es ist schon mundgerecht.«
Mit kräftigen Fingern mischte Nirg die Krauter unter. Dann fügte Chloe den Käse hinzu - nicht den Käse, den sie sonst verwendete - geriebener Cheddar -, sondern den einzigen wenigstens halbfesten Käse, den es hier gab. Anschließend Mehl und ein bisschen Hefe, etwas Milch und Salz.
Gemeinsam verarbeiteten sie die Menge zu einem Brei, den sie anschließend zu fettigen Kügelchen drehten. Chloe schaute nach dem Feuer, bis sie es knapp 200°C heiß schätzte, dann schoben sie die Bleche in den Ofen und schlossen die Tür.
Nirg entschuldigte sich, weil die Tageshitze ins Unermessliche stieg. Es ist August, dachte Chloe. Mitten im August, und ich schufte hier am Ofen. »Ich bin eindeutig unzurechnungsfähig«, murmelte sie vor sich hin und ließ sich unter einer einsamen Palme nieder. Ihr direkt gegenüber befand sich der Müllhaufen, darum kniff sie die Nase zu und schloss die Augen.
Irgendwann erwachte sie mit einem Ruck und schaute wie elektrisiert nach ihren Werken. Sie brutzelten fröhlich vor sich hin, schienen aber noch nicht durch zu sein. Chloe wischte den Schweiß von ihrer Stirn und unterdrückte gleich darauf einen Aufschrei, als sie unvermittelt in den Schatten zurückgerissen wurde.
»Jetzt«, waren seine einzigen Worte. Er hob sie hoch und lehnte sie gegen den Baum. Chloe schnappte nach Luft, als Cheftu in sie eindrang. Sie verschränkte die Beine hinter seinem Rücken und umklammerte über ihrem Kopf den Baumstamm. »Still«, flüsterte er. Die Hände in die Rinde gekrampft, die Zähne fest zusammengebissen, spürte sie, wie die Ekstase von ihr Besitz ergriff. Ihr schwirrte der Kopf, ihre Augen waren zugekniffen, ihre Hände verwandelten sich in Klauen, solche Anstrengung kostete es sie, nicht laut zu stöhnen. Cheftus Mund war auf ihrem Hals, ihren Brüsten, er sog ihr die Luft aus den Lungen. Dann hielt er sie ganz fest und presste die Lippen auf ihre, bis sie schließlich die Augen aufschlug und in seine blickte, die blind und glasig wurden, als er in ihr zu erbeben begann. Sie schlang die Arme um seinen Hals und flüsterte in sein Ohr: »Ich liebe dich.«
Seine einzige Reaktion war ein Hicksen, dann löste er seinen Griff. »Dir wird noch das Essen anbrennen«, warnte er sie.
»Meine Bällchen!«, schrie sie auf und schubste ihn beiseite. Den Rock herunterzerrend, raste sie zum Ofen und zog die Türe auf. Die Bällchen waren gerade richtig, braun und knusprig.
»Wonach riecht das hier?«, erkundigte sich der Hausherr, der eben die Tür hinter sich schloss. Chloe lächelte still vor sich hin. Ihr Plan schien aufzugehen.
Der Steuereintreiber schaute sie an. »Ihr wollt eure fünfundvierzig Prozent bezahlen, indem ihr mir ein Kochrezept überlasst?«
»Nein«, korrigierte Chloe. »Ich zahle die fünfundvierzig Prozent, indem ich mein Rezept meinen Gastgebern zur Verfügung stelle, bis die Summe, die wir aus Ur euch angeblich schulden, beglichen ist. Danach werden meine Rezeptnehmer für die Nutzung des Rezeptes an mich zahlen.«
»Was für ein Rezept ist das?«, fragte er.
»Das hier«, sagte Chloe, auf ihr Werk deutend, die abgekühl-ten braunen Bällchen, die jetzt in einer Schale ruhten. »Probier.«
»Ich glaube nicht, dass wir darauf eingehen können«, lehnte er ab. »Wir brauchen unsere hohen Steuern, damit wir das kaufen können, was unsere Felder nicht abwerfen.«
»Wenn ihr meinen Gastgebern erlaubt, ihre Vorräte zu einem ermäßigten Steuersatz einzukaufen, dann können sie mehr erwirtschaften, was wiederum bedeutet, dass ihr auf lange Sicht mehr Steuern einnehmt, als wenn ihr ständig die letzte
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