Die Händlerin von Babylon
Vergnügungsreise?«, fragte der Lugal weiter und sah dabei kurz auf Cheftu, bevor er sich wieder Nimrod zuwandte.
»Wir ziehen nach Norden«, antwortete dieser.
»Nach Norden? Nach Agade?«
»Nein, nein, auf dem Tigris.«
»Unsere Länder erstrecken sich weit nach Norden«, warnte ihn der Lugal. »Es würde mir nicht behagen, wenn eure Menschen, eure Dorfbewohner, in einen Zwist über irgendwelche Landrechte verwickelt würden, vor allem, da ihr neu hier seid.«
»Wir ziehen noch viel weiter nach Norden«, beruhigte ihn Nimrod.
»Der Spion, der meine Armee unterwandert hat, stammte aus dem Norden. Habt ihr ihn gekannt? Einer von euch beiden?«
»Nein«, versicherte Nimrod. Cheftu schüttelte den Kopf.
»Wandert ihr zusammen mit euren Familien?«
»Mit unseren Frauen«, antwortete Nimrod. »Die Übrigen werden später zu uns stoßen.«
»Gut, dass sie nicht in Shapir waren, als ihr die Stadt in Brand gesetzt habt, nicht wahr?«
Cheftu spannte sich an.
»Ich glaube, da hast du den falschen Eindruck.« Nimrod wählte seine Worte mit Bedacht. »Das Feuer fiel vom Himmel.«
»Lüg mich nicht an, mein Junge. Noch nie ist Feuer vom Himmel gefallen, und auch wenn Shapir randvoll mit Anwälten war, so hat das Feuerfallen gestern Abend nicht plötzlich angefangen.« Er spähte in Nimrods Gesicht. »Ich glaube, ihr seid eine Art Aufklärungstrupp und habt euch als Bewohner von Ur verkleidet, um die Verteidigungsanlagen von Kish auszuspähen.«
»Wieso?«, fragte Cheftu.
»Du bist ein Mann aus den Bergen, dir brauche ich das nicht zu erklären. Jeder weiß, wie bestialisch, wie gierig und wild eure Menschen sind. Ihr wollt Kish in Besitz nehmen. Braucht ihr noch einen Grund?« Er lächelte. »Mehr werden die Bürger von Kish nicht zu hören brauchen. Wir dachten, wir hätten den Feind ausgemerzt, doch der Herrscher unserer Feinde ist zurückgekehrt, weshalb unser Kampf nun umso wichtiger sein wird.«
»Was willst du von uns?«, fragte Nimrod.
»Ganz einfach. Du bist ein Mann aus den Bergen und ein Jäger. Ich möchte, dass du einen Teil unserer Truppen in den Marschen ausbildest.« Er wandte sich lächelnd an Cheftu. »Und ich möchte, dass er meine Männer gegen deine führt.«
»Wozu?«
»Um Krieg zu führen, meine Herren. Konkurrenz befördert den Erfindungsgeist, Erfindungen erfordern Experimente und für diese braucht man wiederum eine Feldstudie. Krieg ist gut fürs Geschäft.«
Cheftu berührte seine nackte Haut. »Wie waren eure jährlichen Überschwemmungen?«
»Wir haben jedes Korn unserer Winterernte und den größten Teil der Sommerernte verloren.«
»Ihr müsst einen Krieg anzetteln, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen?«
Der Lugal blickte Cheftu todernst ins Gesicht. »Ich muss die Hälfte meiner Bevölkerung auslöschen, um die übrigen durchzubringen.«
»Ist mit dir alles in Ordnung?«, fragte Chloe.
Cheftu nickte, hielt aber nicht in seinen Bauchaufzügen inne. Er wechselte sie mit Beingrätschen in der Luft ab. Die täglichen Leibesübungen hatte Cheftu von Chloe abgeschaut, und die hatte sie von der U.S. Air Force gelernt. In Jerusalem hatten sie in kalten Nächten gemeinsam geübt, und an jenen Frühlingstagen, an denen sie ungestört zusammen sein konnten, hatten sie ihr Training in den Feldern absolviert.
»Ganz bestimmt?«, fragte sie. »Seit du beim Lugal warst, bist du nicht mehr du selbst.« Cheftu drosselte auf halbes Tempo, wobei immer noch Schweiß von seinem muskulösen Körper flog - seine Bauchmuskeln vergrößerten sich praktisch vor ihren Augen. »Seit drei Tagen redest du so gut wie gar nicht mehr.« Er hielt inne, wälzte sich dann auf den Bauch und ging zu Liegestützen über. Normalerweise genügte es Chloe als Aphrodisiakum, seinen Körper in Aktion zu sehen, doch diesmal trainierte er, als wollte er einen bösen Geist exorzieren. Nimrod sprach ebenso wenig mit ihr. »Wenn du glaubst, du und Nimrod wärt besonders schlau und könntet was vor uns geheim halten, dann habt ihr euch geschnitten«, sagte sie.
Cheftu verharrte, den Körper knapp über dem Ziegelboden haltend, mit herausgewölbtem Trizeps. »Ich halte mich nicht für schlau«, sagte er.
»Ist das Kidu, oder bist du es?«
»Ich weiß es nicht, nörgelt da das Marschmädchen oder du?«
Chloe fühlte sich getroffen; entweder sie reagierte auf seine Bemerkung, oder sie versuchte herauszufinden, warum ihr sonst so behutsamer, umsichtiger und verständnisvoller Gemahl absichtlich so abweisend
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